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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Autoren: Ralf Isau
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wurde nicht mehr gesehen. Unbestätigten Gerüchten zufolge sei er aufs Schollenmeer hinausgeflohen, aber weil sein Schiff aus grünem Holz gezimmert worden war, sei es nicht dicht gewesen. So ging es unter und mit ihm der reichste Mann des Stromlandes. Einige meinten, die Geschichte habe eine tiefere Moral. Zum einen für die Schiffsbauer, damit sie sich in Geduld üben und für ihre Fahrzeuge gut abgelagertes Holz wählen, vor allem aber für all jene, die sich von Unrast und Gier durchs Leben treiben lassen. Am Ende dieser Hatz steht jeder mit leeren Taschen da.
    Bombo von Bolk jedenfalls – der sich von nun an nur noch Rundar nannte – weinte Hjalgord keine Träne nach. »Er hat meine Familie auf dem Gewissen«, erklärte er dem jungen König Ergil. »Vielleicht habe ja sogar ich ihm mit der Silberginkgo den großen Schreck eingejagt, der ihn ein leckendes Schiff besteigen ließ. Ein schlechtes Gewissen habe ich deshalb jedenfalls nicht. Eher so ein Gefühl von dem, was man landläufig ausgleichende Gerechtigkeit nennt.«
    An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass es bei Isgard zu einer historischen Seeschlacht gekommen war, in deren Verlauf Ostrich einen großen Teil seiner Schiffe verloren hatte. Hunderte von Seeleuten ergaben sich. Anschließend gelang es Bombo alias Rundar, die susanische Flotte durch das Eis vor der elderländischen Küste zu lotsen. Genau wie es Múria ihm vorgeschlagen hatte, verband er sämtliche Segler mit Tauen. Die Silberginkgo behandelte daraufhin die ganze Kolonne wie einen Teil von sich und schloss das Eis erst wieder hinter dem letzten Schiff. So wie eine Herde Elefanten – Rüssel an Schwanz, Rüssel an Schwanz – fuhr die Flotte des Mazars durch eine eisfreie Rinne bis in das Schollenmeer.
    Mit der Vertreibung der Achsenarmee war die Aufgabe der größten Seestreitmacht von Mirad aber noch nicht beendet. Während die Verlierer auf ihren unzuverlässigen Wasserfahrzeugen fluchtartig die Insel verließen, brachten die Schiffe aus Susan die evakuierte Bevölkerung wieder an die Küsten ihrer Dörfer und Städte zurück. Kimor und das Stromland beteiligten sich ebenfalls an dieser Aktion, die auch den Transport von Getreide und anderen Gütern einschloss. Dadurch konnte eine neuerliche Hungersnot in Soodland verhindert werden. Mithilfe der befreundeten Reiche wurde darüber hinaus ein beispielloses, fast zehnjähriges Wiederaufbauwerk in Angriff genommen. Zunächst galt es indes, vor der erwarteten großen Kälte warme Unterkünfte für die Menschen bereitzustellen. Aber der strenge Winter blieb in diesem Jahr aus. Auch das war für manchen ein Wunder.
    Eines, das nach Ansicht vieler diesen Namen wirklich verdiente, trug sich bereits kurz nach dem Einsturz der Sooderburg zu. Ergil und einhundertachtundsechzig Sirilim bildeten rings um die Klippe einen losen Kreis. Sie tauchten ein in die Zwischenwelt, umfassten den Knochenpalast des Alten Volkes wie eine große Torte und brachten ihn ins Hier und Jetzt zurück. So erfüllte sich auf unerwartete Weise der Traum, in dem Ergil und Twikus einst das strahlende Schloss ihrer Vorväter hoch über der Insel erblickt hatten.
    Heute gilt der strahlende Sirilimpalast, der vor Urzeiten aus den Gebeinen von Drachen errichtet worden war, als Weltwunder. Für Ergil bedeutete sein neues Zuhause aber weit mehr. Seine Mutter hatte in Bcthgan einen tückischen Anschlag überlebt. Schon allein deshalb sollte das »Haus des Gartens« zum wichtigsten Gebäude seiner neuen Residenz werden. Es war in so vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil des engen labyrinthischen Palastes, den einst sein Oheim Wikander gebaut hatte. Hier, in den großen Gärten seiner Vorväter, wollte er fortan mit Nishigo leben. In gewisser Weise war diese Entscheidung auch ein Akt der Dankbarkeit.
    Ganz ähnlich empfand er für die Ginkgodame Goldpflaume. Als daher eines Morgens auf dem Knochenturm das neue Banner von Soodland gehisst wurde, nickten viele seiner Gefährten und sagten leise: »Na klar!« Das Wappen zeigte auf elfenbeinernem Grund ein zweilappiges, silbernes Ginkgoblatt. Der Sirilimpalast war zu diesem Zeitpunkt gerade erst ins Hier und Jetzt zurückgekehrt und noch niemand hatte die Alabasterscheibe in der großen Kuppelhalle erblickt. Sie zeigte genau das gleiche Symbol. Schon seit Urzeiten.
    »So verbindet sich auf wundersame Weise die Vergangenheit unseres Volkes mit der Zukunft Mirads«, erklärte Ergil seiner Mutter. Wie der Leser schon bemerkt haben
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