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Mit 12 fühlt man ganz anders

Mit 12 fühlt man ganz anders

Titel: Mit 12 fühlt man ganz anders
Autoren: Tina Caspari
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Erwachsene.

    Energisch schob sie die Gedanken an ihren Geschichtslehrer beiseite und wandte sich ihren Mathematikaufgaben zu. Bald war sie so vertieft, daß sie alles um sich her vergaß. Erst das Läuten der Haustürklingel brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Zweimal kurz, einmal lang, das war Papi.
    Katja lauschte. Würden die Geschwister sich bequemen, ihm die Wohnungstür zu öffnen? Zwar hatte er einen Schlüssel, aber er war immer ein bißchen enttäuscht, wenn keines seiner Familienmitglieder ihn an der Tür begrüßte.
    „Na schön“, seufzte Katja, als alles still blieb. „Geh ich eben.“
    Auf dem Flur stieß sie fast mit Mami zusammen, die aus der Küche gerannt kam, um Papi zu begrüßen.
    „Wir können essen“, rief sie Katja zu. „Würdest du so lieb sein und den Tisch decken, Schätzchen?“
    „Klar doch“, murmelte Katja. Sie ärgerte sich, daß sie nicht an ihrem Schreibtisch sitzen geblieben war, bis Mami Celia zum Tischdecken beordert hatte, denn die war heute abend dran.
    „Mistwetter!“ hörte sie Papi fluchen.
    „Na, bist du naß!“ rief Mami und rannte mit weit von sich gestreckten Armen, Mantel und Schirm haltend, ins Badezimmer, um beides über der Badewanne auszuschütteln.
    Katja verdrückte sich in die Küche und stellte Teller und Gläser auf den großen Ecktisch, an dem sie werktags ihre Mahlzeiten einnahmen. Dann legte sie Besteck und Servietten dazu, holte Salz und Pfeffer, Mineralwasser und Apfelsaft. Draußen beschwerte sich Papi lautstark über die Idiotie der anderen Autofahrer, die aus purer Unfähigkeit Staus verursachten, obgleich es gar keinen Anlaß dazu gab.
    „Celia, Markus, Fips! Zum Essen kommen!“ schrie Mami, weil sie wußte, daß Papis schlechte Laune am wirkungsvollsten mit einem gefüllten Teller und einem Glas Bier zu bekämpfen war.
    „Was gibt’s denn?“
    Papi kam, sich die kalten Finger reibend, in die Küche und begrüßte Katja mit einem väterlichen Kuß auf die Stirn, während seine Augen in Richtung Herd wanderten.
    „Milchreis mit Apfelkompott und Käsebrote.“
    „Mit Zimtzucker?“
    „Die Käsebrote? Ich glaube nicht.“
    „Mach dich nicht über deinen alten, abgearbeiteten Vater lustig!“ sagte Papi mit gespielter Strenge. „Den Milchreis natürlich. Gib mir schon mal ein Bier als Vorspeise.“
    „Schon in Arbeit.“
    Die Zwillinge stürmten in die Küche und hingen sich, einer rechts, einer links, an Papis Hosenbeine.
    „Hinsetzen!“ kommandierte Katja. „Papi muß sich erst mal erholen. Habt ihr euch die Hände gewaschen?“
    „Klar!“ riefen die beiden im Chor und ließen in verdächtiger Eile die Hände unter dem Tisch verschwinden.
    Mami kam und hinter ihr - wie immer als letzte - Celia. Papi ließ sich ächzend auf seinem Platz in der Ecke nieder und trank mit hörbarem Behagen sein Bierglas leer, während Mami den Milchreis auf die Teller füllte.
    „Na, und was gibt’s Neues?“ erkundigte sich Papi und griff nach der Dose mit dem Zimtzucker. „Einser? Fünfer? Irgendwas kaputtgegangen? Irgendwas angestellt?“
    Die Zwillinge sahen sich an und schüttelten dann in schönem Einvernehmen die Köpfe.
    „Zweier in Erdkunde“, sagte Katja. „Die Ex neulich.“
    „Ah ja, sehr schön, gratuliere. Und du, Celia?“
    „Nichts Besonderes. Nur die Beerdigung vom Direktor. Wir haben singen müssen, stell dir bloß vor, bei dem Wetter! Und dann haben sie noch ewig lange Reden gehalten, lauter Zylindermänner. Was er für ein toller Mann war, und was er alles getan hat und so. Und daß sie ihm das in alle Ewigkeit nicht vergessen werden. Die ganzen Vereine, in denen er war. Auf den Schleifen an den Kränzen stand’s noch mal geschrieben. Das hätte doch gereicht, oder?“
    „Vielleicht dachten sie, er kann das von unten nicht so richtig lesen?“ gab Fips zu bedenken.
    „Und dann ist der Schützenverein aufmarschiert“, erzählte Celia unbeirrt weiter. „Und sie haben geschossen. So ein Quatsch! Ich bin vielleicht erschrocken!“
    „Sicher haben sie in den Sarg geschossen, falls er noch nicht richtig tot ist!“ belehrte Markus die Schwester.
    Papi bekam einen Hustenanfall und Mami verschluckte sich an ihrem Apfelsaft, daß ihr die Tränen in die Augen traten. >
    „Mein Gott“, stöhnte Katja, „was ist das bloß für eine Familie!“

Katja will kein Mädchen sein

    Am nächsten Tag kam Tante Otti zu Besuch.
    Eigentlich war Tanti Otti eine Großtante, die jüngste Schwester von Papis Mutter. Tante Otti war
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