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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican
Autoren: Jules Verne
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dem spanischen Seefahrer Juan Rodriguez Cabrillo entdeckt worden war, hieß zuerst San Miguel, und nahm den neuen Namen im Jahre 1602 an. Dann vertauschte im Jahre 1846 diese Provinz die Tricolore mit dem Sternenbanner der Conföderation und seit dieser Zeit gehörte sie definitiv zu den Vereinigten Staaten.
    Von mittlerer Gestalt, ein Gesicht, das zwei große schwarze Augen außerordentlich belebten, ein südlicher Typus, üppiges, braunes Haar, die Hand und die Füße ein wenig stärker, als man sie sonst bei der spanischen Rasse zu sehen gewohnt ist, ein sicherer, aber graziöser Gang, eine Physiognomie, die ebenso von energischem Charakter wie von Herzensgüte zeugte – das war Mrs. Branican. Sie war eine jener Frauen, die man nicht mit gleichgiltigem Blicke ansieht, denn vor ihrer Verheiratung galt Dolly im wahren Sinne des Wortes als eines der schönsten Mädchen von San-Diego, wo doch sicher die Schönheit nicht selten ist. Sie war ernst, überlegend und hatte einen klaren Geist, moralische Eigenschaften, welche die Ehe sicher in ihr nur noch weiterentwickeln konnte.
    O, was lag daran, wie es auch immer kommen würde! Dolly würde, Mrs. Branican geworden, schon ihre Pflichten kennen. Da sie das Leben offen und nicht durch trügerisches Glas gesehen hatte, so besaß sie muthigen Sinn und festen Willen. Die Liebe, welche ihr der Gatte einflößte, machte sie für die Erfüllung ihrer Aufgabe noch entschlossener. Im Nothfalle würde sie, und das ist keine hohle Redensart, für John ihr Leben hingeben, wie John das seinige für sie, wie beide es für ihr Kind hingeben würden. Sie liebten dieses Kind, das soeben zum erstenmal »Papa« gesprochen hatte, als der junge Capitän sich von seiner Mutter und ihm trennte. Die Aehnlichkeit des kleinen Wat mit seinem Vater war schon eine frappirende, durch die Gesichtszüge wenigstens, denn er hatte das südliche Colorit des Teints seiner Mutter. Da er von kräftigem Körperbau war, hatte er nichts von den Kinderkrankheiten zu fürchten. Uebrigens wurde er so sorgsam gehütet… Ach, welche Zukunftsträume hatte nicht schon die Phantasie des Vaters und der Mutter für das kleine Wesen gesponnen, dessen Leben erst begonnen hatte!
    Gewiß wäre Mrs. Branican die glücklichste der Frauen gewesen, wenn die Stellung Johns ihm erlaubt hätte, das Seemannsleben aufzugeben, dessen kleinster Unfall sie trennen konnte. Aber in dem Augenblicke, wo ihm das Commando des »Franklin« übertragen worden war, wie hätte sie da den Gedanken haben können, ihn zurückzuhalten? Und dann, mußte er nicht auf den Lebensunterhalt der Familie bedacht sein, die sich wahrscheinlich nicht auf das einzige Kind beschränken würde? Die Mitgift Dollys reichte ja kaum für das Nothwendigste des kleinen Hausstandes aus. Gewiß konnte John Branican auf das Vermögen rechnen, das der Onkel seiner Nichte hinterlassen würde, und es hätten schon eigenthümliche Zustände zusammentreffen müssen, wenn dieses Vermögen ihm entgehen sollte, da doch Mr. Edward Starter, fast ein Sechzigjähriger, keine anderen Erben hatte als Dolly. In der That stand auch Jane Burker, die dem mütterlichen Familienzweige angehörte, in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zu dem Onkel Dollys. Sie war also reich… aber es konnten wohl zehn und zwanzig Jahre verfließen, bevor sie in den Besitz dieser Erbschaft kam. So mußte denn John Branican arbeiten, wenn ihm nicht vor der Zukunft bangen sollte. Auch war er fest entschlossen, für das Haus Andrew in See zu stechen, umsomehr jetzt, wo er den »Franklin« befehligte und ihm ein Antheil an dem Ertrage der Fahrt zugesichert war. Da nun der Seemann auch zugleich ein tüchtiger Kaufmann war, so konnte man schon mit Bestimmtheit sagen, daß er vor dem Antritte der Erbschaft Onkel Starter’s einen gewissen Grad von Wohlstand erreicht haben würde.
    Nun ein Wort über diesen Amerikaner, einen Amerikaner im wahrsten Sinne des Wortes!
    Er war der Bruder des Vaters Dollys und folglich der rechtmäßige Onkel des Mädchens, das Mrs. Branican geworden war. Dieser Bruder war fünf bis sechs Jahre älter und hatte ihn sozusagen aufgezogen, denn beide waren Waisen.
    Starter der Jüngere hatte für ihn auch stets ein lebhaftes Gefühl der Dankbarkeit gehegt. Unter der steten Gunst des Glückes kam er zu Reichthum, während Starter der Aeltere sich gewöhnlich auf Wegen verlor, die selten zum Ziele führten. Wenn er auch in die Ferne zog, um durch Ankauf und Urbarmachung weiter Ländereien
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