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Mission Spyflight

Mission Spyflight

Titel: Mission Spyflight
Autoren: Ilkka Remes
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erwiderte nichts, sondern suchte im Radio nach einem neuen Sender.
    »Stimmt mit dem Auto was nicht?«, fragte er.
    »Wieso? Das Teil hier ist ein Traum! Das würde ich am liebsten nie mehr hergeben. Wie wär’s, wenn wir den Sommer über den Benz selbst fahren und ihn erst im Herbst verkaufen?«
    Aaro warf einen besorgten Blick auf seinen Freund. Nikos Augen hatten einen leicht glasigen Ausdruck angenommen. Aaro hoffte bloß, dass die fanatische Autoliebe nicht Nikos Fahrkünste beeinträchtigte. Zum Glück war das Verkehrsaufkommen auf der E4 nach Stockholm ziemlich gering, im Vergleich zu den vollen Autobahnen in Deutschland und Dänemark.
    |26| Die schwedische Landschaft war leicht hügelig und schön: große Bauernhöfe, alte weiße Kirchen und grüne Wälder. Um Geld zu sparen, waren sie mit der Fähre von Helsingør nach Helsingborg übergesetzt, denn die Maut für die Brücke über den Öresund wäre teurer gewesen.
    Aaro nahm noch einmal die Autosteuertabelle des finnischen Zolls zur Hand, die er in einem Internetcafé ausgedruckt hatte.
    »Trotz der Steuern müssten wir mit der Karre noch einen Gewinn von zwanzig Prozent machen«, sagte er.
    »Das ist keine Karre«, sagte Niko theatralisch. »Das ist die Fürstin der Autobahn und sie hat ihren Namen nach der bildschönen Tochter des Ingenieurs Benz erhalten. Die hieß nämlich Mercedes   …«
    »Ja, ja, ich glaub’s dir.« Aaro machte sich allmählich Sorgen um Niko. »In der Tabelle hier steht übrigens der durchschnittliche Preis für dieses Modell. Wir haben den Wagen wirklich extrabillig gekriegt, muss man sagen.«
    »Na klar. Sonst würden wir ja keinen so großen Gewinn machen, falls wir ihn weiterverkaufen.«
    »Wir werden ihn verkaufen, Niko. Hat man dir im Aikido nicht beigebracht, dass alles weltliche und irdische Zeug unnütz ist?«
    »Ein Mercedes ist nicht weltlich, sondern himmlisch   …«
    »Hör mal, das wird doch kein Unfallwagen sein, bei dem niedrigen Preis?«, fiel Aaro plötzlich ein. »Vielleicht ist er unter der dünnen Staubschicht neu lackiert?«
    »Ist er nicht«, gab Niko unwillig zurück. »Da kommt |27| eine Tankstelle, wir könnten die Schönheit hier eigentlich mal waschen.«
    Er fuhr vor Jönköping zur Statoil-Tankstelle ab und dort direkt in die Waschanlage. Niko wischte mit einem Fensterleder das Plexiglas der Armaturen blank und predigte: »An dem Wagen stimmt alles, alles ist durchdacht, alles hat seinen Platz   … das ist schon mehr als ein Auto   …«
    Seine Stimme begann wieder zu zittern und Aaro stellte fest, dass Nikos Beziehung zu dem Mercedes allmählich psychotische Züge annahm. Sie mussten den Wagen möglichst bald loswerden.
     
    Kari Sinkko, der Sicherheitschef der Firma
Patria
, versuchte seine Stimme ruhig zu halten. Im großen Konferenzraum des Unternehmens, achtzig Kilometer nördlich der finnischen Stadt Tampere, hatten sich fünf ernste Männer versammelt. Was hier stattfand, war eine der Vorbereitungssitzungen für einen umfassenden Prototyptest. Allerdings war sie durch die Nachricht von dem Diebstahl in Frankreich auf unschöne Weise unterbrochen worden.
    »Weil das Verschwinden der Datei in der Sicherheitsklassifizierung als B2 eingestuft wurde, ist es meine Pflicht, Ihnen davon zu berichten«, schloss Sinkko seine Mitteilung. »Auch die Sicherheitspolizei ist informiert.«
    Der grauhaarige Abteilungsleiter vom Staatlichen Technischen Forschungszentrum VTT, ein Mann namens Teuvo Makkonen, schnippte mit den Fingern und warf mit gespieltem französischem Akzent eine halb spöttische |28| Frage in die Runde: »Die Franzosen aben natürlisch kaine Sischereitskopie gemakt? Aben sie in Fronkraisch vergessen?«
    »Natürlich existiert eine Ersatzdatei«, sagte Sinkko. Das Gerede von Makkonen ging ihm auf die Nerven. Der Mann sollte zusammen mit seinem Expertenteam geheime Feldversuche vorbereiten und nicht mit witzig gemeinten Fragen um sich werfen.
    »Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die geheimen Dokumente unbeschädigt öffnen kann?«, fragte der Entwicklungschef.
    »Verschwindend gering«, sagte der Mathematikexperte in der Runde. »Die Wahrscheinlichkeit liegt bei wenigen Zehntelprozent.«
    Diese Information sorgte für zufriedenes Gemurmel. Alle wussten von dem hohen internationalen Interesse, dem das EAD S-Projekt ausgesetzt war. Und dieses Interesse bedeutete Industriespionage und Aktivitäten von verschiedenen Geheimdiensten. Sinkko reinigte seine Brille mit einem
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