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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Autoren: Peter F. Hamilton
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hatte.
    »Yeah, ich schon gar nicht«, sagte er bedächtig und sah sich zwischen den besorgten Gesichtern um. »Ich hätte gewußt, wenn Roy zur Partei gehörte. Nicht wahr?«
    Sie scharrten jetzt mit den Füßen und wichen verzweifelt seinem Blick aus. Die geladene Lynchstimmung erlitt einen Kurzschluß.
    »Und, hat er?« drängte ihn Kellam.
    Greg trat vor. Collister lag leise stöhnend auf dem Fußboden, und frisches Blut rann aus den klaffenden Wunden, die Fosters schwere Schlagringe ihm versetzt hatten. Foster und Sutton wechselten nervöse Blicke und richteten sich hastig auf.
    »Möchtet ihr es wirklich wissen?« fragte Greg.
    »Was, wenn er dabei war?« entgegnete Kellam.
    »Dann könnt ihr die Polizei und die Inquisitoren rufen, und ich sage vor Gericht aus, was ich in seinen Gedanken lesen kann.«
    Kellam zuckte innerlich zusammen, und Flecken von Schuldbewußtsein breiteten sich in seinen Gedankenströmen aus, Panik über Gregs fast beiläufige Erinnerung daran, daß er sich einen Weg in anderer Leute Bewußtsein bahnen und eine Kaskade assoziierter Erinnerungen auslösen konnte.
    »Ja, klare Sache, Greg, das ist okay, was mich angeht.«
    Genuschelte Zustimmung machte rasch die Runde.
    Greg spitzte nachdenklich die Lippen und hockte sich neben Roy Collister. Er konzentrierte die ASW auf das Bewußtsein des Anwalts. Dessen Gedanken waren schmerzbeladen – scharfe Stiche von oberflächlichen Schnitten, massiverer dumpfer Schmerz von den gequetschten, wahrscheinlich angebrochenen Rippen, Übelkeit wie ein heißer Brocken im Bauch, warmer Urin an den Beinen, Entsetzen und dessen Zwillingsbruder, das Wissen, daß er alles sagen und alles tun würde, wenn sie dann nur aufhörten, der bittere Geschmack der äußersten Demütigung. In Gedanken weinte Collister leise vor sich hin.
    Nur noch wenig Rationalität war in ihm übrig; die Schläge hatten ihm außer tierischem Instinkt alles geraubt.
    »Verstehst du mich, Roy?« fragte Greg laut und deutlich.
    Collister rülpste, und Speichel und Blut traten zwischen den zerschlagenen Lippen hervor. Greg entdeckte ein kurzes Aufleuchten von Verstehen zwischen den kläglichen Gedanken.
    »Sie behaupten, du wärst ein Apparatschik gewesen, Roy. Haben Sie recht?«
    Collister zischte etwas Unverständliches.
    »Was hat er gesagt?« wollte Mark Sutton wissen.
    Greg hob eine Hand, brachte ihn zum Schweigen. »Was hast du im PSP-Jahrzehnt gemacht? Versuch nicht zu reden, stell es dir einfach vor. Ich sehe es dann.« Was nicht stimmte, überhaupt nicht. Aber das wußte nur Eleanor.
    Er zählte bis dreißig, versuchte, sich an die diversen Gespräche mit Roy im Finch’s Arms zu erinnern, und richtete sich auf. Der Lynchmob stand mit hängenden Köpfen da, verlegen wie Schuljungen, die man beim Rauchen erwischt hatte. Selbst wenn er behauptete, Collister wäre schuldig, wäre es jetzt nicht mehr zu Gewalttaten gekommen. Wut und Mumm waren aus den Leuten verschwunden, aufgesaugt vom schwarzen Vakuum der Scham. Nur dazu war Greg hergekommen.
    »Roy war kein Apparatschik«, sagte er. »Er hat in einer Anwaltskanzlei gearbeitet und sich mit Verteidigung befaßt. Habt ihr gehört? Verteidigung! Roy hat den armen Schweinen geholfen, die von den Volkspolizisten mit erfundenen Anschuldigungen vor Gericht geschleppt wurden. Deshalb haben ihn eure pißköpfigen Inquisitoren mit dem Staat in Verbindung gebracht, deshalb steht sein Name auf dem Gehaltsstreifen des Rechtsausschusses von Market Harborough. Das Finanzministerium hat ihn für seine Dienste als Rechtsbeistand bezahlt.«
    Die Stille, die darauf folgte, wurde von Clare Collisters qualvollem Jammern unterbrochen. Sie lief hinüber zu ihrem Mann, sank mit bebenden Schultern auf die Knie. Langsam, ungläubig tupfte sie sein zerstörtes Gesicht ab, spürte den Wunden nach; sie brach in unbeherrschtes Schluchzen aus.
    Douglas Kellam war bleich geworden. »Das wußten wir nicht.«
    Greg steigerte die Sekretion der Drüse und stellte sich eine Greifenklaue vor, ausgestattet mit kräftigen, faserigen Muskeln und Sehnen, mit schwarzen und grausam scharfen Krallen. Eidolonik war für ihn extrem anstrengend, wie er schon in seiner Zeit bei Mindstar gelernt hatte: Sein Verstand war nicht dafür geschaffen, weshalb er sich richtig überwinden mußte, damit es funktionierte. Obendrein verabscheute er Dominanznummern. Für Kellam wollte er jedoch dieses eine Mal seine Skrupel außer acht lassen. Er malte sich aus, wie die Krallenspitzen Kellams
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