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Misterioso

Misterioso

Titel: Misterioso
Autoren: Arne Dahl
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hinaufgehen.
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Außer einem grellen Licht war nichts zu sehen.
    Er stieg die paar Stufen zu der kleinen Terrasse hinauf und sah, als er auf die Tür zuging, am Türstock eine kleine Windharfe hängen. Als er durch den Türspalt schlüpfte, sorgte er dafür, dass er wie zufällig mit dem Kopf dagegen stieß. Während das Geläute der Windharfe langsam verklang, meinte Hjelm aus dem Augenwinkel Chavez über den Weg huschen zu sehen.
    Das eigentlich eher funzelige Licht der Deckenlampe blendete seine an die Dunkelheit gewöhnten Augen vollständig. Es dauerte eine Weile, ehe er etwas erkennen konnte.
    Rechts von ihm, in der hinteren Ecke des Raums, befanden sich zwei Menschen mit zugeklebten Mündern am Boden. Anja Parikkas strahlendblaue Augen über dem Klebestreifen waren weit aufgerissen, Alf Rüben Winges waren geschlossen. Sie saß, er lag zusammengerollt daneben. Ihre Körper berührten sich nicht.
    An der linken Wand stand ein ungemachtes Bett.
    Das Liebesnest, dachte Hjelm unwillkürlich.
    Göran Andersson saß gleich links neben der Tür auf einem Stuhl. Er sah genauso aus wie auf den Fotografien und lächelte Hjelm beinahe schüchtern an. In der Hand hielt er Valerij Trepljovs Schalldämpferpistole und zielte damit aus zwei Meter Entfernung auf Hjelms Brustkorb.
    »Schließen Sie die Tür«, sagte er. »Gehen Sie da rüber, und setzen Sie sich aufs Bett.«
    Hjelm tat, was Andersson sagte.
    »Ja, ja, ja«, sagte Andersson, wobei er die ganze Zeit auf Hjelm zielte. »Und zwischen den friedlichen Lauben tummeln sich jetzt die Scharfschützen, nehme ich an?«
    Hjelm antwortete nicht. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Erinnern Sie sich, was ich tun wollte, falls Sie Lena weiter belästigen?« fragte Andersson mit einem schiefen Grinsen. »Ich hab gerade mit ihr gesprochen. Von hier aus. Es ging ihr gar nicht gut.«
    »Das ist ja wohl kaum unsere Schuld«, warf Hjelm vorsichtig ein.
    »Meine Frage war, ob Sie sich erinnern, was ich tun wollte«, sagte Andersson gereizt.
    »Ich erinnere mich.«
    »Und trotzdem kommen Sie hierher?«
    »Sie sind kein Mörder.«
    Göran Andersson lachte laut, aber beherrscht. »Eine merkwürdige Beschreibung eines Mannes, der mit einer Waffe auf Sie zielt, mit der er vorher fünf Menschen getötet hat.«
    »Wachen Sie auf!« sagte Hjelm. »Sie wollen doch auch, dass das Ganze ein Ende hat.«
    »Ach ja?« sagte Andersson ruhig.
    »Ich weiß nicht genau, wann es angefangen hat. Es gibt mehrere mögliche Zeitpunkte. Wissen Sie es?«
    »Nein.«
    »Die ersten beiden Morde waren die perfekten Verbrechen. Nicht die geringste Spur. Dann plötzlich, in Carlbergers Wohnzimmer, als Sie wie üblich die wunderbare Musik hören und mit der Pinzette die Kugeln aus der Wand ziehen wollen, geschieht etwas. Sie lassen eine Kugel stecken. War das der Moment, in dem Sie ins Grübeln gekommen sind?«
    »Reden Sie weiter«, sagte Göran Andersson, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Dann haben Sie eine lange Pause gemacht, die uns zu einer Reihe von Fehlschlüssen verleitet hat. An der Stelle hätten Sie aufhören und zu Ihrer schwangeren Frau zurückkehren können.«
    »Sie glauben doch selbst nicht, was Sie da sagen?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Hjelm. »Wer einmal einen Menschen erschossen hat, wird nie mehr derselbe sein wie vorher. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche. Aber es gibt trotzdem noch eine Möglichkeit für Sie. Wenn Sie jetzt die Waffe auf den Boden legen, können Sie Ihr Kind aufwachsen sehen.«
    »Lassen Sie die Sprüche. Erzählen Sie lieber weiter.«
    »Okay. Es hat eine Weile gedauert, die ersten drei Morde so elegant zu planen. Die Opfer mussten spät nach Hause kommen und allein sein, und die Morde sollten möglichst schnell hintereinander geschehen. Zufällig lagen jeweils zwei Tage zwischen einem und dem nächsten. Danach haben Sie den Rest geplant. Obwohl ich mich frage, ob Sie wirklich so lange für die Planung gebraucht haben, immerhin lagen anderthalb Monate zwischen der Nacht vom zweiten auf den dritten April und der Nacht vom siebzehnten auf den achtzehnten Mai. Was haben Sie in dieser Zeit tatsächlich gemacht? Sind Ihnen Zweifel gekommen?«
    »Ich hab vor allen Dingen zugehört. Wie ich bereits am Telefon sagte. Ich bin in öffentlichen Verkehrsmitteln durch die
    Gegend gefahren, hab mich in U-Bahnen, Busse und Pendelzüge gesetzt, überall, wo Leute waren, die sich unterhielten, hab ich mich danebengesetzt und ihren
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