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Miss Lily verliert ihr Herz

Miss Lily verliert ihr Herz

Titel: Miss Lily verliert ihr Herz
Autoren: DEB MARLOWE
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er mit diesem Mädchen verwandt ist?“
    „Es wäre immerhin möglich.“
    „Allerdings. Ich hoffe nur, dass du nichts Unvernünftiges tust, wenn er tatsächlich irgendwo auftaucht. Eigentlich bin ich ja ganz froh, dass du dich nicht mehr ständig hinter deinen Büchern verschanzt, sondern dich auch um andere Dinge kümmerst. Aber seit du diese Kugel abbekommen hast, mache ich mir verständlicherweise auch Sorgen um dich.“
    „Unsinn, ich …“
    „Bei Jupiter, Jack, das Leben besteht aus mehr als alten Büchern, die es zu studieren, und Schurken, die es zu fassen gilt! Warum nimmst du nicht wenigstens ab und zu an einem Ball oder einer Soiree teil? Damit würdest du Mama eine große Freude machen. Und wenn dir solche gesellschaftlichen Ereignisse zuwider sind, könntest du Mama wenigstens ab und zu bei ihrer mildtätigen Arbeit unterstützen. Weißt du überhaupt, dass sie sich neuerdings für die Ziele der christlichen Reformbewegung einsetzt? Ich persönlich halte das für eine gute Sache. Es ist an der Zeit, die Gesellschaft zu verändern.“
    „Das sagst du als Politiker“, gab Jack mürrisch zurück. „Aber mich interessiert Politik nicht. Mich interessiert, wo Batiste sich versteckt hält.“ Dann wurde ihm bewusst, dass die Beechams allem Anschein nach zu den christlichen Reformern zählten. Bei den Treffen dieser Gruppe mochte sich eine Möglichkeit bieten, die beiden Damen besser kennenzulernen und so vielleicht sogar diesen Schiffsbauer zu finden. Ja, dachte Jack, ich werde versuchen, Kontakt zu Miss Beecham zu halten.
    Und das hatte gewiss nichts damit zu tun, dass die junge Dame wundervolles rot-goldenes Haar, faszinierende schieferblaue Augen und den schönsten Mund der Welt hatte!

3. KAPITEL

    Lily hatte das Gefühl, ein fremdes Wesen habe von ihrem Körper Besitz ergriffen. Das war natürlich Unsinn. Vermutlich hatte sie sich so lange nachgiebig und angepasst gezeigt, dass sie nun ihr wahres Wesen nicht mehr kannte. Immerhin erinnerte sie sich deutlich daran, wie selbstbewusst, fröhlich und zielstrebig sie gewesen war, solange ihr Papa lebte.
    Die jüngere Vergangenheit und die Gegenwart hingegen erschienen ihr seltsam unwirklich. Gemeinsam mit Lady Dayle stieg sie in Mr. Wilberforce’ Kutsche. Und während der Politiker gleich darauf in eine lebhafte Diskussion mit Lady Dayle vertieft war, dachte Lily über die Frage nach, die Mr. Alden ihr gestellt hatte. Welche Art von Frau war sie?
    Eine Antwort darauf fand sie vorerst nicht. Allerdings gelang es ihr, sich zumindest über ein paar Einzelheiten Klarheit zu verschaffen. Fest stand, dass der Lichtschein auf Jack Aldens Gesicht irgendetwas in ihr ausgelöst hatte. Zweifellos hatte das damit zu tun, dass sie ein wenig abergläubisch war. Die von Vorzeichen und Ähnlichem handelnden Geschichten ihres Kindermädchens hatten einen tiefen Eindruck bei ihr hinterlassen. Sie waren wohl auch dafür verantwortlich, dass sie sich lange Zeit Vorwürfe gemacht hatte, verschiedene warnende Anzeichen für den viel zu frühen Tod ihres Vaters nicht beachtet zu haben. So etwas würde ihr nie wieder passieren, hatte sie sich geschworen.
    Kann ein Lichtstrahl auch eine Warnung darstellen, fragte sie sich nun. Und wies die Vorstellung sogleich entschieden von sich. Dieses Licht konnte nur eines bedeuten: dass ihr Leben sich ändern und dass Mr. Alden dabei eine Rolle spielen würde.
    „Lady Dayle“, begann sie, als eine Pause im Gespräch eintrat, „ich fürchte, Ihr Sohn hat meinetwegen seinen verletzten Arm überanstrengt. Würde Sie ihm bitte ausrichten, wie leid mir das tut.“
    Die Viscountess lächelte. „Liebes Kind, Sie trifft keine Schuld. Jack hätte wissen müssen, dass er diese boshaften Pferde nicht im Griff hat, solange sein Arm nicht wieder völlig hergestellt ist. Vermutlich hat sein Bruder Charles ihn noch darauf hingewiesen. Was natürlich nur bewirkt hat, dass Jack unbedingt mit den Tieren ausfahren wollte.“
    Lily nickte. Ihr Cousin Matthew, der mit ihr zusammen aufgewachsen war, hätte genauso reagiert. „Wie hat Mr. Alden sich die Verletzung zugezogen?“, erkundigte sie sich.
    Lady Dayle runzelte die Stirn. „Haben Sie von dem Vorfall in der Egyptian Hall gehört?“
    „Nein.“
    „Ich glaube“, mischte Mr. Wilberforce sich ein, „es ging um einen Kunstdiebstahl. Eine Gruppe von Verbrechern drang ins Museum ein und wurde überrascht.“
    „Ja, so war es wohl. Einzelheiten kenne ich allerdings auch nicht. Jack will nicht
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