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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel
Autoren: Marie Louise Fischer
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unverschämter lügen sie!« Dann wandte sie sich endgültig dem kleinen Mädchen zu, um dessen Wünsche zu erforschen.
    Es stellte sich heraus, daß die Kleine ein Fleißiges Lieschen kaufen wollte, weil Mutter heute Geburtstag hatte, daß sie aber nur zwei Mark anzulegen vermochte. Das Kleinste Fleißige Lieschen kostete aber zwei Mark und zwanzig Pfennige. Liselotte bemühte sich eine Weile, der Kleinen zu einer anderen Topfpflanze zuzureden, aber das Kind, dessen Augen groß vor Enttäuschung geworden waren, bestand auf einem Fleißigen Lieschen. Sie hatten zu Hause eines gehabt, und das war eingegangen, und deshalb mußte es unbedingt wieder ein Fleißiges Lieschen sein.
    Liselotte hörte der Kleinen freundlich und geduldig zu. Das Kind tat ihr leid. Es war ein ausgesprochenes häßliches Entlein mit strähnigem, aschgrauem Haar, aber sehr lieben Augen.
    »Ich — ich wollte so gerne!« stotterte das Kind. »Mutter hätte sich bestimmt so gefreut!« Es wandte sich rasch zum Gehen, weil es fühlte, daß gleich die Tränen kommen würden.
    »Hör mal, du!« hielt Liselotte sie zurück. »Was willst du deiner Mutter denn jetzt schenken?«
    »Ich... ich weiß noch gar nicht!«
    »Gib mal dein Geld!«
    Zögernd legte die Kleine ihr Zweimarkstück, das feucht und warm von ihrer kleinen Hand war, in Liselottes ausgestreckte Rechte. »So«, erklärte Liselotte, »ich gebe dir jetzt das Fleißige Lieschen... und du bringst mir das fehlende Geld, wenn du es einmal übrig hast, ja?«
    »O ja! Ich bringe das Geld bestimmt, ganz bestimmt, ich verspreche es!«
    Liselotte sah in die aufstrahlenden Kinderaugen, und sie dachte daran, daß zwanzig Pfennige für ein kleines Mädchen sehr viel sind. »So wichtig ist das nicht«, erklärte sie lächelnd, »mach dir deswegen nur keine Sorgen!«
    »Aber ich werde es bringen, wirklich!« beharrte die Kleine.
    »So, jetzt binden wir noch eine Rosette um den Topf!« Liselotte hüllte den Tontopf mit wenigen geschickten Griffen in grünes Kreppapier. »So ist er hübsch, nicht wahr?«
    »Sehr!« rief die Kleine. »Genauso habe ich ihn mir vorgestellt!«
    Liselotte drückte ihr den Blumentopf in die Arme. »Fall nicht damit, hörst du?« mahnte sie.
    »Ja, ja, danke!« sagte die Kleine. Evi hatte schon die Ladentür geöffnet, und das Kind, den Topf eng ans Herz gepreßt, stürmte hinaus.
    »Wenn das Herr Hähnlein wüßte!« meinte Evi bedenklich.
    »Ach was! Mit dem werde ich schon fertig! Und überhaupt, was ist schon dabei!?«
    »Wir dürfen die Blumen doch nicht unterm Preis weggeben!«
    »Meinst du, Herr Hähnlein würde deshalb Pleite machen! So ein Unsinn!«
    »Er wird’s ja schon nicht merken«, beruhigte Evi sich selber.
    »Das darf er ruhig, hörst du! Das ist doch absolut nichts Unerlaubtes, das ist Kundenwerbung, nichts weiter!«
    »Kundenwerbung? Das verstehe ich nicht!«
    »Dann spitze die Ohren, ja? Die Mutter des kleinen Mädchens hat heute Geburtstag, das hast du doch gehört, nicht wahr? Bestimmt erscheinen eine ganze Menge Onkel und Tanten und was dazugehört, und wenn ich der Kleinen die Pflanze nicht gegeben hätte, was wäre geschehen? >Das ist typisch für diese Geschäftsleute^ hätten die Verwandten gesagt, >als ob sie dem Kind die zwanzig Pfennig nicht hätten nachlassen können!< So aber passiert das genaue Gegenteil, die gesamte Familie wird sich sagen: >Das ist aber mal ein nettes Geschäft und eine nette Verkäuferin!< Und sie werden ihren ganzen Bedarf an Blumen von nun an nur bei uns decken, verstehst du? Wie du in den Wald hineinrufst, so hallt es wider... das solltest du doch schon in der Schule gelernt haben, Evi!«
    Liselotte hatte sich gehörig in Eifer geredet, und Evi hatte aufmerksam und nachdenklich gelauscht. Es dauerte eine Weile, bis sie sich über alles klar war. Dann lachte sie plötzlich vergnügt auf. »Kundenwerbung! Das können Sie mir nicht weismachen, Fräulein Liselotte... Sie sind einfach zu gut, das ist es! Sie hätten es ja nicht fertiggebracht, daß Kind ohne Fleißiges Lieschen abziehen zu lassen!«
    »Quatsch!« antwortete Liselotte unwillig. »Ich und gut... als ob ich mir das überhaupt erlauben könnte!« Dann schaute sie rasch und etwas verstohlen auf ihre Armbanduhr.
    Evi war dieser Blick nicht entgangen. »Er muß gleich kommen«, bemerkte sie.
    »Wenn er kommt!« meinte Liselotte skeptisch, aber sie warf doch einen Blick in den kleinen, hübsch gerahmten Spiegel, der hinter dem Ladentisch hing.
    Und da kam er schon: Die
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