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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt
Autoren: William C. Gordon
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könnte? Keine Ahnung.«
    »Sie wissen doch, dass Schwartz tot ist, oder?«
    »Ich habe es in der Zeitung gelesen, ja.«
    »Er starb nach einer Party in seiner Wohnung. Wussten Sie von
dieser Party, oder kennen Sie jemanden, der daran teilgenommen hat?«
    Mit einem Mal schlich sich unverhohlener Argwohn in den Blick des Barkeepers, und er begann, die Gläser schneller zu polieren. Er war jetzt sichtlich auf der Hut und dachte sehr genau nach, bevor er weitersprach. »Nein. Wie bereits gesagt, kamen Mr. Schwartz und sein Freund nicht mehr her, nachdem der Prediger seine Kirche eröffnet hatte. Das dürfte mittlerweile zwei Jahre her sein. Wer sind Sie eigentlich, ein Cop oder jemand vom Gewerbeaufsichtsamt?« Er hob den Arm und deutete demonstrativ in Richtung Ausgang.
    »Nein, nein, keine Angst. Ich bin nur ein Freund von Dusty Schwartz und möchte herausfinden, wie er tatsächlich ums Leben gekommen ist. Und obwohl er viel in Homosexuellenkreisen verkehrt hat, sträuben sich die Leute – wie auch Sie –, mir etwas über ihn zu erzählen.«
    »Wundert Sie das etwa?«, fragte der Barkeeper ungehalten.
    Die Bar hatte sich inzwischen mit Männern gefüllt, die, jeder für sich allein, an den Tischen saßen und aßen oder einfach an der Bar standen und sich gegenseitig auf eine Art taxierten, wie Samuel das bei Männern noch nie beobachtet hatte. »Es geht mir vor allem darum, die näheren Umstände seines Todes aufzuklären. Und dazu muss ich zunächst einmal herausfinden, wer alles auf dieser Party war, die Dusty Schwartz am Abend seines Todes in seiner Wohnung gegeben hat.«
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihnen bereits alles erzählt, was ich weiß, und selbst das war wahrscheinlich schon mehr, als ich Ihnen hätte sagen sollen. Würde mich nämlich nicht wundern, wenn das Ganze auf mich zurückfällt.«
    »Ich kann Ihre Bedenken gut verstehen. Aber glauben Sie mir, ich will auf keinen Fall, dass deswegen irgendjemand Ärger bekommt. «
    Der Barkeeper bedachte den Reporter mit einem zynischen Grinsen. »Klar, Mister, natürlich nicht.«

    Samuel bedankte sich, legte etwas Trinkgeld auf den Tresen und stand auf, um zu gehen. Inzwischen hatte ein Pianist am Flügel Platz genommen und Jazzstandards zu spielen begonnen. Zwei Männer winkten Samuel aufmunternd zu, er solle ihnen Gesellschaft leisten, aber er flüchtete mit aller Würde, die ihm die Situation gestattete, auf die Montgomery Street hinaus. Der muskelbepackte Türsteher, der den Wink des Barkeepers mitbekommen hatte, beäugte Samuel misstrauisch und spannte zum Zeichen, dass Samuel sein Verständnis ausgereizt hatte, bedrohlich den Bizeps.
    Samuel fragte sich, ob Octavio vielleicht homosexuell gewesen und von Schwartz und seinem geheimnisvollen Begleiter aufgegabelt worden war. Diese Möglichkeit hatte er bisher nur flüchtig in Erwägung gezogen, doch nachdem er inzwischen von Harmonys sexuellen Neigungen wusste, wurde es Zeit, dieser Frage genauer nachzugehen. Um seine Theorie allerdings untermauern zu können, brauchte er Beweise, dass die drei aus denselben Gründen am selben Ort gewesen waren. Er ging noch einmal alles durch, was er bereits wusste, kam aber zu keinem Ergebnis.
    Weil er gerade in der Nähe war, ging er zum Broadway hoch und aß im Vanessi’s zu Abend. Bei dieser Gelegenheit konnte er auch wieder diese herrlichen Schnulzen hören, die der kleine Italiener auf seinem Xylophon spielte.
    Als er nach dem Essen die Grant Avenue hinaufging, kam er am La Pantera Café vorbei, einem bekannten Restaurant, das direkt neben dem Saloon lag. Davor parkte ein weißer Edsel Pacer mit türkisfarbenem Dach. Samuel musste über die monströse Hässlichkeit dieses Autos lächeln, dessen Kühlergrill an nichts anderes als eine Vagina erinnerte. Die Straße weiter hoch kam er an den zahlreichen Beatnik-Kneipen vorbei, in denen es von Touristen wimmelte, die dort Jack Kerouac und Neal Cassady zu begegnen hofften. Von dort setzte Samuel seinen Bummel in Richtung Gino and Carlo’s fort, einem alten North-Beach-Treff,
und betrat schließlich das Anxious Asp, die Lesbenbar, von der ihm der Barkeeper im Vesuvio’s erzählt hatte.
    Es war Freitagabend, und der Laden war voller Frauen, von denen viele wie Männer gekleidet waren. Schon nach kurzem merkte Samuel, dass er der einzige Mann im ganzen Lokal war. Er setzte sich auf einen freien Hocker an der Bar und bestellte bei einer Frau, die keinen BH unter ihrem weißen T-Shirt trug, einen Drink.
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