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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition)
Autoren: Friedrich Strassegger
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recht.

Berlin, Herbst 1995
    Der
schwer gezeichnete Angeklagte wurde in einem Rollstuhl in den Gerichtssaal
gefahren. Sein Gesicht war von Brandwunden furchtbar entstellt. Die rechte Hand
war ihm amputiert worden, an der linken fehlten drei Finger und die Beine waren
seit dem Unfall in Polen nicht mehr zu gebrauchen. Seine Indolenz war offensichtlich.
In der Anstalt war er im Inquisitenspital untergebracht und bedurfte der ständigen
Hilfe eines Mithäftlings. Er hatte mehrfach versucht diesen zu überreden, ihm
bei einem Suizid behilflich zu sein - doch sein »Adjutant« weigerte sich
standhaft.
    Oberst
Podolsky hatte sich letztlich der irdischen Gerechtigkeit nicht entziehen
können, wenn man auch lange Zeit warten musste, bis der Angeklagte soweit
wiederhergestellt war, dass man das Verfahren gegen ihn eröffnen konnte. Die
Listen mit den entschlüsselten Nummernkonten und eine halbe Million waren auf
einer Landstraße in Polen verbrannt, und er selbst beinahe auch.
    Alles
leugnen half nichts. Schuberts Aussage brach ihm letztlich das Genick. Der, aus
der Haft vorgeführt, belastete Podolsky und den verblichenen Fiedler schwer.
Gerade dass er nicht behauptete, er sei gezwungen worden bei der Aktion
mitzumachen. Das Geld mit Watzke, ja das habe er veranlagt. Aber bei der Entführung
des Notars und seiner Frau, das waren andere, der Ukrainer und seine Helfer.
    Es
war der Oberst, der diesem unwürdigen Schauspiel ein Ende bereitete. Die
Verachtung, mit der er Schubert bedachte war zu spüren. Doch letztlich ersparte
er ihm ein neuerliches Verfahren. Er nahm schlussendlich alle Vorwürfe auf sich
und schob die feuchten Arbeiten auf den toten Ukrainer und so unterblieb eine
Wiederaufnahme seines Verfahrens.
    »Sagen
Sie, Herr Oberst«, der Richter behandelte Podolsky mit ausgesuchter Höflichkeit,
»warum hat man die Frau des Notars nach Nizza gebracht. Das war doch gewiss ein
Risiko und vor allem warum?« Podolsky schüttelte den Kopf und erklärte: »Das
Risiko war gering, sie wurde mit einem Ambulanzfahrzeug transportiert und ein
Krankenpfleger saß bei ihr. Es waren für den Notfall auch Befunde und
dergleichen vorhanden. Das, warum ist, einfach beantwortet … wenn nur die Frau,
wie vorgesehen, gefunden worden wäre und ihr Mann wäre niemals mehr aufgetaucht,
dann hätte ständig der Verdacht in der Luft gelegen, dass der Notar hinter der
Sache steckt. Der Plan war sicher gut, aber es sind Pannen passiert … Das
Überprüfen des PIN-Codes von diesem Ignoranten war sicherlich der Anfang vom
Ende. Doch wer konnte so etwas ahnen!«, versuchte Podolsky das Scheitern seines
genialen Planes zu entschuldigen. Er ließ durchblicken, dass er das
Menschenmögliche getan hatte. Der unschuldigen Opfer gedachte er mit keinem
Wort. Es war Krieg, da floss eben Blut. Er war Militär, aber nicht der Erfinder
des Militarismus. Es kam nicht ein Wort des Bedauerns über seine Lippen.
Vermutlich wusste er auch genau, dass dies sein Schicksal nicht geändert hätte.
Schubert hatte es so eilig aus dem Saal zu kommen, dass er sich bei seinem
Retter nicht einmal mit einem Händedruck bedankte - möglicherweise aber wollte
er sich auch nur die Blamage ersparen, dass der Oberst diese Geste verweigert
hätte.
    Das
lebenslänglich und die Schwere der Schuld nahm Oberst Podolski regungslos zur
Kenntnis und verzichtete auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil. Er starb zwei
Jahre nach seinem Prozess im Zuchthaus Brandenburg.

 
    Epilog
     
    Im
Notariat in Genf trafen zu dieser Zeit die ersten Mitteilungen der Schweizer
Banken ein, weil sich auf den Nummernkonten der SED nichts bewegte und auch
Watzke nie wieder gesichtet wurde.
    Die
Bundesrepublik Deutschland »erbte« so ungefähr eine Milliarde Mark. Das Geld
der Sparbücher in Österreich bekam die BRD. Mit dem Beitritt Österreichs zur EU
fiel auch das beliebte anonyme Sparbuch.
     
    Julia
wurde nach etwas mehr als einem Jahr aus der Haft entlassen. Sie und Hans sind
aus Wolfsthal weggezogen und leben an einem unbekannten Ort. Das Schloss in
Wolfsthal ist herrenlos und verfällt von Jahr zu Jahr.
     
    Thomas
und Eisenstein dienen noch immer dem Wochenspiegel. Eisenstein wiegt nicht mehr
130 Kilo, sondern der Zeiger der Waage neigt sich noch ein bisschen weiter nach
rechts. Er wurde vom Ressortleiter zum Chefredakteur befördert - sein Büro
allerdings behielt er. Thomas hat seinen Job übernommen. Das Verhältnis der beiden
zueinander ist nach wie vor gespannt, aber ungetrübt.
     
    Die
KPÖ
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