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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla
Autoren: Philip Kerr
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Polizei, und –»
    «Niemand wird dich verhaften», sagte ich und berührte ihre Wange, um sie zu beruhigen. «Ich schätze, die wollen uns nur kontrollieren. Also, tu, was ich sage, und uns passiert nichts.»
    Ich nahm Gas weg, legte den Leerlauf ein und trat aus dem Ruderhaus. Als mir der grelle Scheinwerfer direkt ins Gesicht leuchtete und das Patrouillenboot mich immer wieder mit einigem Abstand umkreiste, kam ich mir vor wie King Kong auf dem Wolkenkratzer. Ich ging zum sanft schaukelnden Heck, trank noch was und wartete so gelassen wie möglich darauf, dass sie sich die Ehre gaben.
    Nach etwa einer Minute kam ein Offizier in weißer Uniform mit einem Megaphon in der Hand an die Steuerbordseite des Kanonenbootes.
    «Wir suchen nach ein paar Matrosen», sagte er auf Spanisch zu mir. «Sie haben im Hafen vom Caimanera ein Boot gestohlen. Ein Boot wie dieses.»
    Ich warf die Hände in die Luft und schüttelte den Kopf. «Hier sind keine amerikanischen Matrosen.»
    «Dann haben Sie sicher nichts dagegen, wenn wir an Bord kommen und uns ein wenig umsehen?»
    Obwohl ich sehr viel dagegen hatte, versicherte ich dem amerikanischen Offizier, dass ich überhaupt nichts dagegen hatte. Widerspruch wäre ohnehin zwecklos gewesen. Auf dem Vordeck des amerikanischen Bootes stand ein Matrose an einem Maschinengewehr Kaliber .50, ein gutes Argument, den Mund zu halten. Also warf ich ihnen ein Tau zu, hängte ein paar Fender raus und ließ sie längsseits an der
La Guajaba
festmachen. Der Offizier kam mit einem seiner Unteroffiziere an Bord. Über keinen von beiden ließ sich viel mehr sagen, als dass sie schwarze Schuhe trugen und aussahen, wie alle Männer aussehen, wenn man sie eines Großteils ihrer Haare und der Fähigkeit beraubt, eigenständig zu denken. Sie trugen Seitenwaffen und Taschenlampen und rochen schwach nach Pfefferminz und Tabak, als hätten sie sich gerade eben ihrer Kaugummis und Zigaretten entledigt.
    «Sonst noch jemand an Bord?»
    «Eine Freundin ist in der vorderen Kabine», sagte ich. «Sie schläft. Allein. Der letzte amerikanische Seemann, den wir gesehen haben, war Popeye.»
    Der Offizier lächelte gequält und wippte ein wenig auf den Fußballen. «Haben Sie was dagegen, wenn wir uns selbst ein Bild machen?»
    «Ganz und gar nicht. Aber lassen Sie mich erst nachschauen, ob die Dame bekleidet genug ist, um Besucher zu empfangen.»
    Er nickte, und ich ging nach vorne und unter Deck. Die Kajüte roch nach Feuchtigkeit. Es gab ein Klosett, eine kleine Kabine und eine Doppelkoje, in der Melba lag, die Decke bis zum Hals hochgezogen. Darunter trug sie immer noch ihren Bikini, und ich war fest entschlossen, ihr dabei zu helfen, ihn auszuziehen, sobald die Amis weg waren und wir den Anker werfen konnten. Nichts hat eine anregendere Wirkung als Seeluft.
    «Was ist los?», fragte sie ängstlich. «Was wollen die?»
    «Ein paar amerikanische Matrosen haben in Caimanera ein Boot geklaut», erklärte ich. «Die suchen nach ihnen. Ich glaube nicht, dass wir uns ernsthaft Sorgen machen müssen.»
    Sie verdrehte die Augen. «Caimanera. Ja, ich kann mir vorstellen, was sie da gemacht haben, die Schweine. So ziemlich jedes Hotel in Caimanera ist ein Bordell. Die
casas
haben sogar patriotische amerikanische Namen, wie Roosevelt Hotel. Diese Drecksäue.»
    Ich hätte mich vielleicht fragen sollen, woher sie das so genau wusste, aber in diesem Moment schien es mir wichtiger, die Amerikaner schnellstmöglich wieder loszuwerden, statt mich damit zu beschäftigen, wie sie ihre sexuellen Gelüste befriedigten. «Eisenhower nennt das den Dominoeffekt. Es gibt Typen, die brauchen ein Mordstamtam, wenn sie jemand flachlegen wollen.» Ich deutete mit dem Daumen nach hinten zur Kajütentür. «Die sind da draußen. Die wollen bloß nachsehen, ob ihre Männer sich nicht unter der Koje versteckt haben oder so. Ich hab gesagt, sie können reinkommen, sobald ich mich vergewissert habe, dass du salonfähig bist.»
    «Das scheint mir kaum der Fall zu sein.» Sie zuckte die Schultern. «Lass sie trotzdem reinkommen.»
    Ich ging zurück an Deck und bedeutete den Männern mit einem auffordernden Nicken, hinunterzusteigen.
    Sie schlurften durch die Kajütentür und liefen vor Verlegenheit rosa an, als sie Melba im Bett sahen, und wenn ich sie dabei nicht amüsiert beobachtet hätte, dann wäre mir vielleicht entgangen, dass der Unteroffizier sie kurz anstarrte und gleich darauf noch einmal fixierte, aber diesmal nicht aus dem Grund, dass
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