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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Autoren: Ralf Isau
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irisierende Wolke. Im nächsten Moment schwebte sie als schmunzelnde Elvenprinzessin vor seiner Nase. »Geht noch ein paar Schritte weiter. Am besten dort drüben auf die Felsen und schaut aufs Meer hinaus. Dann wisst ihr es.« Sie deutete in die besagte Richtung.
    Ergil ahnte, was geschehen war. Aufgeregt rannte er ein Stück weit aus dem Schatten der Klippe, sprang auf einen glatt geschliffenen Stein und wandte sich nach Nordosten.
    Eine lange Reihe von Segelschiffen hielt auf die Insel zu. Die weiße Perlenkette reichte bis zum Horizont. Ganz vorne, schon mit bloßem Auge deutlich erkennbar, fuhr ein strahlend heller Viermaster.
    »Die Silberginkgo und die ganze susanische Flotte!«, hauchte Ergil.
    Schekira landete auf seiner Schulter. »Dem Feind scheint der Anblick weniger zu gefallen als dir, mein Retter. Die Soldaten fliehen Hals über Kopf. Viele haben einfach ihre Waffen fallen gelassen, um schneller laufen zu können. Hjalgord ist ebenfalls auf und davon. In seinem Schlupfwinkel fand ich nur noch Baron Nartoz vor. Mit einem dünnen Stilett im Arm.«
    »Tot?«
    »Ja. Wie es aussieht, waren die beiden sich uneins darüber, wie man auf die neue Bedrohung reagieren sollte. Da hat Hjalgord den Baron vermutlich vergiftet.«
    »Dann ist die Achse zerbrochen und das Töten hat ein Ende.«
    Jazzar-fajim sprang mit einem eleganten Satz an die Seite seines Urgroßneffen. Er sah mit ernster Miene auf das Schollenmeer hinaus zu den Schiffen, als er sagte: »Du hast nicht vergeblich gekämpft, Ergil.«
    »Keiner von uns hat das getan, Oheim.«
    »Das stimmt. Hätten wir gestern aufgegeben, sähe die Welt heute wohl anders aus. Wie man sieht, lohnt es sich, entschlossen für das Licht einzutreten.«
    Ergil schwieg. Er musste an die schwarzen Tränen denken, die er beim Wiedererwachen seiner Mutter geweint hatte.
    Jazzar-fajim legte ihm den Arm um die Schulter. »Jetzt komm, Neffe! Lass dir die Zukunft nicht von den Schatten der Vergangenheit verdunkeln. Blicke nach vorne.«
    »Die Zukunft?«, murmelte Ergil. Scheinbar bewirkten die Worte seines Oheims genau das Gegenteil, denn er wandte sich um zu der Stelle, wo sich der geheime Eingang zur Klippe befand. Mit einem Mal lächelte er und wiederholte die Worte: »Die Zukunft.«
    Dann sprang er von dem Felsen und rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, zu Nishigo.

 
    EPILOG
     
    Die Chroniken von Mirad, 23. Buch, 37. Kapitel
     
     
     
    Die ersten vier Monate nach dem Ende des Soodlandkrieges waren nach Ansicht vieler eine Zeit voller Wunder. Die Gelehrten streiten darüber, ob es sich dabei um echte Wunder handelte, aber zumindest vertrieben die Geschehnisse im Volk von Soodland jegliche Zweifel an dem jungen König, wie eine frische Brise die dunklen Wolken nach einem Sommergewitter fortweht.
    Allein der Sieg über die vereinigten Armeen der Achse kam so manchem unglaublich vor. Aus abertausenden von tapferen Soldaten beider Parteien waren über Nacht wieder friedliche Bauern, Handwerker und andere ganz normale Menschen geworden, die sich nichts sehnlicher wünschten, als in ihre Heimat zurückzukehren. Ergil ließ sie ziehen. Er wollte das Töten, Verstümmeln und Zerstören um keinen einzigen Tag verlängern. Man hatte seinen Vater Torlund einst den Friedsamen genannt und so wollte auch er in die Geschichte eingehen, als ein Herrscher, dessen Regentschaft für Frieden und Verständigung stand. Wenngleich dem jungen König das besser gelingen sollte, als mancher es ihm zugetraut hatte, ging er doch unter einem anderen Beinamen in die Geschichte ein: »Ergil der Große«.
    Mit solchen Ehrentiteln ausstaffierte Menschen haben sie selten wirklich verdient. Auf Ergil traf das nicht zu. Er hatte nicht nur einen Krieg gewonnen, sondern eine ganze Welt gerettet. Dafür musste er einen hohen Preis bezahlen: Um Magos zu besiegen, hatte er eine Hälfte seines gespiegelten Herzens – seinen Bruder Twikus – hergeben müssen. Das Opfer war nicht vergebens. Es führte zur Einigung des Herzlandes und ein Zeitalter des Friedens begann. Ergil setzte sich unermüdlich dafür ein, die Wunden des Krieges und der Gewaltherrschaft seines Oheims zu heilen. Auch den unterlegenen Reichen enthielt er seine Hilfe nicht vor. Sie wurden zu gleichberechtigten Partnern in einem neuen Bund, über den noch zu sprechen sein wird. Die Verschwörer dagegen waren bald vergessen, nur noch ein dunkles Kapitel in den Chroniken von Mirad.
    Das Schicksal des letzten Achsenherrn ist ungewiss. Hjalgord
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