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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican
Autoren: Jules Verne
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»Franklin«, von einem Anker in der Mitte des Hafens festgehalten, hatte sich schon von den übrigen Schiffen losgemacht, deren große Zahl von der Bedeutung des Hafens von San-Diego zeugte. Der Dreimaster brauchte nicht von einem Schlepper in die offene See hinausgeführt zu werden, denn sobald der Anker gelichtet war, genügte eine leichte Brise, das stattliche Schiff aus dem Hafen zu treiben, ohne an dem Takelwerke weitere Veränderungen vornehmen zu müssen. Der Capitän John Branican hätte sich kein schöneres Wetter, keinen günstigeren Wind wünschen können – auf der in den Strahlen der Sonne glänzenden Fläche des Meeres.
    In diesem Augenblicke – es war zehn Uhr Morgens – befanden sich Alle an Bord. Keiner der Matrosen durfte an das Land gehen, man konnte sagen, die Fahrt werde um ihretwegen angetreten. Einige Kähne standen neben der Schiffstreppe und erwarteten diejenigen, welche zum letztenmal ihre Freunde und Verwandten umarmen wollten. Diese Kähne setzten sie an den Quais aus, als schon der »Franklin« die Flagge hißte. Von den Besuchern müssen besonders der Chef des Hauses Mr. William Andrew, Mrs. Branican und die Amme, welche den kleinen Wat trug, erwähnt werden. In ihrer Begleitung befanden sich Mr. Len Burker und seine Frau, Jane Burker, eine Cousine Dollys. Der Officier Harry Felton hatte keine Familie und erhielt daher auch keine Abschiedsbesuche. Die Segenswünsche William Andrew’s kamen auch ihm zu und mehr verlangte er nicht, höchstens daß auch die Frau des Capitän John die ihrigen mit den seinigen vereinigt hätte, und das wußte er im voraus.
    Harry Felton befand sich auf dem Vordertheile, wo ein halbes Dutzend Matrosen den Anker aufzogen. Schon schwankte der »Franklin« allmählich hin und her und seine Kette klirrte auf den Rädern. Die Flagge mit den Anfangsbuchstaben des Hauses Andrew flatterte an der Spitze des Hauptmastes, während die amerikanische Fahne an der Spitze der Brigantine ihre Sterne weithin leuchten ließ.
    Auf der Commandobrücke nahm John Branican, ohne die letzten Vorbereitungen aus dem Auge zu verlieren, die Segenswünsche und die Declaration Andrew’s entgegen, die meist die Ladung des Schiffes betraf. Letzterer überreichte das Schriftstück dem jungen Manne und sagte:
    »Wenn die Umstände Sie zwingen, den Curs abzuändern, so haben Sie stets unser Interesse im Auge und senden Sie uns sogleich nach der ersten Landung eine Mittheilung zu. Vielleicht wird der »Franklin« bei den Philippinen etwas aufgehalten werden, denn ohne Zweifel ist es nicht Ihre Absicht, durch die Meerenge von Torres zu fahren?
    – Nein, Herr Andrew, erwiderte der Capitän John, ich will mich nicht mit dem »Franklin« in die gefährlichen Meere des Nordens von Australien wagen. Meinen Weg bilden die Hawaïinseln, die Mariannen, Mindanao, die Philippinen, die beiden Celebes die Meerenge von Mahkassar, um über das Javanische Meer nach Singapore zu kommen. Um von hier nach Calcutta zu gelangen, ist auch schon Alles festgesetzt. Ich glaube also nicht, daß diese Fahrt durch die Winde im Osten des Stillen Oceans beeinträchtigt werden könnte. Haben Sie mir aber irgend welche wichtige Nachricht zu telegraphiren, so bitte ich die Depesche entweder nach Mindanao zu senden, wo ich mich vielleicht aufhalten, oder nach Singapore, wo ich sicher anlegen werde.
    – Gut, John. Ihrerseits bitte ich, mich sobald wie möglich von dem Course der Waren in Calcutta in Kenntniß zu setzen. Es ist möglich, daß dieser Cours meine Pläne betreffs der Ladung verändern wird.
    – Ich werde es sicher thun, Herr Andrew,« erwiderte John Branican.
    In diesem Augenblicke näherte sich Harry Felton und sagte:
    »Capitän, wir sind bereit.
    – Und die Ebbe?
    – Macht sich eben fühlbar.
    – Gut.«
    Dann wandte er sich in überschwenglicher Dankbarkeit an William Andrew:
    »Noch einmal danke ich Ihnen, Herr Andrew, daß Sie mir den Befehl über den »Franklin« anvertraut haben. Ich hoffe, daß ich Ihr Vertrauen werde rechtfertigen können….
    – Daran zweifle ich keineswegs, John, erwiderte William Andrew, ich könnte die Angelegenheit meines Hauses in gar keine besseren Hände legen.«
    Der Chef drückte dem jungen Manne herzlich die Hand und ging auf die Schiffstreppe zu. Mrs. Branican, hinter ihr die Amme und das Kind, trat mit Herrn und Frau Burker auf ihren Gatten zu. Der Augenblick der Trennung war gekommen und der Capitän John Branican hatte sich nur noch von seiner Frau und seinen
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