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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag
Autoren: Winifred Watson
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andere Hausfrau auch. Keine ungezogenen kleinen Rangen und keine schreckeinflößenden Mütter mehr. Blumen in Räumen genau so zu arrangieren, wie es ihr vorschwebte. Und es wieder mit dem Kochen zu probieren. Da hatte sie die vierzig erreicht und, seit sie als junges Ding von zu Hause fortgegangen war, nie mehr etwas Ordentliches gekocht! Vorbei war es mit der Einsamkeit. Welch ein wonniger Gedanke! Unfassbar. Wie der Himmel auf Erden. Endlich Ruhe und Frieden.
    Mit einem Mal begann sie zu weinen. Sie senkte den Kopf und ließ den Tränen freien Lauf. Miss LaFosse eilte herbei und nahm sie in den Arm.
    »Ach, Guinevere!«, sagte sie.
    Ein Weilchen später tupfte Miss Pettigrew sich die Augen trocken. Ihre Lider waren ein wenig gerötet und ihre Nase ein wenig rosig angehaucht, aber ihre Augen glänzten, ihr Gesicht leuchtete.
    Sie sah zu Miss LaFosse.
    »Sie wissen haargenau«, sagte sie, »dass Sie mir damit einen Gefallen tun und nicht etwa umgekehrt. Ich bin eine
elendig arme Gouvernante. Ich bin eine elendig schlechte Gouvernante. Ich hasse diese Arbeit. Ich verabscheue sie aus tiefster Seele. Mein Leben lang hat sie mir wie ein Mühlstein auf der Seele gelegen. Ich komme mit Kindern nicht zurecht. Mit jedem Jahr fürchte ich sie mehr. Jeder neue Posten war schlimmer als der vorige. Und schlechter bezahlt. Bei meinem letzten war ich eigentlich nur noch ein Kindermädchen. Ich werde nicht jünger. Bald werden mich nicht einmal mehr die knauserigen Knicker einstellen. Mir wäre nichts geblieben als das Armenhaus, und nun bieten Sie mir ein Heim. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Ich tue mich schwer mit Worten. Aber ich werde mich um Ihr Haus vom Keller bis zum Dachboden kümmern, und Sie werden es nie bereuen.«
    »Na, na, Guinevere, Sie sollen sich doch aber nicht zu viel aufhalsen«, sagte Miss LaFosse mahnend.
    »Ich bestehe darauf«, sagte Miss Pettigrew strahlend.
    »Ich kann nicht zulassen, dass Sie sich völlig aufarbeiten.«
    »Arbeit zu verrichten, die Ihnen Freude macht, ist ein Vergnügen.«
    »Dann werde ich nicht zulassen, dass Sie sich allzu sehr vergnügen.«
    »Bei mir werden die Dinge ordentlich erledigt oder gar nicht.«
    »Die können Sie doch den Stubenmädchen auftragen.«
    »Damit sie blaue Blumen in das grüne Zimmer stellen und die kostbarsten Vasen zerschlagen und die Betten mit klammen Leintüchern beziehen! Aber ganz bestimmt nicht.«
    »Sie können ihnen doch sagen, was sie tun sollen, und wenn sie nicht spuren, müssen sie gehen.«
    »Ich werde persönlich dafür Sorge tragen, dass sie spuren.«

    »Sie sollen sich aber doch nicht verrückt machen und versuchen, überall gleichzeitig zu sein. Davon will ich nichts hören.«
    »Wer führt dieses Haus?«, fragte Miss Pettigrew pikiert. »Sie oder ich?«
    »Sie«, sagte Miss LaFosse unterwürfig.
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
    Unversehens verfinsterte sich Miss Pettigrews Miene. Ängstlich sah sie zu ihrer Gastgeberin hin.
    »Wie steht es mit Michael?«, fragte sie nervös. »Es war seine Idee«, versicherte Miss LaFosse. »Er sagt, Sie sind sein Maskottchen, und er will Sie nicht verlieren. Er sagt, auch wenn er mich nun in Gottes Namen heiratet, will er doch trotzdem ein gemütliches Heim, und als Hausfrau bin ich eine Katastrophe.«
    »Was sind Sie beide doch lieb!«, sagte Miss Pettigrew glückstrahlend. »Er schmeichelt mir. Anfangs werde ich mich sicher nicht ganz leichttun, aber ich will mich von Herzen bemühen. Ich werde es schon lernen. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin aller Sorgen los und ledig. Ich bin ein neuer Mensch.«
    Unvermittelt beugte sie sich zu Miss LaFosse hin und fragte, vor Erregung außer Atem:
    »Mögen Sie mich gern?«
    »Ob ich Sie gern mag?«, wiederholte Miss LaFosse erstaunt. »Natürlich mag ich Sie gern.«
    »Ich meine, wirklich und ehrlich. Nicht bloß aus Höflichkeit, weil Sie meinen, ich hätte Ihnen ein wenig geholfen. Mögen Sie mich wirklich und wahrhaftig gern?«
    »Ich glaube«, sagte Miss LaFosse sanft, »ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Frau lieber gemocht als Sie.«

    »Glauben Sie, ein Mann könnte mich mögen?«
    »Wenn ich in seinem Alter wäre«, sagte Miss LaFosse ernst, »und Sie so vor mir sähe, wäre es im Nu um mich geschehen. Das war übrigens Joe, da vorhin am Telefon. Er kommt morgen Vormittag her.«
    Miss Pettigrew stand auf. Sie wuchs förmlich über sich hinaus. Ihre Augen strahlten.
    »Ich glaube«, sagte sie, »jetzt habe ich zu guter Letzt doch
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