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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla
Autoren: Philip Kerr
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amerikanischer als wir.»
    Hamer runzelte die Stirn. «Meinst du nicht, es wäre besser, wenn Gunther seine Freundin noch ein bisschen mehr aushorcht? Ob Mielke immer am Wochenende kommt? Am Anfang oder am Ende des Monats? Sonst hocken wir unter Umständen wochenlang in der Wohnung, ehe der Bursche auftaucht.»
    Aber Scheuer schüttelte den Kopf. «Nein, es ist besser, wir machen alles wie besprochen. Außerdem finde ich, dass Gunther die Freundschaft zu der Dame schon genug strapaziert hat. Wenn er sie weiter über Mielke ausfragt, fragt sie sich am Ende noch, für wen er sich mehr interessiert. Mielke oder sie. Und ich möchte nicht, dass sie eifersüchtig wird. Eifersüchtige Frauen sind unberechenbar.»
    Er ging ans Fenster, schob die graue Gardine ein Stück beiseite und schaute hinaus auf die Bandelstraße, auf der ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn zum Krankenhaus raste.
    «Da fällt mir ein», sagte Scheuer. Er wandte sich an Frei. «Hast du den Krankenwagen besorgt?»
    «Ja.»
    «Nicht für uns.» Scheuer warf mir einen Blick zu. «Der ist für die Lieferung.»
    «Sie meinen Mielke.»
    «Richtig. Aber von nun an wird der Name nicht mehr erwähnt werden. Nicht, solange er nicht in einem Privatzimmer im US -Army-Hospital in Lichterfelde ist.»
    «Ich vermute, ihr habt schon die Thiopental-Spritze gezückt», sagte ich.
    «Die gibt’s nur, wenn es unbedingt nötig ist.»
    «Wenigstens das Zeug ist nicht rationiert», sagte Frei.
    Hamer lachte. «Jedenfalls nicht für uns.»
    «Übrigens», sagte ich. «Ihr könnt mich ruhig bald mal bezahlen.»
    «Sie kriegen Ihr lausiges Geld schon», sagte Hamer.
    «Die Leier kenn ich.» Ich bedachte Hamer mit einem sarkastischen Lächeln und blickte dann Scheuer an. «Hören Sie, ich möchte lediglich einen Wisch von einem Schweizer Nummernkonto sehen. Ich verlange schließlich nur das, was mir gehört.»
    «Und woher stammt das Geld?», fragte Hamer.
    «Das geht Sie einen feuchten Kehricht an. Aber da Sie so freundlich fragen, Hamer, ich hab’s im Spielkasino gewonnen. In Havanna. Ihr könnt mir die fünfundzwanzigtausend als Prämie zahlen, falls und wenn ihr die Lieferung abholt.»
    «Im Spielkasino. Ja, klar.»
    «Als ich auf Kuba festgenommen wurde, hatte ich als Beweis eine Quittung.»
    «Genau wie die SS , wenn sie Juden ausgeraubt hat», sagte Hamer.
    «Wenn Sie damit andeuten wollen, ich wäre so an mein Geld gekommen, sind Sie auf dem Holzweg, Hamer. Wie immer.»
    «Sie kriegen Ihr Geld», sagte Scheuer. «Keine Sorge. Es ist alles geregelt.»
    Ich nickte, nicht, weil ich ihm glaubte, sondern weil er glauben sollte, dass es mir nur ums Geld ging, obwohl das nicht stimmte. Nicht mehr. Ich suchte den schwarzen Springer in meiner Hosentasche und befühlte ihn. Ich war am Zug, und es war an der Zeit, seine Bewegung auf dem Schachbrett nachzuahmen: ein Feld zur Seite und dann zwei Felder nach vorn. Was blieb mir, umzingelt, wie ich war, auch anderes übrig?

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 39 BERLIN 1954
    Am folgenden Nachmittag packten wir unsere Koffer – ich hatte den kleinsten –, um von der Pension auf der Dreysestraße in die Schulzendorfer Straße zu ziehen. Keiner von uns bedauerte den Auszug. Die Vermieterin hatte mehrere Katzen, die ihr Geschäft nur äußerst ungern draußen verrichteten. Selbst bei geöffneten Fenstern hing im ganzen Haus ein bestialischer Gestank in der Luft. Ein ziemlich gut erhaltener VW -Bus wurde mit uns, unserem Gepäck und unserer Ausrüstung beladen. Scheuer fuhr, ich saß auf dem Beifahrersitz und sagte ihm, wo es langging, Hamer und Frei wurden hinten im Laderaum mit dem ganzen Kram durchgeschüttelt, was sie zu lauten Protesten veranlasste. Mit einigem Abstand folgte uns der Krankenwagen mit der «Leibgarde», wie Scheuer sagte – CIA -Gorillas mit Schusswaffen und Funkgeräten. Laut Scheuers Plan würde der Krankenwagen nahe der Schulzendorfer Straße parken, und die Männer sollten sich bereithalten, um uns bei Erich Mielkes Festnahme behilflich zu sein, wenn es so weit war.
    Ich hatte Scheuer zur Perleberger Straße dirigiert, um über die Fennbrücke den Kanal zu überqueren, doch kurz davor war ein altes Haus eingestürzt, und der Schutt versperrte die Straße. Ehe wir wenden konnten, wurden wir von der Polizei auf die Heidestraße gelotst und waren gezwungen, bis zur Invalidenstraße weiterzufahren.
    «Wir sollten den Kanal besser nicht in der Invalidenstraße überqueren», sagte ich zu Scheuer.
    Die
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