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Miss Meermaid steht zur Wahl

Miss Meermaid steht zur Wahl

Titel: Miss Meermaid steht zur Wahl
Autoren: Carter Brown
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bestand Myers darauf,
mich auf einen ausführlichen Rundgang durch den Park zu führen.
    Als der kirschrote Lincoln mich
vor dem Hotel absetzte, war es gegen halb sechs. Ich machte in der Bar Station
und versenkte mich in Gin und Tonic — und umgekehrt ebenfalls — und als ich
schließlich auf meine Uhr sah, stürmte ich davon. Es war schon nahe an acht,
und ich mußte mich für meine Verabredung mit der sahneblonden Alisha Hope
duschen und umziehen.
    Als ich in mein Zimmer kam,
fand ich Besuch vor. Zwei Burschen, die teure Anzüge trugen, wodurch sie sich
eindeutig aus der Klasse der kleinen Schurken heraushoben, doch der Ausdruck
ihrer Gesichter verriet, daß ungeachtet dessen nicht mit ihnen zu scherzen war.
    Der Bursche, der behaglich in
einem Sessel am Fenster saß, war irgendwo um die Mitte Vierzig, mit einem
glatten, fast faltenlosen Gesicht, das mir mit höflichem Interesse zugewandt
war. Seinem kurzen schwarzen Haar entsprach ein ordentlich gestutzter
Schnurrbart, der ihm in gewisser Weise das Aussehen eines gerade in den
Ruhestand getretenen Militärs gab. Er trug ein sportliches Jackett aus Seide
und eine Hose aus feinem Leinen. Das seidene, am Kragen geschlossene Hemd war
dunkelblau mit einem feinen silbernen Netz überzogen. Die Gesamtwirkung war so
eindrucksvoll wie eine Farbanzeige für einen guten alten Bourbon Whisky.
    Sein Freund stand mitten im
Zimmer und musterte mich mit einem Gesicht, das selbst dann noch finster
gewesen wäre, wenn er sich einem freundschaftlich zugetan gefühlt hätte. Ein
gewichtiger Bursche zweifellos, und nicht sehr viel an ihm war Fett. Über
seinem groben Gesicht trug er einen borstigen grauen Bürstenhaarschnitt, der
das Fehlen seines linken Ohrläppchens betonte.
    »Wenn ich mich geirrt habe und
dies Ihr Zimmer ist«, sagte ich, »was haben dann meine Koffer hier zu suchen?«
    Die elegante Figur stand aus
dem Sessel auf und sah mich leidenschaftslos an.
    »Meermaid hat Sie von New York
hierher geschickt, um als Preisrichter bei ihrem Wettbewerb mitzuwirken«, sagte
er mit einer Stimme, die zu seinem gestutzten Schnurrbart paßte. »Myers
behandelt Sie wie ein großes Tier, darum müssen die Leute in New York eine hohe
Meinung von Ihnen haben.«
    »Und was wollen Sie von mir?
Ein Autogramm?«
    »Wirklich witzig, Boyd«, sagte
der Bursche mit dem fehlenden Ohrläppchen. Er hatte eine Stimme, die zu klein
für seinen großen Körper war, ein dünnes, piepsiges Krächzen, das eigentlich
lächerlich wirken mußte, es aber nicht tat.
    »Wir können sehr schnell zur
Sache kommen, Mr. Boyd«, sagte der andere gelassen. »Das Meermaid-Unternehmen
ist häufig genug aufgefordert worden, diesen Wettbewerb abzusagen, aber es
wollte nicht hören. Wir hofften, Sie würden der Mann sein, der den Leuten sagt,
daß es uns ernst ist.«
    »Das freut mich zu hören«,
antwortete ich. »Meermaid ist immer zu neuen Abschlüssen bereit. Wie viele
Badeanzüge werden Sie in dieser Saison benötigen?«
    »Der geborene Komiker, Hal«,
sagte das dünne Krächzen ausdruckslos. »Du solltest lachen. Unterhaltung für
Touristen.«
    »Ich glaube nicht, daß Mr. Boyd
bereits den Ernst der Lage erfaßt hat, Charles«, sagte die gestutzte Stimme mit
mildem Vorwurf. »Ich muß es ausführlicher erklären.«
    Er trat näher auf mich zu, mit
einem starren Lächeln unter seinem Schnurrbart. »Sie müssen Ihren Auftraggebern
sagen, Mr. Boyd, dies sei endgültig ihre letzte Chance, auf den Wettbewerb zu
verzichten, oder sonst kann — nein, sonst wird ganz bestimmt etwas passieren.
Ich bin sicher, daß Sie ein intelligenter Mensch sind, trotz Ihres
Bürstenhaarschnitts, und wenn wir Sie nur von der Wichtigkeit unserer Nachricht
überzeugen können, können Sie Ihrerseits bestimmt Meermaid überzeugen. Stimmt
das nicht, Charles?«
    »Du hast’s erfaßt, Hal«,
piepste die dünne Stimme. »Wir geben Boyd die Nachricht, und er gibt sie
weiter. Auf diese Weise erfährt jeder, daß wir es ernst meinen.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn
ich nun erfahre, um was es geht?« fragte ich. »Nur einen kleinen Hinweis, etwa
welcher Art die Nachricht sein soll.«
    Ich sah Hal an, den Burschen
mit dem militärischen Aussehen, während ich auf eine Antwort wartete, und das
war mein Fehler. Es war der andere, Charles, der einen Teil der Antwort gab. Er
bewegte sich schneller, als ich es bei einem Kerl seiner Größe für möglich
gehalten hätte, und war hinter mir, ehe ich es ahnte. Er legte mit der Kraft
eines Bären seine
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