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0936 - Schattentheater

0936 - Schattentheater

Titel: 0936 - Schattentheater
Autoren: Susanne Picard
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CHAVACH wusste, er würde den anderen finden und ihn dann auslöschen. Daran gab es keinen Zweifel. Doch er wusste auch, der ANDERE war stark, so stark, dass er selbst so viel Kraft tanken musste, wie er nur bekommen konnte. Sich üben. Und Alphonsine Daladier war eine wunderbare Quelle der Kraft gewesen. Immer und immer wieder hatte er sich an ihrer Lebensenergie bedienen können, immer wieder hatte er sie in Besitz genommen. Er hatte ihr gesagt, dass sie mit ihrem Opfer ihm, CHAVACH, half, die große Aufgabe, die vor ihm lag, zu bewältigen. Er würde es schaffen - das bezweifelte er nicht. Er hatte es Alphonsine immer wieder gesagt, wenn sie sich wehrte und ihn wegstoßen wollte. Sie hatte gegen ihn keine Chance gehabt - und es hatte ihm auch auf eine gewisse Weise leidgetan, dass er so gegen ihren Willen handelte, doch da war der höhere Zweck. Dieser Zweck heiligte die Mittel, und so hatte CHAVACH den Willen der jungen Frau immer wieder einschläfern können.
    Doch er hatte nicht die ganze Zeit die Kontrolle über Alphonsine gehabt - denn da war der Geist, der ihn zu sich zog. Ihn betäubte. Ihn zwang, zu schlafen. Wenn er erwachte, dann raste er in der Regel vor Wut - erneut war kostbare Zeit verloren gegangen, wertvolle Zeit verschwendet, die er hätte gut gebrauchen können, um sich weiter auf den großen Kampf vorzubereiten, der ihm bevorstand. ER musste getötet werden. Warum interessierte CHAVACH nicht.
    Wieso sollte es auch? Es war seine Aufgabe, IHN zu töten, ihn aus dem Multiversum zu löschen. Nur deshalb war er geboren worden. Welche Auswirkungen das auf die Welt hatte, was für Folgen das haben konnte, war CHAVACH egal. Er wusste nur, dass viel, wenn nicht gar alles, davon abhing, dass er sie erfüllte. Und so hasste er alles, was sich ihm in den Weg stellte. Am liebsten hätte er diesen Geist, der ihn so willkürlich beherrschte und ihn immer wieder von seiner Aufgabe fernhielt, ausgelöscht, vernichtet, aber das schien nicht möglich. Er wusste nicht einmal, wo er sich befand.
    Vielleicht war ER es. ER musste ahnen, dass CHAVACH hinter ihm her war.
    Wenn das der Fall war, dann wusste CHAVACH, er würde noch viel Nahrung brauchen, mehr Seelen, mehr Energie. Viel Übung und noch mehr Kraft, um seiner Aufgabe gerecht zu werden. Und eine der Quellen war jetzt versiegt - das Model Alphonsine Daladier. Er hatte dank der verfluchten Verbindung mit diesem unbekannten Geist wieder einmal die Kontrolle über die junge Frau abgeben müssen, und in dieser Zeit hatte sie sich von ihm gelöst, indem sie sich selbst getötet hatte. Er wusste, das wäre nicht passiert, wenn er die Kontrolle nicht hätte hergeben müssen. Persönliches Bedauern empfand CHAVACH dabei nicht. Nur, dass er sich jetzt einen anderen suchen musste, um stärker zu werden, um Macht zu gewinnen und sich seiner Aufgabe stellen zu können, das störte ihn. Er brannte darauf, sie zu erfüllen.
    In seiner nächsten Wachperiode machte er sich wieder in der Stadt, in der er sich gerade befand, auf, um eine neue Nahrungsquelle zu finden. Verärgert registrierte er, dass schon allein das an den kostbaren, gesammelten Kräften zehrte. Wie auch die Wut, die er über dieses Hindernis empfand. Er überfiel drei Passanten und nahm ihnen die Lebenskraft, doch sie hatten so wenig von wirklichem Leben in sich, dass sie tot waren, bevor CHAVACH auch nur das Gefühl hatte, etwas zu sich genommen, den Speicher ein bisschen gefüllt zu haben.
    Doch dann hatte er Glück. Dort, an diesem Eisenturm da, stand ein Mann und fotografierte. Wenn er auf solche Dinge geachtet hätte, dann hätte er schon am Benehmen dieses Mannes gesehen, dass dieser ungewöhnliche Lebensenergie besaß. Er fuhrwerkte mit seinem Apparat vor den Mädchen herum, die gut angezogen vor dem über 300 Meter hohen Turm aus Stahlfachwerk herumhüpften.
    CHAVACH spürte die Kraft, die von diesem Mann ausging. Eine große Seele, machtvoll, energiereich. Es durchströmte ihn wie Lava. Ein hervorragendes Opfer. Aber gerade jetzt war die Energie des Wesens auf der Höhe. Er musste es vorsichtig angehen, das wusste er. Dieses Wesen durfte er nicht wieder verlieren. Er materialisierte halb. Er wusste, dass er jetzt von den Geschöpfen dort unten als vager Schatten zu sehen war, doch sie waren so in ihre Aufgabe vertieft, dass sie nicht darauf achten würden. CHAVACH tauchte langsam in das Bewusstsein des Fotografen. Tiefer und immer tiefer, bis er es wahrnehmen konnte, bis er die Energie sehen konnte,
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