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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)
Autoren: Jürgen Schmieder
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Nordholland einfach alle Ampeln, Verkehrsschilder und Fahrbahnmarkierungen ab. »Was ich wichtig finde, sind zwei Verkehrsregeln«, sagte Mondermann in einem Interview. »Erstens, dass man rechts fährt, sonst würde es ja ein riesiges Chaos geben, wenn jeder auf einer anderen Seite die Straße benutzt. Und zweitens, dass der von rechts Kommende Vorfahrt hat. Mehr braucht man nicht zu wissen.« Das Kuriose: Es wurde sicherer, je weniger Regeln es gab. Mondermann durfte es auch in Deutschland ausprobieren, in der kleinen Stadt Bohmte in Niedersachsen – ebenfalls mit Erfolg. Könnte es wirklich sein, dass weniger Regeln sinnvoll wären?
    Wie viele Verbote muss ein Mensch aushalten?
    Ich habe es vier Wochen lang ausprobiert. Ich habe mir ein Fahrrad ausgeliehen und bin in dieser Zeit durch München gefahren. Durch die Innenstadt, durch den Englischen Garten, zu meinem Arbeitgeber in Steinhausen. Ich bin auf Hauptstraßen geradelt, durch öffentliche Parks, ich war sogar in U-Bahn-Stationen. Wenn ich nicht mit dem Fahrrad unterwegs war, habe ich mir München mit Google Street View angesehen. Street View ist nicht nur eine geniale Erfindung – gegen die natürlich nicht wenige Deutsche protestiert haben, weil hierzulande nichts eingeführt werden kann, ohne dass jemand dagegen protestiert. Der Höhepunkt der Street-View-Proteste war die Familie, die sich energisch dagegen eingesetzt hat, dass Google ihr Haus fotografiert und jedem Menschen in Deutschland visuell zugänglich macht – und sich dann vor dem Haus für Bild hat ablichten lassen.
    Street View ermöglicht es, München ein bisschen besser kennenzulernen und diese Stadt womöglich auch irgendwann einmal zu mögen. Man kann auch an vielen Orten stehen bleiben und sich umsehen. Was ich dabei herausgefunden habe: Man kann sich innerhalb der Stadtgrenzen Münchens an keinem öffentlichen Ort aufhalten, ohne ein Verbotsschild im Blickfeld zu haben. Zumindest an keinem Ort, der sich auf einer Straße oder einem Radweg erreichen lässt.
    Wenn ich nicht unterwegs war, habe ich diesen lustigen Dienst exzessiv genutzt, von dem ich dachte, er sei nur dazu da, um die künftige Wohnung auszuspionieren oder um Menschen zu ärgern, die gerne an Fenstern herumlungern und andere Leute beobachten. Ich habe mir per Zufallsgenerator aus dem örtlichen Telefonbuch eine Adresse ausgesucht und sie bei Street View eingegeben. Dann habe ich mich virtuell um die eigene Achse gedreht und gezählt, wie viele Schilder ich finde – und ich habe meine Freunde gebeten, das Gleiche zu tun. Meine Arbeitskollegen. Meine Bekannten bei Facebook. Es entwickelte sich ein interessantes Projekt, bei dem ich irgendwann 50 Euro Prämie ausgelobt habe für den, der bei Street View einen Ort in Deutschland findet, an dem man sich einmal um die eigene Achse drehen kann, ohne auch nur ein Verkehrsschild zu erblicken. Und noch einmal 50 Euro für den Ort mit den meisten Schildern.
    Wer vor meiner Haustür steht, der hat 37 Schilder im Sichtfeld, vor dem Gebäude meines Arbeitsplatzes habe ich 45 Schilder entdeckt, am Marienplatz waren es 136. Ich habe meine Freunde aufgefordert, Deutschlands Ort mit den meisten Schildern zu finden. Ergebnis nach vier Wochen: Der Karlsplatz in München ist nicht nur die meistbefahrene Kreuzung Deutschlands, sondern nach diesen Recherchen der Ort in Deutschland mit den meisten Schildern. Wer sich auf die Grünfläche zwischen Karlsplatz und Bayerischem Staatsministerium der Justiz stellt und sich ein Mal um die eigene Achse dreht, sieht 163 Schilder. Vier Menschen haben nachgezählt und sind zum gleichen Ergebnis gekommen – und bislang hat mir keiner einen Ort mit mehr Schildern präsentiert. An einer Kreuzung in Köln gibt es 157, in Stuttgart hat einer in der Nähe des Stadions 156 gefunden.
    Danach habe ich einen Ort in Deutschland gesucht, an dem der Mensch kein einziges Schild und keine einzige Vorschrift ertragen muss. Am Ende waren es mehr als 1100 Teilnehmer, die sich auf die Suche begeben haben. Es gab lustige Zuschriften, skurrile Notizen – und auch wütende Nachrichten wie etwa von Sebastian, der mir schrieb, dass er nun acht Stunden seines Lebens damit vergeudet habe, bei Google nach einem schilderlosen Ort zu suchen und doch keinen gefunden habe. Ein Teilnehmer schickte im Laufe des Wettbewerbs insgesamt 24 Street-View-Links – doch die Jury, die aus einem Juristen, einem Google-Mitarbeiter, einem Fahrlehrer und mir bestand, fand doch ein Hinweis- oder
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