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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Autoren: Ralf Isau
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an der Seite des Monarchen«, sondern auch weniger Angenehmes wie das Wachestehen am Burgtor oder das Ölen von Waffen und Rüstungen. Weil Popi die Strafpredigt nicht widerspruchslos hinnahm, jede Gegenrede von Timmerland aber sofort als Angriff auf die militärische Tradition des Landes aufgefasst wurde, dehnte sich die Standpauke am Ende auf mehr als eine Stunde aus. Erst mit der nicht ganz präzisen Meldung, der König brauche ihn, und zwar jetzt, konnte sich Popi von seinem Vorgesetzten loseisen.
    Entnervt traf er wieder vor dem Saal des Bundes ein und machte die schon erwähnte beunruhigende Entdeckung. Einer der beiden Posten, die an der Tür Wache hielten, grinste unverschämt.
    »Das hat ja gedauert. Habt Ihr ein ganzes Meer gepinkelt? Wäre besser gewesen, Ihr hättet es Euch verkniffen, Herr Popi, denn inzwischen ist Euch der König weggelaufen«, witzelte der andere Soldat in jener Mischung aus Spott und oberflächlicher Ehrerbietung, die sich etliche Kameraden gegenüber dem frisch gebackenen Ritter herausnahmen.
    Popi überhörte geflissentlich die Spitze. »Hat jemand eine Ahnung, wo Seine Majestät hingegangen ist? Es sah doch so aus, als würde der Große Rat noch bis zum Abend tagen.«
    Die Posten zuckten gleichgültig die Achseln, aber der Wortführer deutete mit einer Hand den Flur entlang. »Der König ist kurz nach Euch in Richtung seiner Gemächer davongerauscht, als hätte er den gleichen Druck auf der Blase verspürt wie Ihr vorhin. Wenig später ist ihm die Dame Múria gefolgt. Der Rest des Großen Rates löste sich dann auch bald auf.«
    Der junge Ritter bedankte sich und folgte der Fährte seines Herrn.
    Aus einem übersteigerten Sicherheitsbedürfnis heraus hatte Ergils Oheim das Hauptgebäude der Sooderburg entkernen und darin ein auf mehreren Ebenen angeordnetes Labyrinth einbauen lassen. Die wichtigsten Räumlichkeiten, darunter auch der Thronsaal und die Privatgemächer des Königs, lagen im Zentrum der verwirrenden Anlage. Popi konnte sich daher das ermüdende Hin und Her und Auf und Ab und Vor und Zurück, das selbst die nichtigsten Botengänge in dem steinernen Irrgarten zur Tortur machte, ersparen. Schon nach kurzer Zeit stand er vor der Tür des Königs und klopfte leise dagegen. Er durfte sich dem jungen Monarchen zu jeder Tages- und Nachtzeit nähern. Je nachdem, welche Rolle einer im Hofstaat einnahm, hielt er den Vertrauten des Königs daher für Ergils Adjutanten oder Kammerdiener oder persönlichen Ratgeber. Oder Hofnarren. Popi selbst sah sich als Ergils Freund. Im Augenblick als etwas besorgter Freund.
    Denn aus den Gemächern kam keine Antwort.
    Der persönliche Ratgeber-Kammerdiener-Adjutant klopfte erneut.
    Wieder drang nicht der geringste Laut aus der Zimmerflucht.
    Zaghaft drückte Popi die Klinke herab und öffnete die Tür, gerade weit genug, um den Kopf durch den Spalt zu stecken. Obwohl Popi hierbei einige Vorsicht walten ließ, quietschte das Scharnier ganz vernehmlich, was, wie er wusste, nicht der Hofschlosserei als Nachlässigkeit anzulasten war. Vielmehr erfüllte das Geräusch die Funktion eines Alarms, um Einbrecher, Meuchelmörder und anderen unerwünschten Besuch anzumelden. Umso mehr war der junge Ritter überrascht, ja, er erschrak sogar, als er seinen Herrn in einer durchaus verfänglichen Situation ertappte. Manche Klatschbasen am Hof hätten wohl sogar das Wort »schockierend« nicht als übertrieben empfunden, um den sich Popi bietenden Anblick zu beschreiben.
    Wer nur flüchtig hinsah, mochte tatsächlich an ein Schäferstündchen denken. Auf einer gepolsterten Bank, rechts neben dem Kamin, saßen in trauter Zweisamkeit der König und seine Geschichtsschreiberin. Sie hielten sich bei den Händen und schwiegen hingebungsvoll. Zum Glück gehörte Popi nicht zu den Höflingen, die mit Vorliebe aus derlei Missverständlichkeiten Staatsaffären zimmerten. Die beiden schmachteten sich nicht an, sondern hatten sich in eine gemeinsame Versunkenheit begeben, die Popi wenn schon nicht verständlich, so doch wenigstens vertraut war.
    Wenn Ergil Zeit und Raum durchdrang, bewegte sich nur sein Geist durch den Faltenwurf der Welt. Múria und Nisrah stärkten ihn dabei, jeder auf seine Weise. Vom Nutzen des Weberknechts für den König besaß Popi nur eine vage Vorstellung. Immerhin hatte er mit dem lebenden Netz auf dem Kitora für kurze Zeit eine Zweckgemeinschaft gebildet und am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie es alle seine Sinne schärfte. Trotzdem war
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