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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag
Autoren: Winifred Watson
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wüsste ich nicht, dass ich für ihn bloß eine alte Schachtel bin, die er schleunigst aus der Wohnung haben will.«
    Tatsächlich war Nicks Unmut über ihre Anwesenheit förmlich mit Händen zu greifen. Die Eifersucht hatte ihn hergetrieben, in der Erwartung, Miss LaFosse nicht allein vorzufinden, aber eine Miss Pettigrew hatte er nicht erwartet. Die alte Schreckschraube schien den ganzen Tag hier verbringen zu wollen. Miss Pettigrew spürte, was er dachte. Mit einem Mal war sie wieder ein verunsichertes Nervenbündel.
    »Sollte ich nicht lieber gehen?«, dachte sie ängstlich. »Schließlich bin ich einfach hereingeplatzt. Vermutlich hält mich selbst Miss LaFosse für eine lästige Wichtigtuerin und betet im Stillen, dass ich endlich ein Einsehen habe und verschwinde. Wahrscheinlich will sie in Wirklichkeit gar nicht, dass ich bleibe.«
    Vor Verlegenheit wurde ihr ganz heiß, sie begann ein wenig zu zittern. Ihre schöne neue Selbstgewissheit war
wie weggewischt. Sie war wieder Miss Pettigrew, die unzulängliche Gouvernante – nervenschwach, unnütz, hilflos. Sie fingerte an einer Stuhllehne herum und sah zu Miss LaFosse hin.
    Die schenkte ihr ein strahlendes, beruhigendes Lächeln.
    Und mit einem Schlag war Miss Pettigrew gefeit vor Nicks Abneigung, gefeit vor seinem Charme. Sollte er doch den faszinierenden Bösewicht spielen, so viel er wollte. Sie würde ihm nicht auf den Leim gehen. Sollte er doch so grob sein, wie er wollte – und wenn man ihn reizte, konnte er sicherlich sehr grob sein -, an ihr prallten seine Beleidigungen ab. Sie war nun einmal hier und gedachte hierzubleiben. Nur Miss LaFosse durfte ihr die Tür weisen.
    Mit sich und der Welt im Reinen, setzte Miss Pettigrew sich wieder und richtete sich auf einen gemütlichen Tag ein.
    Nick funkelte sie an, was keinerlei Wirkung zeigte, und wandte sich langsam zu Miss LaFosse.
    »Ich dachte, du wärst allein.«
    Sein tödlich kalter Ton ließ Miss LaFosse zusammenfahren.
    »Aber du hast doch ›morgen‹ gesagt«, rechtfertigte sie sich nervös. »Du hast ganz bestimmt ›morgen‹ gesagt.«
    »Ich weiß, aber ich habe die Sache einen Tag früher zum Abschluss gebracht und bin stracks zurückgefahren. Ich dachte, du freust dich, wenn ich eher wieder da bin.«
    »Ach Liebling, das tue ich doch auch.« Miss LaFosse ging mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. »Ich habe dich höllisch vermisst. Ich meinte schon, du kämst nie mehr zurück.«
    »Ein völlig verunglückter Anfang«, dachte Miss Pettigrew sorgenvoll. »Ganz und gar nicht die Eingangsworte, auf die eine Trennung folgen soll.«
    Nick schien beschwichtigt. Er gab Miss LaFosse einen
flüchtigen Kuss, lediglich als Vorgeschmack auf das Kommende, und schenkte ihr einen verständnisvollen Blick. Offensichtlich wollte sie nicht unhöflich zu der alten Spinatwachtel sein, doch ihm selbst waren dergleichen Bedenken fremd. Er schob Miss LaFosse beiseite und baute sich vor Miss Pettigrew auf.
    »Wie war doch gleich der Name?«, fragte er mit aller ihm zu Gebote stehender Impertinenz.
    Miss Pettigrew griff zu der Schutztaktik von Mrs. Jackaman, ihrer viertletzten Stellung. Wie unnachahmlich war diese den Schmähungen ihres abscheulichen Gatten stets mit milder Nichtachtung begegnet, bis er unter gotteslästerlichen Flüchen aus dem Haus gestürmt war und sie ein Weilchen ihre Ruhe hatte.
    »Pettigrew«, sagte Miss Pettigrew hilfsbereit. »Sehr ungewöhnlich, nicht wahr? Mein lieber Vater sagte immer …«
    »So ungewöhnlich, dass es ihm guttun würde, unter die Leute gebracht zu werden«, sagte Nick – ein Wink mit dem Zaunpfahl.
    »Ach!«, seufzte Miss Pettigrew. »Ich gehe nicht viel unter Leute. Ich erinnere mich, dass ich einmal …«
    »Ich war drei Wochen fort«, sagte Nick, nun schon ein wenig hitzig.
    »Ich hoffe doch, Sie hatten einen schönen Urlaub«, sagte Miss Pettigrew liebenswürdig. »Gedenken Sie denn noch weitere Reisen zu unternehmen? Das Wetter ist ja so schrecklich unbeständig.«
    »Ich habe etwas mit Miss LaFosse zu besprechen«, sagte Nick, zunehmend erbost.
    »Etwas, das Sie zu schreiben vergessen hatten? Ach nein, die Post heutzutage ist wahrhaftig ein Skandal. Das Telefon hingegen – was für eine Annehmlichkeit, ich wüsste gar nicht, was wir ohne …«

    »Ich dachte, sie wäre allein«, sagte Nick, mühsam beherrscht.
    »Zwei Seelen, ein Gedanke«, erwiderte Miss Pettigrew fröhlich. »Genau darauf hatte ich auch gehofft. Wie habe ich mich gefreut, Miss LaFosse heute
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