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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
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gleichzeitig am Arm fest, damit er nicht aus dem Bett fällt. Er klingt erbärmlich und seine Haut ist heiß und feucht. Das ist mehr als ein leichter Schnupfen. Ich warte, bis er sich soweit beruhigt hat, um zu begreifen, dass ich bei ihm bin, bevor ich aufstehe und ins Badezimmer gehe. Er braucht ein kurzes Bad und Medikamente, und da er offenbar nicht vorhat, sich selbst darum zu kümmern, mache ich das eben. Nicht mal ein Erkältungsbad hat er da, was mich mit einem Seufzen wieder kehrtmachen lässt.
    Im Flur bemerke ich das Licht, das aus seinem Schlafzimmer kommt und zögere. Er kennt mein Gesicht nicht. Bis jetzt jedenfalls. Wenn ich zurückgehe, ist die letzte Schranke gefallen und dieser Schritt sollte wohlüberlegt sein. Whistler weiß zwar nichts über mich, aber er weiß, was ich bin, und wenn er mein Gesicht kennt, wird er zu einem noch größeren Risikofaktor, als er ohnehin schon ist. Andererseits, ich habe in den letzten Wochen unzählige Fehler gemacht, auf einen mehr oder weniger kommt es da auch nicht mehr an.
    Ich trete in sein Schlafzimmer und er sieht auf. Rote Wangen, blasse Haut, seine Augen sind glasig und sein Blick ist langsam. Ich kann es nicht besser beschreiben, aber er braucht eine Weile, bis er wirklich begreift, wer da gerade in seinem Schlafzimmer steht.
    „Du warst das, oder?“, fragt Whistler schließlich und ich runzle die Stirn, weil ich nicht weiß, was er meint. „Vor zwei Nächten. Die zweite Decke, die morgens über mir lag. Das warst du.“
    Ach das. Ich nicke. „Ja.“
    „Warum?“
    „Warum nicht?“, kontere ich, da ich keine Antwort auf seine Frage habe.
    „Hm“, macht er und zieht ein Taschentuch aus der Packung. Gerade rechtzeitig, bevor er anfängt zu niesen, was in einem Hustenanfall endet.
    „Du musst zum Arzt.“
    „Nein.“ Er schüttelt den Kopf und wirft mir einen trotzigen Blick zu. „Ich mag keine Ärzte.“
    „Du bist krank, Whistler.“
    „Ich habe einen Namen“, murrt er verschnupft und das ist nicht nur auf seine Laune bezogen.
    „Das ändert nichts daran, dass du krank bist, Jannik.“ Ich betone seinen Namen extra und er schnaubt, was sofort für erneuten Husten sorgt. Ich hole ihm ein Glas Wasser, das er dankend annimmt. „Hast du Medikamente hier, von denen ich nichts weiß?“
    Ein finsterer Blick trifft mich. „Guck' doch nach.“
    „Habe ich, als ich hier war. Ich rede von Medikamenten gegen deine Erkältung. Gegenüber ist ein Drugstore.“
    „Weiß ich. War ich aber nicht drin“, sagt er und ist jetzt eindeutig beleidigt.
    Verstehe einer diesen Kerl, ich tue es nicht. Wie kann man nur so stur sein? Wenn ich krank bin, kümmere ich mich darum. Wie soll ich sonst vernünftig arbeiten? Allerdings hat er keinen Job, von dem ich wüsste, also kommt es darauf nicht an. Egal. Wenn er sich nicht um seine Gesundheit kümmert, mache ich das eben.
    „Ich bin gleich zurück.“
    „Ich will nicht...“
    „Du wirst aber“, fahre ich ihm rabiat über den Mund und verlasse die Wohnung, bevor ich Jannik deutlich sage, was ich über sein kindisches Verhalten denke. Der Besitzer des Drugstores nickt, als ich ihm sage, was ich brauche, und keine fünf Minuten später stehe ich wieder in Janniks Schlafzimmer, der zuerst mich und danach die kleine Tüte in meiner Hand verblüfft ansieht.
    „Was ist das?“
    „Denk' mal scharf nach“, antworte ich trocken und kippe den Inhalt der Tüte auf den Nachttisch. Janniks Blick hat mit Begeisterung nichts zu tun, vor allem, als ich das Erkältungsbad in die Hand nehme.
    „Muss das sein?“
    Ich sehe ihn warnend an. „Dir ist bewusst, mit wem du momentan redest, oder?“ Statt einer Antwort, nickt Jannik. „Dann dürfte dir auch klar sein, wie hoch deine Chance ist, aus der Sache rauszukommen.“
    Die Beleidigung liegt ihm auf der Zunge, ich sehe es ihm an, aber er schluckt sie runter und schlägt die Bettdecke zurück, um aufzustehen. Es geht nicht ohne meine Hilfe, sein Kreislauf spielt verrückt. Deshalb sorge ich dafür, dass er sicher auf dem Toilettendeckel sitzt, bevor ich mich an der Wanne zu schaffen mache.
    Der Geruch des Erkältungsbades zieht durch den kleinen Raum, als ich mich Jannik wieder zuwende. Normalerweise würde ich ihn jetzt alleinlassen, damit er sich in Ruhe ausziehen und in die Wanne steigen kann, aber in seinem Zustand kippt er mir höchstens um. Keine gute Idee und das weiß Jannik, es gefällt ihm allerdings gar nicht, so wie er mich gerade ansieht.
    „Du hast nichts, was
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