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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
Autoren: Jürgen Schmieder
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Wanna Be . Auf dem Cover sind die Bandmitglieder und vier leicht bekleidete Frauen zu sehen; in den meisten der 16 Lieder geht es darum, den Frauen die wenigen Kleider vom Leib zu reißen und mit ihnen zu schlafen. Das Album bekam den Sticker »Parental Advisory – Explicit Lyrics«, mit dem potenzielle Käufer gewarnt werden sollten.
    Die American Family Association war der Meinung, dass dieser Sticker keinesfalls ausreiche, und versuchte gemeinsam mit dem damaligen Gouverneur von Florida, Bob Martinez, die Veröffentlichung des Albums zu verhindern. Mit Erfolg: Die Besitzer von Plattenläden wurden verhaftet, die Bandmitglieder bei einem Livekonzert ebenfalls.
    Luther Campbell, damals Frontmann von The 2Live Crew, wird beinahe sentimental, wenn man sich mit ihm über das Album, die Lieder und die Videos unterhält. Die in Miami erscheinende New Times hat ihn als Menschen bezeichnet, dessen Begeisterung für wackelnde Hintern dafür gesorgt habe, dass sich der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten zum ersten Mal in seiner Geschichte für freie Meinungsäußerung eingesetzt hat. »Wenn man sich ansieht, was wir damals gemacht haben und was heutzutage gezeigt wird, dann waren wir doch Kindergeburtstag«, sagt Campbell. »Gegen 50 Cent und Eminem waren wir Waisenknaben.«
    Wer Campbell reden hört, der wird feststellen, dass er nach wie vor ein großer Fan des Wortes »Fuck« ist und dass er es ganz gut findet, damals für ein Album eingetreten zu sein: »Mir ging es immer darum, dass jeder Mensch in diesem Land sagen darf, was er möchte. Ich habe niemanden gezwungen, das Album zu kaufen.«
    Die Menschen kauften. Das Erstaunliche war nämlich, dass eine Rapgruppe, die zuvor außerhalb Miamis kaum jemand kannte, plötzlich weltberühmt war. »Durch die Gerichtsverfahren, die Verhaftungen und die öffentlichen Debatten wurden die Menschen neugierig. Wir haben plötzlich Alben an eine komplett neue Zuhörerschaft verkauft.« Die Platte As Nasty As They Wanna Be wurde allein in den Vereinigten Staaten mehr als zwei Millionen Mal verkauft. Das Verbot sorgte dafür, dass die Menschen neugierig wurden, viele Jugendliche bildeten sich ihre eigene Meinung und kauften das Album.
    »Es ist wie in der Prohibition«, sagt Campbell, »Alkohol war verboten – und die Menschen haben trotzdem getrunken.« Nur seien durch die Prohibition andere Verbrechen wie Schmuggel, Bestechung, Steuerhinterziehung und Gewalttaten provoziert worden.
    Die Verbot-und-nun-ist-es-gut-Methode wirkte nicht. »Hätten die Gegner unser Album in Ruhe gelassen und stattdessen den Menschen erklärt, warum sie die Texte nicht gut finden, hätten wir wahrscheinlich nicht einmal ein Drittel verkauft«, meint Campbell, »aber es ist natürlich bequemer, ein Verbot zu fordern. Und es bringt einem Politiker jede Menge Publicity und Wählerstimmen.«
    Wer sich heutzutage ein wenig umsieht, der bemerkt, dass es hierzulande ähnliche Strategien gibt wie damals bei der American Family Association und dem Gouverneur von Florida – und dass es solche Strategien schon immer gegeben hat. Früher waren es mal Rockmusik, Comics, Jeans, Kinofilme, dann Rapmusik, Fernsehserien, Comicfilme. Derzeit geht es gegen Computerspiele mit gewaltsamen Szenen, gegen Raucher, gegen Leute, die sich im Internet einen Film ansehen möchten.
    Anstatt die Menschen aufzuklären, wird ihnen einfach verboten.
    Wohin hat das geführt?
    Und was wird morgen wohl verboten?
    Es gibt Menschen, die sind verantwortlich dafür, nach welchen Gesetzen wir zu leben haben. Für diese Menschen ist dieser Brief:
    Liebe Gesetzgeber,
    zuerst einmal möchte ich mich bedanken: Ihr habt einen der kompliziertesten und schwierigsten Jobs, die es gibt. Ich könnte das nicht.
    Ich habe euch gewählt, damit ihr mich und meine Mitmenschen vertretet, deshalb heißt ihr Volksvertreter. Ihr seid nicht unsere Vorgesetzten. Ihr seid nicht Mitglieder einer priviligierten Kaste. Ihr seid nicht der Souverän, wir sind der Souverän. Ihr seid für uns da und nicht wir für euch. Entscheidet in unserem Sinne und nicht in eurem. Folgt dabei nur eurem Gewissen. Seid kein Premium-Stimmvieh, das zwischen Buchpräsentation, Abendessen mit Lobbyisten und Wahlkampf zum Abnicken im Bundestag auftaucht.
    Meine ganz naiven Fragen: Wenn ihr alle, egal, welcher Partei ihr angehört, gegen Staatsverschuldung seid, warum verschuldet ihr den Staat dann immer weiter? Wenn ihr alle gegen Krieg seid, warum müssen dann Soldaten nach
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