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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition)
Autoren: Friedrich Strassegger
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lagen, wurden häufig noch zusätzlich
chiffriert. Getreu dem Motto: Misstraue dir selbst. Zwei Treuhänder in Genf und
Wien hatten die codierten Kontodaten in Verwahrung und würden diese aufgrund
der geänderten politischen Verhältnisse nicht herausrücken. Wer trennt sich von
solchen Unterlagen, wenn er dazu nicht gezwungen ist und dabei auch noch ein
erhebliches Risiko eingeht? Ferner blieb die Frage, wer diese Dokumente
entschlüsseln konnte.
    Mit
diesen Dingen hatte man reichlich einschlägige Erfahrung, selbst wenn mit
Widerstand zu rechnen war. Zwar lauerte in diesem aufregenden Spiel der Feind
überall, selbst in den eigenen Reihen, doch den zu brechen waren Mielkes Büttel
gewohnt. Mit List oder Gewalt, beides war ihr Geschäft. Wenn das Schlagwort vom
blutigen Geld eine Berechtigung hat, dann sicherlich im Zusammenhang mit dem
Nachlass des SED-Vermögens.
    Fiedler
hatte unmittelbar nach dem Mauerfall in aller Eile ein paar Millionen von
Konten des MfS im Westen für die Kriegskasse organisiert - damit hoffte er, den
Kampf um das große Geld finanzieren zu können.
    Er
war überzeugt, dass Schalck-Golodkowski mehr wusste, als alle anderen. Erich
Mielke vielleicht ausgenommen, doch der schwieg eisern zum heimlichen Vermögen.
Das Schweigen war die Rache des einst so gefürchteten Ministers, denn er nahm
nicht zu Unrecht an, dass er sein unbequemes Quartier Opportunisten aus seiner
unmittelbaren Umgebung verdankte.
    Schalck
war einer der wichtigsten Geheimnisträger in Bezug auf das illegale
SED-Vermögen. Aus mehreren Gründen war er keine Hilfe für die Grabräuber.
Erstens, weil der ehrlose Denunziant am 3. Dezember in den Westen abgehauen war
und zweitens, weil er dort in U-Haft gesetzt wurde. Er allein hatte direkten
Zugang zu den Konten der KoKo. Die hatte er vermutlich, wie Fiedler die Konten
des MfS, bereits ausgeräumt und so war es aussichtslos, ihn damit noch unter
Druck zu setzen.
    Dass
von der DDR angestrengte Verfahren gegen Schalck und die begehrte Auslieferung
des Beschuldigten war in seinem Ausgang fraglich. General Fiedler erörterte mit
Oberst Podolsky gerade die Möglichkeiten, Schalck in die Finger zu bekommen,
als die Nachricht: »Dr. Alexander Schalck-Golodkowski von der West-Berliner
Justiz auf freien Fuß gesetzt und bereits in die BRD ausgereist.«, über die Nachrichtenagenturen
hereinkam. Fiedler und Podolsky waren ernüchtert. Sie hätten den
gesinnungslosen Vaterlandsverräter lieber gleich nach seiner Freilassung observiert
und bei erster Gelegenheit in den Ostteil der Stadt verbracht. Ohne langes
juristisches Hick-Hack, frei nach der Methode Mielke. Schalck-Golodkowsky war
mit Sicherheit ein Feigling, allerdings gerissen wie ein Fuchs, und hatte im
Westen die besten Verbindungen.
    Binnen
weniger Wochen war aus der verschworenen Gemeinschaft der Stasi ein zerstrittener,
egoistischer Haufen geworden. Fiedler ließ in der KoKo jeden Wisch archivieren
und auf mögliche Verbindungen zu den geheimen Konten überprüfen - erfolglos.
    Wie
lange sich diese Jagd nach dem Geld hinziehen und wie viel Blut, Schweiß,
Tränen und Geld dabei vergossen würden, davon hatten alle Beteiligten keine
Vorstellung. So verschieden die Ausgangspositionen waren, eines war ihnen
gemeinsam: Das Ziel und die Bereitschaft alles dafür zu unternehmen, Vatermord
eingeschlossen.
    Ein
langes Telefonat mit einem Notar in Genf erweckte leise Hoffnungen bei Fiedler.
Der Notar ließ Kooperationsbereitschaft erkennen, zu einer verbindlichen Zusage
war er jedoch nicht bereit.
    Am
nächsten Tag saß der General in einem Flugzeug nach Zürich, um sich dort mit
dem Juristen zu treffen. Er konnte sich noch sehr gut an den akkuraten Notar
erinnern, der jede Kleinigkeit dreimal abwog, bevor er sich äußerte.

 
    Zürich,
Sommer 1990
    Die
Schweiz hatte Fiedler bereits einige Male besucht, doch so angespannt wie
diesmal war er selbst bei seinem ersten Besuch nicht gewesen. Vom Verhalten des
Mannes, mit dem er sich treffen wollte, hing seine Zukunft ab. In seiner
Aktentasche trug Fiedler einen ansehnlichen Bargeldbetrag mit sich, um jederzeit
in der Lage zu sein, den Notar im Falle des Falles zur Mitarbeit zu ermuntern.
Der Notar aus Genf und Fiedler aus Ost-Berlin hatten sich bereits zweimal getroffen,
aber nie lange miteinander gesprochen. Der General war im Hintergrund
geblieben. Die Mitglieder des Politbüros, Mittag, Schalck und vor allem Mielke,
waren die eigentlichen Klienten des Notariats gewesen. Fiedler hatte
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