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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes
Autoren: Hammesfahr Petra
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schon damals nur ein Sieger infrage, einer, der keine Angst vor Papi hatte, vielleicht einer, der sie aufhalten, festhalten, bremsen und bändigen konnte, der sich jedenfalls nicht von ihr kommandieren oder schikanieren ließ.
Peter Bergmann konnte sie nicht leiden, natürlich nicht, er war eifersüchtig. Nachmittags hatte ich zwar immer noch Zeit, mit ihm Sammelbildchen von Autos und Fußballspielern zu tauschen oder Mickymaushefte durchzublättern. Aber in den Pausen gab ich mich mit einem Mädchen ab, igitt. Und dann noch mit einer, von der die Hälfte aller erwachsenen Einwohner unserer Stadt sagten, es nähme mal ein ganz schlimmes Ende mit ihr – und mit jedem, der sich mit ihr einließ. Ein paarmal drohte Peter sogar damit, es meiner Mutter zu erzählen, doch das konnte ich verhindern, indem ich ihm drohte, nachmittags nicht mehr zu kommen.

1975 bis 1983
    Ab der fünften Klasse gingen wir alle drei aufs Gymnasium. Und dort wurde Maren rasch die Prinzessin. Sie war immer nach der neuesten Mode gekleidet, hatte stets eine gut gefüllte Geldbörse in der Schultasche. Mit dem Inhalt ging sie äußerst großzügig um. Auch Peter arrangierte sich mit ihr, weil sie ihm den einen oder anderen Kinobesuch spendierte. Aber ich war und blieb ihr einziger Freund. Anfangs nannten wir das noch so.
    Später war ich Marens Lover, lernte schon mit vierzehn eine Menge über weibliche Anatomie von ihr, kannte mit fünfzehn die gängigen Methoden, mit denen man eine Frau zum Höhepunkt brachte – und verhütete, was in dem Alter zumindest ebenso wichtig war. Damals war ich der Mann mit dem Zauberbesen, vor dem der gefallene Engel demütig fordernd in die Knie ging.
    Ich hatte Macht über sie, das war nicht zu leugnen. Unser gesamter Jahrgang begegnete mir mit Hochachtung, weil sich kein anderer getraut hätte, seine Hände nach ihr auszustrecken. Wenn wir uns während der Pausen draußen aufhielten, bildete sich automatisch ein undurchdringlicher Ring aus Leibern, der uns vor den Blicken der Lehrer schützte. Zogen wir uns in die Toiletten zurück, stand immer einer Schmiere. Für Maren war das wichtiges Zubehör. Sie brauchte Publikum, Nervenkitzel und einiges mehr. Auf jeden Fall brauchte sie die fortwährende Demonstration, dass ich ihr gehörte. Mein Ding waren Zuschauer nicht unbedingt, aber solange es sich nur um unsere Mitschüler handelte, konnte ich damit leben.
    Damit es nicht eintönig wurde, probierte sie sämtliche ihr bekannten Praktiken aus. Oft hatte ich schon vor der ersten Schulstunde nach allen Regeln der Kunst entspannen dürfen. Dann kam die große Pause, in der sie ihren Teil einforderte, wobei ich natürlich ebenfalls nochmal voll auf meine Kosten kam.
    Nachmittags sah die Sache nicht so rosig aus. Mami hatte sich in den Kopf gesetzt, aus ihr eine höhere Tochter zu machen. Ballettstunden, Geigenunterricht, Klavier spielen musste sie auch lernen. Dazwischen war dann gerade noch Zeit, sie regelmäßig neu einzukleiden, zum Friseur oder einer Kosmetikerin zu kutschieren, die dafür zu sorgen hatte, dass Prinzessin Silberhaar nicht von einer vulgären Akne entstellt wurde.
    Aber ich hatte ja immer noch Peter Bergmann. Und ehrlich gesagt, hätte ich es auch nicht gewagt, mich einmal nachmittags mit Maren in der Stadt zu zeigen. Eine halbe Stunde später wäre meine Mutter informiert gewesen und hätte mich garantiert sofort von der Schule genommen und in eine Lehre gesteckt, um mich zur Vernunft zu bringen.
    Am Wochenende und in den Ferien sahen wir uns auch nicht. Samstags und sonntags musste sie ihren Eltern Gesellschaft leisten, damit Papi auch etwas von ihr hatte. Die Ferien verbrachte sie regelmäßig im Süden, meist nur mit Mami, Papi war mit seinem Unternehmen zu beschäftigt für einen Urlaub. Die Sommerferien waren eine Tortur, sechs Wochen Enthaltsamkeit.
    Aber die Vormittage in der Schule waren einsame Spitze. Es gab kein Tabu, über das Maren sich nicht mit ihrem typischen Lächeln hinweggesetzt hätte. Sie hatte eine unnachahmliche Art zu lächeln, mit leicht heruntergezogenen Mundwinkeln und Augen, die mehr als jedes Wort deutlich machten, wie sie über unsere Mitmenschen dachte. Spießer allesamt, nur ich war die große Ausnahme, der Einzige, der Beste.
    Seit sie zum ersten Mal ihr Höschen für mich ausgezogen hatte, erlebte ich mit ihr den sexten Himmel auf Erden. Sie war unersättlich und hatte ein Vokabular, von dem allein man schon rote Ohren bekam. Während des Unterrichts schrieb sie
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