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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
Autoren: Jürgen Schmieder
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Noch glaube ich, dass es möglich ist.
    Ich will mich ein Jahr lang an alle Gesetze und Verordnungen halten, die es in Deutschland gibt. Das Gesetz bin ich!
    Der Plan scheint perfekt: Ich muss einfach nur ein Jahr lang das tun, was ohnehin von mir verlangt wird. Wahrscheinlich denken jetzt alle: »An Gesetze halten? Kein Problem! Das tu ich doch sowieso!« Keine Sorge, das denke ich auch. Noch.
    Ich will mich mit ein paar Polizisten unterhalten, mit Anwälten und Richtern. Vielleicht jedes fünfte der Beamtendeutsch-Wörter in meinem Block notieren und daraus ein Lexikon »Anwalt – Deutsch, Deutsch – Anwalt« machen. Vielleicht noch ein paar verrückte Gesetze finden, über die der Witze reißen kann, der sich für einen ganz tollen Nachwuchskabarettisten hält. Am Ende vielleicht noch voller Betroffenheit ein ernstes Kapitel mit dem Zusatz hinzufügen, dass es zu viele Gesetze in Deutschland gibt, sowie noch ein paar lustige Wörter zur Bürokratie und Gesetzestreue der Deutschen.
    Leicht verdientes Geld.
    Leider ist der Plan nicht perfekt.
    Noch ahne ich nicht, dass dieses Vorhaben, ein Jahr lang nach allen deutschen Gesetzen zu leben, verdammt schwierig ist. Dass es unmöglich ist.
    Wer sich ein Jahr an alle Gesetze hält, der sieht, wie es wirklich zugeht in Deutschland – und stellt fest, dass er viele Dinge lieber nicht gesehen hätte.

Kapitel 2
Im Paragrafendschungel
    Robinson Crusoe hatte deutsche Gene in sich. Er wurde zwar in York geboren und war damit englischer Staatsbürger, doch sein Vater war ein deutscher Kaufmann aus Bremen, der nach England ausgewandert war. Die Geschichte von Daniel Defoe über den Seefahrer und Abenteurer ist deshalb natürlich Quatsch. Sie muss so gehen:
    Crusoe vermisst erst einmal die Insel, zäunt sie ein und sucht die Inselverwaltung, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Nach zwei Stunden Suche beschwert er sich, dass es keine Behörde gibt, und notiert in seinem Logbuch, dass er den Reiseveranstalter sofort auf Rückerstattung der Hälfte des Preises verklagen werde. Die fehlenden sanitären Einrichtungen, da ist er sich sicher, könnten nochmals zehn Prozent wert sein. Und natürlich fehlt der Balkon. Ach was, das ganze Hotel fehlt!
    Dann lernt er Freitag kennen – und verlangt, dass der bitte schön nur genormte Kokosnüsse bringen möge und um 22 Uhr sein Feuer am Strand ausmachen soll, um die abendliche Ruhe nicht zu stören. Natürlich arbeitet er für sich und Freitag einen exakten Plan aus, wer wann mit welchem Gerät Fische zu fangen hat – und führt sogleich Disziplinarstrafen für den Fall ein, dass Fischfangquoten nicht erreicht werden. Gleich am ersten Tag muss Freitag vier genormte Kiwis abliefern, weil er den spitzen Speer für die Jagd verwendet hat und außerdem dort gefangen hat, wo Robinson das Schild »Jagen verboten« errichtet hat.
    Robinson gründet einen Verein für Krebszucht und fordert von Freitag, ebenfalls einen zu gründen. Die Vereine schließt Robinson zusammen zu einem Verband mit strikten Regeln und einem Spielplan, der festlegt, wann die Krebse zum Wettlauf miteinander anzutreten haben und an welchem Strand die nächste Weltmeisterschaft stattfindet. Dann beschwert er sich über den Wildwuchs der Bäume; den Bau einer Hütte verhindert er, weil sie nicht den baulichen Vorschriften entspricht, die Brandschutzverordnungen verletzt und sowieso nicht ins Inselbild passt.
    Dann noch kurz Etiketten mit Ampelkennzeichnung auf die Bananen gepappt, ein Rauchverbot am Strand und eine Kleidergrößennorm eingeführt – und es ist fast perfekt. Dann nämlich sitzt Robinson abends vor seiner Hütte und beschwert sich darüber, welche Unzahl von Gesetzen es auf der Insel gebe und dass das alles entbürokratisiert gehöre.
    Deutschland ist das Land der Gesetze und Normen – das stelle ich fest, als ich meine erste Gesetzessammlung aufschlage. Ich habe bereits 50 Bücher zum Thema Gesetze gelesen und festgestellt, dass Jura so trocken ist, als würde man Salzstangen mit Sandkuchen und Vollkornbrot essen und das Ganze mit einem Löffel Zimt hinunterspülen. Dennoch bin ich auf dieses Projekt in etwa so vorbereitet wie ein Bundesliga-Manager-Spieler auf einen Job als Sportdirektor beim FC Bayern oder ein Call-of-Duty-Zocker auf eine Schlacht in Afghanistan.
    Aber es gibt ja den Schönfelder.
    Zu behaupten, dass es sich beim Schönfelder um ein dickes Buch handelt, das ist ungefähr so, als würde man behaupten, dass der Mount Everest ein
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