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Miles Flint 03 - Die Tödlichen

Miles Flint 03 - Die Tödlichen

Titel: Miles Flint 03 - Die Tödlichen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Ehemann hinübergelehnt und so leise gesprochen, dass Flint den Verdacht hegte, ihre Worte wären allein für den Richter bestimmt. »Mir war nicht klar, dass das für Carolyn so gefährlich werden kann.«
    »Das ist es nicht.« Richter Lahiri sprach in normaler Lautstärke. Er sah seine Frau nicht einmal an. Offensichtlich ließ er ihre Einwände nicht gelten. Stattdessen schaute er zu Flint. »Der Fall meiner Tochter hat mit Aliens nichts zu tun. Sie wurde in einen Krieg verwickelt – einen menschlichen Konflikt –, und dieser Krieg ist vorbei. Die Exilierten wurden begnadigt. Es ist alles erledigt.«
    Flint schüttelte leicht den Kopf. »Kriege sind selten wirklich vorbei, vor allem nicht die unter Menschen. Oft dauern sie mitkurzen Ruhepausen über Jahrhunderte hinweg an. Sie haben mich noch nicht davon überzeugen können, dass Ihr Wunsch, Ihre Tochter zu finden, sie nicht in Gefahr bringen wird.«
    »Sie weiß vielleicht gar nicht, dass sie begnadigt worden ist«, sagte der Richter, ohne auf Flints letzte Bemerkung einzugehen.
    »Wenn sie Teil eines Krieges war und die Dinge sich geändert haben, dann weiß sie das«, entgegnete Flint. »Vielleicht gefällt ihr ihr neues Leben. Vielleicht will sie gar nicht nach Hause kommen. Haben Sie schon einmal daran gedacht?«
    Dr. Lahiri drückte die Schultern durch, als wolle sie sich für das weitere Gespräch mit Flint stählen. Dann drehte sie sich um.
    »Sie weiß nicht, dass sie hier willkommen ist«, sagte Dr. Lahiri. »Das ist das Problem. Sie weiß nicht, dass wir sie gerne wieder bei uns hätten.«
    Ihre graugrünen Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Flint ballte die Fäuste, achtete aber darauf, sie unsichtbar unter dem Schreibtisch zu halten. Er wollte diese Leute nicht wissen lassen, dass er Gefühle hatte; vor allem wollte er nicht darauf angesprochen werden.
    »Als sie nach Etae gegangen ist, war sie noch ein Teenager. Ein dummer, idealistischer Teenager, der geglaubt hat, er könne Menschen retten, die nicht einmal wussten, wie sie sich selbst hätten retten können.« Dr. Lahiri holte kurz Luft, aber weder Flint noch der Richter nutzten die Gelegenheit, um sich zu Wort zu melden. »Vermutlich hat sie das von uns. Galeb und ich, wir glauben daran, Gutes zu tun. Wir glauben, dass ein Mensch etwas verändern kann, und beide handeln wir entsprechend. Carolyn hat das gesehen und auf eine verzerrte Art übernommen. Sie dachte, es wäre das Richtige, auf Seiten der Rebellen auf Etae zu kämpfen.«
    Flint runzelte die Stirn. Er wusste nur sehr wenig über Etae. Der Konflikt auf dieser weit entfernten Welt war für ihn ohne Bedeutung gewesen. Außerdem waren die Vorgänge nur mühsam zu verfolgen gewesen, da sich der Konflikt über Jahrzehnte hingezogen hatte. Alles, was er noch von den Etae’schen Kriegen wusste, war, dass sie blutig und teuer gewesen waren.
    Ihm kam es merkwürdig vor, dass eine junge Frau, die in Armstrong zu Hause gewesen war, freiwillig in einem Krieg gekämpft hatte, der nichts mit dem Mond oder der Erdallianz zu tun hatte.
    »Sie war jung«, sagte Richter Lahiri, »und wenn Jugend auch vor Gericht nicht zur Verteidigung taugt, ist das doch ein Faktor, den wir bei unseren Urteilen bisweilen zu berücksichtigen haben. Sie hatte jahrzehntelang Zeit, über ihre Handlungsweise nachzudenken. Vielleicht bedauert sie, was sie getan hat. Vielleicht möchte sie gern von vorn anfangen.«
    »Oder sie glaubt immer noch an all das, woran sie schon als junges Mädchen geglaubt hat«, wandte Flint ein. »Es hört sich an, als wären Sie nicht gerade in Liebe auseinandergegangen. Warum suchen Sie sie jetzt?«
    Der Richter und die Ärztin sahen einander an, ein Augenblick der stillen Kommunikation, so perfekt, wie auch Flint ihn schon mit seiner Ex-Frau erlebt hatte, ehe seine Tochter gestorben war. Er zwang sich, tief durchzuatmen, und bemühte sich, seine eigenen Erinnerungen aus dieser Sache herauszuhalten. Die Sehnsucht nach Intimität, die er zumeist unterdrückte, durfte nicht ausgerechnet jetzt zum Vorschein kommen. Anderenfalls würde er den Lahiris ihre Beziehung neiden und womöglich nicht imstande sein, die Makel in dieser Beziehung oder ihrer Argumentation zu erkennen.
    »Unser Sohn ist gestorben«, sagte Richter Lahiri leise. »Letztes Jahr. Selbstmord. Wir hatten uns zu sehr voneinander entfremdet. Wir waren nicht die besten Eltern.«
    Flint kniff die Augen zusammen. Seine Faust blieb verborgen, verkrampfte sich aber immer mehr. Der
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