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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
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ebenfalls keine Bedrohung. Er ist ein Dieb wie Richard Whistler es war, aber ansonsten ein kleiner Feigling. Woher ich das weiß? Ich hatte fünf Tage Zeit, mich zu informieren. Über seine Frau, seine zwei Kinder, seinen Terrier, der im Garten in einer Hundehütte haust, und Haushälterin Margo, die mehrmals in der Woche das Haus aufräumt und für die beiden Kinder kocht, weil ihre Mutter lieber auf irgendwelchen Partys unterwegs ist.
    Ich habe darüber nachgedacht, ihn zu töten, aber das wäre zuviel Aufwand für nichts. Er weiß, dass er Unrecht getan hat und wird den Teufel tun, das zuzugeben, solange er nicht muss. Wenn ich ihm auf die Füße steige, würde er allerdings zu den Cops laufen und solche Aufmerksamkeit brauche ich nicht. Falls der Mann mir Ärger macht, verschwindet er, aber im Moment gibt es dazu keine Veranlassung.
    Jannik Whistler ist ein größeres Problem. Nicht, weil er etwas weiß, sondern weil es mich aus irgendeinem unerfindlichen Grund erneut zu ihm gezogen hat. Vielleicht fasziniert mich seine Neugier an meiner Person. Vielleicht bin ich selbst einfach nur neugierig, weil er im Laufe unseres Gesprächs seine Angst vor mir verloren hat. Ein Killer, der sich vom Sohn eines seiner Opfer auf makabere Art und Weise angezogen fühlt? Es gab schon schlechtere Ideen, warum also nicht diese, bis mir etwas Besseres einfällt? Immerhin bin ich jetzt hier und dafür wird es irgendeinen Grund geben. Wenn er mir einfällt, beseitige ich ihn, aber bis es so weit ist, kann ich meiner Neugier genauso gut nachgeben und ein zweites Gespräch mit Whistler führen.
    Er schläft und schnarcht dabei leise, was mich amüsiert. Den vielen Taschentüchern auf dem Nachttisch und neben seinem Bett nach zu urteilen, hat er sich eine Erkältung eingefangen. Bei dem derzeitigen Wetter wundert mich das nicht. Es ist Ende September und das merkt man draußen deutlich.
    Ich mag die kälteren Jahreszeiten, obwohl sie mir immer die Arbeit erschweren. Im Schnee keinerlei Spuren zu hinterlassen, ist jedes Mal eine Herausforderung und sich im Regen auf die Lauer zu legen, um ein Opfer auszuspionieren, ist auch nicht gerade das, was ich mir unter einer angenehmen Freizeitbeschäftigung vorstelle. Aber es gehört nun mal zum Job.
    Die Heizung gluckert, was Bob, der auf der freien Bettseite liegt, dazu bringt sich zu mir umzudrehen und mich mit seinen grünen Augen anzusehen. Er ist zwar nur ein Tier, aber ich könnte schwören, dass er sich über mich amüsiert, weil ich schon wieder hier bin. Es würde mich jedenfalls nicht wundern und Recht hätte er ja, immerhin wollte ich längst wieder weg sein, stattdessen stehe ich an der Tür und beobachte ihn und sein Herrchen.
    Bob scheint zu dem Schluss zu kommen, dass ich auch etwas tun kann, wenn ich ohnehin da bin, denn er gähnt und maunzt danach auffordernd, bevor er sich auf den Rücken dreht. Innerlich seufzend gebe ich nach und gehe um das Bett herum, um ihn zu streicheln. Er schnurrt und stubst gegen meine Hand, was mich ungewollt lächeln lässt. Whistler hatte Recht, sein Kater mag mich. Verrücktes Tier.
    Als hätte er mich verstanden, maunzt Bob erneut und stolziert über das Bett auf Whistler zu, dessen Schnarchen lauter geworden ist. Sein Atem klingt merkwürdig und obwohl ich es in dem schwachen Licht nicht erkennen kann, schätze ich, dass seine Wangen rot sind und er Fieber hat. Unser Gespräch kann warten, entscheide ich und verlasse lautlos das Schlafzimmer. Ich bin fast an der Tür, als ich ohne einen Grund kehrtmache, die Decke von der Couch im Wohnzimmer nehme und sie über Whistler ausbreite.
    Ich werde mich wohl besser nicht fragen, warum ich das getan habe.
    Danach gehe ich wirklich. Nach einem letzten Streicheln für Bob, der mir schnurrend um die Beine streicht.
    Wie war das noch? Ich werde keinen weiteren Fehler machen? Hatte ich mir das nicht vor fünf Tagen vorgenommen?
    Ich habe eindeutig ein Problem.
     
    Zwei Nächte später ist aus dem Schnarchen ein Röcheln geworden, das mir gar nicht gefällt. Whistler ist krank und da ich nirgendwo Medikamente gesehen habe, war er wohl nicht beim Arzt. Scheinbar will er lieber eine Grippe riskieren, als sich vernünftig auszukurieren. Dummer Junge. Ich lege meine Hand auf seine Stirn. Sie ist zu warm. Kopfschüttelnd und innerlich fluchend wende ich mich ab, um erneut die Decke aus dem Wohnzimmer zu holen und über ihm auszubreiten, als er hustend aus dem Schlaf hochschreckt.
    Ich weiche zurück und halte ihn
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