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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition)
Autoren: Friedrich Strassegger
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in all den
Jahren vergessen. Der riesige Lackel hatte derweil Mühe, sich in den Bentley zu
zwängen. Ohne auf Verbotszeichen und Taxischilder zu achten, fuhr er den Wagen
unter den wütenden Protesten der Taxler zur Ausfahrt. Es war Hans ins Gesicht
geschrieben, wie sehr er diese Gesellschaft verachtete; den extravaganten
Bentley eingeschlossen. Lieber ging er auf seinen Friedhof, dessen Herrscher er
war.
    Er
stieg aufs Gaspedal und der schwere Wagen beschleunigte lautlos. Nora wurde
sanft in den Sitz gedrückt. Zwanzig Minuten später rollte die Limousine über
einen breiten weiß bekiesten Weg, um dann vor einem geschmiedeten Eingangstor
zu halten. Nora stieg aus. »Morgen habe ich am Friedhof volles Programm. Da hab
ich keine Zeit. Liegt etwas Besonderes an?«
    »Nein,
notfalls kann ich selbst nach Schwechat fahren. Ist wer gestorben?«
    »Ja,
der alte Kaufmann aus Berg, aber ich muss auch die Wege mähen, man kann
teilweise nicht mehr gehen.« Es war sinnlos mit Hans über den Friedhof zu
debattieren, der war sein Lebensinhalt. Manchmal saß er stundenlang auf der
Bank unter der Trauerweide und hing seinen Gedanken nach. Niemand außer ihm wusste,
was sich da in seinem Kopf abspielte. Mit wem er dort in der Abgeschiedenheit
und in Gesellschaft der Toten oft stundenlange stille Zwiesprache hielt. Nora
versuchte niemals, dieses Mysterium zu ergründen. Von klein auf kannte sie
Hans, bereits damals war der Friedhof sein Reich. Wenn Hans nach seinem Beruf
gefragt wurde, gab er, falls er sich überhaupt äußerte, stets zur Antwort:
    »Ich
hege den Garten des Herrn.« Sie mochte ihn wie einen lieben Opa und sie war für
ihn immer noch das kleine schutzbedürftige Mädchen der Nachkriegszeit. Obgleich
sein ein und alles Julia war, und er Nora dies manchmal, wenn auch ungewollt,
spüren ließ.
    Nora
nahm ihr Aktenköfferchen vom Rücksitz, stieg aus und betrat das Schloss,
während Hans den Wagen in die Garage fuhr. In der Küche stand eine Schüssel mit
Salat für sie. Nora stocherte lustlos in den Blättern. Die bevorstehende
Aussprache lag ihr schwer im Magen - und zum anderen konnte sie ihre Gedanken
nicht von IHM lösen. Sie trank Mineralwasser und erinnerte sich nur allzu gerne
...
     
    …
eine weiche Klangwolke lag über dem kleinen Schloss in Wolfsthal. Die Musik
verzauberte die laue Sommernacht in einen Traum von Märchen und Engeln mit
Posaunen. Die Scheinwerfer, die das Innere des Arkadenhofes anstrahlten, waren
nicht grell, sondern warfen nur zartes Licht auf die Bühne, wo ein Pianist
Potpourris zum Besten gab.
    Nur
wenige Wochen zuvor hatten die Vorbereitungen zu diesem Abend begonnen - dank
Nora erst einmal wenig Erfolg versprechend.
    Der
Bürgermeister von Wolfsthal war ein gestandener Bauer, der für die Roten nur
Verachtung, im besten Fall Gleichgültigkeit empfand. Allerdings kannte er keine
Berührungsängste, wenn er sich der linken Brut bedienen konnte - im Übrigen war
der Mann im Grunde umgänglich.
    Als
er seinen Besuch am Telefon ankündigte, war klar, dass er etwas wollte, nicht
für sich persönlich, sondern für die Gemeinde. »Wann passt es dir?«, erkundigte
sich der Bürgermeister, der grundsätzlich jeden seiner Gemeindemitglieder
duzte. Das Anliegen selbst kam dann doch sehr überraschend. Er wollte im
sogenannten Rittersaal des Schlösschens ein Klavierkonzert veranstalten. Schon
der Gedanke, dass dieser biedere Bauer der meist im Blaumann herumlief sich für
Musik interessierte war ungewöhnlich, dass er dafür aber ihr Schlösschen ins
Auge fasste, war die Überraschung schlechthin. Instinktiv lehnte Nora ab, und
der Bürgermeister zog schmollend ab. Hans war anderer Meinung, »endlich fällt
diesem grenzdebilen Banausen etwas Vernünftiges ein und was machst du? Ich kann
das nicht verstehen - letztlich wäre es auch für deine Schwester eine angenehme
Abwechslung … denk nicht immer nur an dich!« Das war deutlich gewesen. Nora
rief den Bürgermeister an und gab nun doch ihr Einverständnis.
    Der
Pianist hatte neben virtuosen Händen, die dem Klavier harmonische Töne
entlockten, auch ein dunkles Timbre in der Stimme, das seinen Gesang zu einem
seltenen Klangerlebnis verhalf. Sibelius, Gershwin, Smetana und der in
Österreich unvermeidliche Mozart kamen zum Vortrag. Nora war überrascht, welch
herrliche Akustik der Arkadenhof ermöglichte. Der Abend wurde ein Erfolg und
der Pianist, Phillip Stankovski, versprach den Anwesenden wieder zu kommen.
Beim anschließenden Buffet stellte
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