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Mit einem Kuss find alles an ...

Mit einem Kuss find alles an ...

Titel: Mit einem Kuss find alles an ...
Autoren: JENNIE LUCAS
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nichts anderes übrig, als ihr Baby sehr häufig in fremde Obhut zu geben, und dadurch versäumte sie viel von dessen Entwicklung. So wusste sie nur aus Erzählungen der Babysitterin Mrs. Plotzky, wann Chloe sich zum ersten Mal im Bett umgedreht, sich allein aufgesetzt und zu krabbeln begonnen hatte, was sie plapperte, wie oft sie weinte oder lachte.
    Das schrille Läuten der Glocke über dem Eingang riss Lucy aus den trübsinnigen Gedanken, bevor sie in Tränen ausbrechen konnte.
    Darryl stürmte, begleitet von einem Schwall eisigen Winds und Schnee, in den Shop. „Hey, Luce! Frohes neues Jahr!“
    „Frohes neues Jahr“, murmelte sie missmutig. Sie hasste es, dass er sie mit „Luce“ ansprach, weil es höchst unliebsame Erinnerungen an einen anderen Mann weckte.
    „War heute Abend viel los?“
    „Ja, sehr“, log sie mit einem Kloß in der Kehle.
    „Lass mich mal sehen.“
    Obwohl sie sich ganz dünn machte, schaffte er es, ihren Po zu streifen, als er hinter den Ladentisch trat. Er drückte einige Tasten an der Registrierkasse, sah die spärlichen Geldscheine in den Fächern und wollte in vorwurfsvollem Ton wissen: „Was soll denn das, du kleiner Scherzbold?“
    „Es war wirklich viel Betrieb. Guck doch mal, wie nass der Fußboden vom geschmolzenen Schnee ist!“ Lucy wandte sich ab. „Ich hole lieber einen Wischmopp …“
    „Immer die kleine fleißige Biene“, höhnte er und hielt sie mit einer knochigen Hand zurück. „Du glaubst wohl, dass du was Besseres bist als ich, wie?“
    „Nein, natürlich nicht. Ich …“
    Er packte sie an dem blauen Arbeitskittel, starrte gierig auf ihren Busen und atmete keuchend. „Ich bin es leid, ganz umsonst so nett zu dir zu sein.“
    Die Glocke über der Tür läutete.
    Doch ehe Lucy sich darauf konzentrieren konnte, umfasste Darryl ihren Hinterkopf und näherte ihr seine roten schwammigen Lippen. „Was soll das? Lass mich gefälligst los!“, rief sie angewidert.
    „Tu doch nicht so prüde!“, höhnte er. „Ich weiß doch, dass du mit jedem schläfst. Du hast ja sogar einen unehelichen Balg! Ich weiß, dass du mich willst …“
    „Nein“, wimmerte sie und versuchte, das Gesicht abzuwenden.
    Plötzlich stieß er einen erschrockenen Schrei aus, als sich ihm ohne Vorwarnung eine große Hand auf die Schulter legte und ihn mit einem Ruck zurückzerrte – wie einen Hund an der Leine.
    Mit angehaltenem Atem beobachtete Lucy die Szene. Eine dunkle hochgewachsene Gestalt wirbelte Darryl zu sich herum und packte ihn an den Jackenaufschlägen.
    Darryl wehrte sich vergeblich. Wie eine Marionette wurde er von dem weitaus größeren und stärkeren Mann hochgehoben, bis seine dünnen Beine ein gutes Stück über dem Boden zappelten.
    Die Augen des Fremden wirkten hart und unergründlich dunkel. In unerbittlich kaltem Ton knurrte er: „Raus! Verschwinden Sie!“
    „Jawohl“, säuselte Darryl. Im nächsten Moment plumpste er auf den Fußboden. Wie ein Krebs krabbelte er zum Ausgang. Er raffte sich auf, stolperte in seinem Fluchteifer über seine eigenen Füße. Aus sicherer Entfernung von seinem Widersacher rief er Lucy zu: „Du bist gefeuert!“, bevor er in die Nacht hinauslief.
    Gefeuert!, hallte es in ihrem Kopf wider, und Panik stieg in ihr auf. Ihr Herz sank, klopfte ihr jedoch schlagartig bis zum Halse, als sie ihren Retter im kalten Neonlicht ansah. Obwohl sie mehr als einen Meter siebzig maß, überragte er sie um ein gutes Stück. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm richtig ins Gesicht sehen zu können.
    Die ausdrucksvollen Augen des dunklen Fremden fesselten sie. Er berührte sie nicht. Es war nicht nötig. Allein die Glut in seinem Blick schien tief in ihr etwas zu entfachen und ließ sie zittern.
    „Sind Sie verletzt, signorina ?“
    Seine Stimme klang tief und melodisch. Sein Oberkörper war unwahrscheinlich kräftig, der lange schwarze Mantel elegant und teuer. Das Gesicht mit römischer Nase, hohen Wangenknochen und blauen Augen, die sich leuchtend von dem südländischen Teint abhoben, wirkte faszinierend. Er hatte schwarzes lockiges Haar, Bartschatten am markanten Kinn und Fältchen um die Augen. Sie schätzte ihn auf Anfang dreißig.
    Er raubte ihr den Atem. Wie souverän er sie gerettet hatte, wie er sie nun ansah! Es war für sie eine völlig neue Erfahrung, dass ein so wundervoller starker Mann ihr unverhohlen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Er wirkte wie ein schöner Prinz aus einem lang vergessenen
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