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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Autoren: Peter F. Hamilton
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diese geringe Hoffnung gerade verflüchtigt hatte. Eleanor zeigte auf ihn, und Corry rannte über das zottelige Gras.
    Greg schaltete den kleinen Bagger aus und stieg aus der Kabine, und seine Gummistiefel quatschten dabei im Matsch. Er war an der letzten Reihe beschäftigt und hatte nur noch zwanzig Schößlinge und Pfosten vor sich, die schon bereitlagen. Wolkenfetzen stürzten am Himmel übereinander. Das andere Ufer der Talsperre glänzte vom Regen der vergangenen Nacht, und in der zunehmenden Tageshitze stiegen die ersten Nebelfetzen auf.
    »Sir, Sir, Dad schickt mich, Sir!« schrie Corry. Der Junge war zwischen zehn und zwölf, das Gesicht rot vor Anstrengung, und Angst und Hochgefühl brannten in seinen Augen. »Bitte, Sir, sie bringen ihn um, Sir!« Er rutschte die letzten zwei Meter, und Greg fing ihn auf.
    »Wen bringen sie um, Corry?«
    Corry schnappte nach Luft. »Mr. Collister, Sir! Alle sind oben an seinem Haus. Sie sagen, er wäre ein Partei-Apache gewesen.«
    »Apparatschik«, korrigierte ihn Greg grimmig.
    »Ja, Sir. Er war es aber nicht, oder?«
    Greg setzte sich in Richtung Haus in Marsch. »Wer weiß?«
    »Ich mag Mr. Collister«, beharrte Corry.
    »Yeah«, sagte Greg. Roy Collister arbeitete als Rechtsanwalt in Oakham, ein unauffälliger, angenehmer Mensch. An den meisten Abenden besuchte er die Dorfkneipe, ein Mann, der über die Arbeit, den Bierpreis und die Inflation meckerte. Greg hatte recht oft ein Bier mit ihm getrunken. »Er ist nett.« Und das ist immer das schlimmste daran, überlegte er. Vier Jahre, nachdem der Sturz der Sozialistischen Volkspartei, der PSP, das Ende von zehn Jahren einer katastrophalen, beinahe-marxistischen Regierung herbeigeführt hatte, fiel es den Menschen immer noch schwer zu vergessen, geschweige denn das Elend und die Angst zu vergeben, die sie erduldet hatten. Der Haß kochte immer noch kräftig im Unterbewußtsein der Nation. Eine Geschichte wie den Fall Collister hatte Greg schon vorher erlebt: die Behauptungen, den anklagenden Finger. Ein Hinweis, ein geflüsterter Verdacht war alles, was es brauchte: Die Schlange der Schuld kam danach nie wieder zur Ruhe, nagte an den Gedanken der Menschen. Selbst die Informanten, die für die Volkspolizei gearbeitet hatten, waren nicht so schlimm gewesen; zumindest hatten sie irgendeine Art von Beweis vorlegen müssen, ehe sie ihr Blutgeld erhielten.
    Eleanor fuhr bereits den kräftigen Ranger der English Motor Company, ein Fahrzeug mit Vierradantrieb, rückwärts aus der Scheune, als Greg den Hof erreichte. Der Ranger war ein grau lackiertes landwirtschaftliches Nutzfahrzeug mit einer gedrungenen, kastenförmigen Karosserie auf hohen, verstärkten Federn; diese Marke war die erste einer neuen Generation, von Event-Horizon-Gigaleiterzellen angetrieben anstatt den altmodischen, hochverdichteten Polymer-Batterien.
    Eleanor musterte Greg mit schmalen Lippen, die alles sagten. Es erforderte eine Menge, sie aufzuregen.
    Sie hatten vor etwas über einem Jahr geheiratet. An dem Tag, an dem Eleanor den Gang der Kirche von Hambleton hinabschritt, war sie einundzwanzig gewesen, siebzehn Jahre jünger als Greg, obwohl das für beide nie ein Thema gewesen war. Ihr Gesicht war herzförmig und geradezu vollgekleckst mit Sommersprossen; eine zierliche Nase und große grüne Augen wurden umrahmt von dichtem roten Haar, das sie aus einer breiten Stirn zurückkämmte. Körperlich entsprach sie ideal allen seinen Vorlieben. Aus einer Jugend in einem von der PSP subventionierten Kibbuz, in dem körperliche Arbeit hochgehalten und verehrt wurde, brachte sie die Art von robuster Figur mit, für die ein Fernsehsternchen gemordet hätte. Eleanor betrachtete es selbst nicht ganz so, obwohl sie inzwischen Gregs anhaltenden Enthusiasmus und seine ständigen Komplimente mit verwirrter Toleranz hinnahm. Sogar jetzt, in ihrem mit Farbe bespritzten blauen Anton, sah sie toll aus.
    Greg stieg auf den Beifahrersitz des Rangers und schloß die Tür. »Ich möchte, daß du zu Fuß zurück ins Dorf gehst«, sagte er zu Corry. »Tust du das für mich?« Er wollte nicht, daß der Junge Zeuge des Lynchmobs wurde, egal wie die Sache ausging.
    »Ja, Sir.«
    »Und mach dir keine Sorgen.«
    »Das tue ich auch nicht, Sir.«
    Eleanor steuerte den Ranger vom Hof auf die Fahrspur und schaltete fachmännisch, während die Reifen auf der tückischen Fläche um Traktion kämpften.
    »Wußtest du das mit Collister?« fragte sie.
    »Nein.« Was komisch war. Nicht einmal
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