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Mit einer Prise Glück und Liebe

Mit einer Prise Glück und Liebe

Titel: Mit einer Prise Glück und Liebe
Autoren: B O'Neal
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Erinnerung an einen anderen Teil meines Lebens, an einen anderen Sommer. Energisch schiebe ich die Bilder beiseite und widme mich wieder dem Teig. »Wahrscheinlich nicht. Es war ein regnerischer Winter.«
    »Ich hasse diese Viecher. Igitt!« Sie erschaudert, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Mom, es gibt da etwas, worüber ich die ganze Zeit schon mit dir reden wollte.«
    Endlich. »Ich bin ganz Ohr.«
    »Ich habe dir doch erzählt, dass Oscars Exfrau in El Paso verhaftet wurde und Katie bei der Familie ihrer besten Freundin wohnt«, sprudelt sie ohne Umschweife hervor. »Aber Oscar will, dass sie herkommt und bei mir lebt. Bei uns. Sie hat Probleme. Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Sie braucht jemanden, der für sie sorgt.« Sofia hat Augen wie eine Puppe – groß und leuchtend blau, mit einem dichten Kranz tiefschwarzer Wimpern. »Sie kann oben schlafen, in dem kleinen Zimmer. Gleich neben mir. Sie war doch schon mal für eine Weile bei uns, bevor Oscar nach Afghanistan musste. Es hat gut funktioniert.«
    »Hmm. Irgendwie habe ich das anders in Erinnerung.«
    »Okay, es lief nicht gut. Du hast Recht.« Sofia senkt den Kopf. Lichtsprenkel tanzen auf ihrem glänzenden dunklen Haar. »Damals war sie ziemlich angriffslustig und niedergeschlagen.«
    »Und jetzt ist sie glücklich?« Abermals stäube ich Mehl über den Teig und den Tisch, damit der Teig nicht so kleben bleibt. »Weil ihre Mutter im Gefängnis und ihr Vater im Krieg ist?«
    »Nein. Ich meine …«
    Das Telefon läutet. Ich sehe hinüber, dann wieder zu meiner Tochter. Es liegt auf der Hand, dass ich nicht Nein sagen kann. Das Kind hat kein Zuhause, aber …
    Um Zeit zu schinden, löse ich die Hände vom Teig und wische sie an einem der weißen Baumwolltücher ab, mit denen ich die Laibe abdecke, damit sie in Ruhe gehen können. »Wie alt ist sie inzwischen?«
    Das Telefon läutet zum zweiten Mal.
    »Dreizehn. Sie geht in die achte Klasse.«
    »Aha.« Nicht gerade das Alter, in dem Mädchen sich am wohlsten in ihrem Körper fühlen. Selbst Sofia war in dieser Phase eine Nervensäge – viel Drama, Haarezurückwerfen und abgrundtiefe genervte Seufzer. Und Tränen. Wegen allem und jedem.
    Wieder läutet das Telefon. Ich hebe den Finger. »Merk dir, was du gerade gesagt hast. Hallo?«
    »Guten Tag, Ma’am«, sagt eine tiefe, förmlich klingende Stimme am anderen Ende der Leitung. »Könnte ich bitte Mrs. Oscar Wilson sprechen?«
    Jede Zelle meines Körpers scheint zu gefrieren. Da ist er, der Moment, vor dem ich mich seit jenem Tag vor vier Jahren fürchte, als Sofia mit leuchtenden Augen ankam. Er ist der wunderbarste Mann auf der ganzen Welt, Mom. Und er will mich heiraten!
    Ein Soldat. Ein Soldat der Infanterie, der schon zweimal in den schlimmsten Phasen des Krieges im Irak war und höchstwahrscheinlich auf kurz oder lang wieder dorthin geschickt werden würde. Oscar ist über zehn Jahre älter als Sofia, geschieden und Vater eines Teenagers mit einer Mutter, die ihr Leben nicht im Griff hat.
    Bitte kein Soldat, Schatz , dachte ich damals ständig.
    Doch als ich Oscar Wilson mit seinem bildschönen Gesicht, seinen freundlichen Augen und seiner sanften Art erst einmal kennenlernte, konnte ich nur allzu gut verstehen, weshalb sie sich in ihn verliebt hatte. Und er vergötterte sie ebenfalls, so viel stand fest.
    Aber jetzt. Der Anruf.
    »Ja«, sage ich mit mehr Zuversicht, als ich empfinde. »Einen Moment bitte.« Ich presse mir den Hörer auf die Brust und drehe mich zu meiner Tochter um. »Denk daran – wenn er tot ist, kommen sie persönlich vorbei.«
    Sofia starrt mich einen Moment lang an. Die Zeit scheint stillzustehen. Ihre Lippen sind ganz bleich. Doch sie besitzt den Mut eines ganzen Bataillons. Sie holt tief Luft, strafft die Schultern und nimmt den Hörer entgegen. Wieder liegt ihre linke Hand auf ihrem Bauch, als wolle sie das Baby beschützen. »Hier spricht Mrs. Wilson.«
    Sie lauscht mit ausdrucksloser Miene, ehe sie in rascher Folge eine Reihe von Fragen stellt und sich die Antworten auf einem Block notiert. »Wie lange ist er schon dort? Wie heißt mein Ansprechpartner?« Dann: »Danke. Ich melde mich, wenn ich die Flugdaten habe.«
    Sie legt auf. Ihre Hand zittert. Tränen glitzern in ihren Augen. Einen Moment lang steht sie reglos da, dann blinzelt sie abrupt und sieht mich an. »Ich muss nach Deutschland fliegen. Oscar ist … er wurde …« Sie räuspert sich, wartet, bis sie sich wieder unter Kontrolle
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