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Mit dem Segen der Queen

Mit dem Segen der Queen

Titel: Mit dem Segen der Queen
Autoren: Mary Nichols
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Menschen ließen sich nicht abschrecken und begannen schon früh am Morgen, sich zu Tausenden auf der Strecke zwischen dem Buckingham Palace und dem Garteneingang des St. James’s Palace zu versammeln. Anders als frühere Monarchen, die nachts geheiratet hatten, um der Menge zu entgehen, hatte Victoria die Hochzeit für ein Uhr am Mittag in der Royal Chapel angesetzt. Die geladenen Gäste nahmen ihre Plätze lange vorher ein.
    Das Jubeln der Menge wurde lauter, als die Kutsche mit Prinz Albert, seinem Vater und seinem Bruder auf St. James zufuhr. Am Tag zuvor hatte die Queen ihn zum Field Marshall ernannt und ihm den Hosenbandorden verliehen. Bei seiner Ankunft trug er die Uniform des Field Marshalls mit weißen Schleifen an den Epauletten und dem Ordensband quer über der Brust. Er war ein gut aussehender Mann, und es gab viele neidische Seufzer. Die Aristokraten hingegen schätzten seine ruhige Würde. Sie saßen vor ihm, gekleidet in alle Farben des Regenbogens. Der Dowager Queen küsste er die Hand, dann nahm er seinen Platz vor dem Altar ein und wartete auf seine Braut.
    Die Prozession der Queen verließ Buckingham Palace um die Mittagszeit, mit der Queen, ihrer Mutter und Lady Sutherland, der Ersten Hofdame. Sie benutzten die goldene Staatskarosse, die Entourage folgte in anderen Wagen. Emily saß in einem der letzten Wagen zusammen mit drei anderen Ehrenjungfrauen und dachte an die Probe zurück, die sie zusammen mit Richard gesehen hatte. Nie, nicht einmal in ihren kühnsten Träumen, hätte sie sich vorgestellt, daran teilzuhaben. Während der ganzen Fahrt sah sie die Menge jubeln und Fahnen schwingen, ungeachtet des Regens.
    Als sie ankamen, formierte sich die Prozession der Königin. Die Trompeter gingen voraus, gefolgt von Angehörigen der königlichen Familie und Offizieren des königlichen Haushalts. Schließlich wurde allen Spekulationen darüber, was die Braut wohl tragen würde, ein Ende gesetzt. Es gab weder gold- oder silberdurchwirkten Stoff noch Samt oder königlichen Purpur und auch keinen Hermelin. Die zierliche Gestalt war ganz in Weiß gekleidet. Sie trug ein Kleid aus elfenbeinfarbenem Satin, das an den Ärmeln und am Rock mit vielen Ellen kunstvoll gearbeiteter Spitze verziert war. Die Taille lief spitz zu, der Rock war vielfach gefältelt. Der Spitzenschleier wurde von einem einfachen, mit Orangenblüten besetzten Haarreif gehalten. Sie trug den Stern des Hosenbandordens, als übrigen Schmuck eine diamantene Halskette, Diamantohrringe und eine schöne Saphirbrosche, die Albert ihr am Vorabend als Hochzeitsgeschenk überreicht hatte. Trotz ihrer kleinen Statur hob sie die fast schon schlichte Kleidung von allen anderen ab und verlieh ihr einen besonderen Zauber. Ein allgemeines Seufzen der Bewunderung erhob sich, als sie durch die Gänge und Vorzimmer in die Kapelle schritt, begleitet von den zwölf Brautjungfern, die ihre Schleppe trugen, der Ersten Hofdame und schließlich, zum Schluss, den acht Ehrenjungfrauen.
    Die Galerien und Sitze in der Kapelle waren besetzt von der Aristokratie, und überall funkelte und glitzerte es. Emily achtete kaum darauf. Sie konzentrierte sich auf die schlichte Zeremonie – Braut und Bräutigam, die im Heiligen Bund der Ehe zusammengeführt wurden –, und sie wünschte sich, mit Richard dort zu stehen und die Antworten zu geben, die Victoria und Albert jetzt gaben. Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, und blinzelte sie energisch zurück.
    Nach der Zeremonie ging das königliche Paar, um sich in das Register einzutragen, während alle anderen die Fahrt zurück in den Palast antraten. Emily wollte gerade in die Kutsche einsteigen, als sie Richard sah. Groß und gut aussehend stand er ganz vorn in der Menge. Sie konnte nicht zu ihm gehen, konnte ihn nicht einmal grüßen, doch ihr Gesicht strahlte, als sie sah, wie er sie anlächelte, ihr mit diesem herzlichen Lächeln zeigte, dass er noch nicht aufgegeben hatte. Seufzend lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück, zwar nicht gerade glücklich, aber doch mit neuer Hoffnung. Wenn sie nicht hoffen durfte, wofür sonst sollte sie leben? Am nächsten Tag würde sie noch einmal versuchen, ihre Mutter zu überreden. Gewiss würde sie nicht ihrer Tochter deren sehnlichsten Wunsch verweigern?
    Die Menge jubelte noch, als das königliche Paar zum Buckingham Palast zurückkehrte und wieder viele Stunden später, als Victorial und Albert nach Windsor Castle aufbrachen, wo sie ein paar Tage verbringen
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