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Mit der Hoelle haette ich leben koennen

Titel: Mit der Hoelle haette ich leben koennen
Autoren: Daniela Matijevic
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Stationierung von NATO-Truppen gefestigt werden.
    Die Ankündigung, dass man mich in den Kosovo schicken wolle, traf mich völlig überraschend, schließlich war ich damals in einem Ausbildungs- und nicht in einem Einsatzregiment und wähnte mich daher in Sicherheit.
    Ein Trugschluss.
    Mir war bewusst, dass das Geschehen innerhalb der Bundeswehr nicht den demokratischen Regeln gehorchte, dennoch hätte ich am liebsten ein Veto eingelegt. Die Tatsache, dass ich einen Vertrag als Zeitsoldatin unterschrieben hatte, machte mich zu einem »Soldunkulus« - einem Humunkulus in Soldatenform -, und damit war ich kein Mensch mit freiem Willen mehr. Ich hatte als Befehlsempfängerin die Ansagen zu befolgen, sie weder zu hinterfragen noch zu beurteilen noch abzuwägen. Ich war da, um zu funktionieren.
    Aus meiner Einheit hatte es nur mich getroffen. Ich vermutete, dass man auf meine Sprachkenntnisse zählte, sonst wäre ich wohl nie beim MAD gelandet. Dass ich deswegen im Kosovo durch die Hölle gehen sollte, das hatte mir keiner gesagt.

    Bevor ich jedoch meine Taschen für den Auslandseinsatz packte, musste ich erst für knapp zwei Wochen zu einer Vorausbildung nach Hammelburg.
    Nichtsahnend, nur ein wenig nervös und gespannt auf das, was mich erwartete, fuhr ich von der Autobahn ab und passierte kurz darauf die Ortseinfahrt von Hammelburg. Die herrliche Landschaft nahm ich nur am Rande wahr. Mich irritierte, dass es seltsam still in dem Städtchen war. Und noch etwas fiel mir auf, während ich auf der Suche nach dem Weg zur Kaserne durch die Straßen fuhr: Die Menschen in Hammelburg schienen irgendwie auf seltsame Weise zu lächeln. Als wüssten sie etwas, was ich nicht wusste. Ahnen sie etwa, was in der Vorausbildung auf mich zukommt?, fragte ich mich. Die harmlosen und biederen Häuser des Städtchens konnten nicht über die Last hinwegtäuschen, die auf den Schultern der Menschen zu liegen schien.
    Als ich in der Kaserne eintraf, waren die meisten meiner vierzig Kameraden bereits vor Ort. Fast alle stammten sie aus dem Einsatzverband Breitenburg, und ich war ein wenig voreingenommen, als ich merkte, dass ein Großteil der Kameraden Heeressoldaten waren. Als Angehörige der Luftwaffe nahm ich es naserümpfend zur Kenntnis.
    Zuerst brachten uns die Ausbilder bei, wie es sich im Falle einer Entführung zu verhalten galt - und wie Gegner bei einer Auseinandersetzung mit einem gezielten Schlag auf den Kehlkopf oder aufs Jochbein außer Gefecht gesetzt werden konnten. Außerdem lehrten sie uns, wie man effektiv Minenopfer versorgte, sie transportierte und reanimierte.
    »Denkt daran, alles, was euch an zu Hause erinnert, auch dort zu lassen«, schärfte uns einer der Ausbilder mehrfach ein.
    »Darf ich denn nicht mal ein Foto von meinen Kindern mitnehmen?«, wagte einer der Soldaten zu fragen.

    Der Ausbilder grinste nur spöttisch. »Klar doch«, erwiderte er. »Wenn Sie die Konsequenzen tragen möchten, gerne. Es ist aber gar nicht lustig, wenn die Fotos zusammen mit Ihrer Adresse dem Feind in die Hände fallen.«
    Der Soldat wurde bleich.
    Die Gefahr, dass das, was der Ausbilder eben geschildert hatte, tatsächlich passierte, mochte hier in Hammelburg relativ gering erscheinen, dennoch war vieles oder sogar alles denkbar.
    Die nächsten Tage in der Kaserne waren das Schlimmste, was ich bis dahin in meiner Bundeswehrlaufbahn erlebt hatte, dennoch konnten sie mich nicht im Ansatz auf das vorbereiten, was mich im Kosovo erwartete.
    Jeder Einzelne von uns musste ein hartes, im Grunde unmenschliches Vorbereitungsverfahren durchlaufen.
    Eines Morgens - nach dem Frühstück - kamen mehrere Ausbilder auf mich zu, fesselten mir die Hände und legten mir eine Augenbinde an. Mit verbundenen Augen führten sie mich durch mehrere Gänge und schließlich hinaus ins Freie. Auf einem Hinterhof, den ich nicht kannte, nahmen sie mir die Augenbinde ab und stellten mich vor einen alten Waschzuber, der mit Wasser gefüllt war.
    »Was soll das?«, fragte ich - und wollte mich umdrehen.
    Da spürte ich eine Hand, die mich am Hinterkopf mit festem Griff packte und mein Gesicht ohne Gnade in das eiskalte Nass des mit Wasser gefüllten Zubers presste.
    Voller Panik versuchte ich unter Wasser zu schreien, doch jeder Laut aus meiner Kehle war nichts weiter als ein Blubbern, so dass keiner der Soldaten auch nur einen Laut hören konnte.
    Nach wenigen Sekunden riss der Ausbilder meinen Kopf an den Haaren hoch. Gierig schnappte ich nach Luft.
    »Wie
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