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Mika, Bascha

Mika, Bascha

Titel: Mika, Bascha
Autoren: Die Feigheit der Frauen
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kümmern,
anstatt am Gängelband eines selten vorhandenen Vaters und ungenügenden Mannes
zu hängen, und die sich vielleicht auch noch beim Sorgerecht gegen ihn
durchgesetzt haben? Doch da die Frau als Opfer dem eingängigeren Bild und alten
Klischee entspricht - das von Männern und Frauen gleichermaßen bedient wird -,
kommt diese widerständige Version der Alleinstehenden im üblichen Denkhorizont
selten zum Zuge.
     
    Eine Frau
ohne Mann hat einen menschlichen Makel. Das haben wir verinnerlicht. Um dieser
Stigmatisierung zu entgehen, sind wir zu vielem bereit. Die Sitzengelassene
gehört noch heute zum weiblichen Schreckenskabinett. Das jahrhundertealte
Tanzschulen-Getue um das Mädchen, das niemand auffordert und keiner haben
will, kommt so harmlos daher und ist doch das perfekte Sinnbild einer
hinterhältigen Drohung - die weibliche Disziplinarstrafe par excellence.
Klassenziel nicht erreicht, sechs, setzen! Ist es nicht unsere vorrangige
Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir dieser Schmach entgehen?
    Wie ein
Phantomschmerz zieht sich die Angst vor dem Verlust des Mannes durch unser
Leben. Schwer zu lokalisieren und doch vorhanden. So wie Amputierte oft das
Gefühl haben, die fehlende Gliedmaße sei in einer schmerzhaften oder verdrehten
Position, ist unsere Furcht vor dem Liebstenschwund schmerzhaft verdreht. Uns
treibt die Angst vor der Angst, dass die Wunde aufbricht. So weit dürfen wir es
gar nicht erst kommen lassen.
     
    Der Bruch
    Die
Verlustangst ist ein Leitmotiv, das unsere Lebensentscheidungen untermalt.
Angst ist es, die uns in die freiwillige Unterwerfung treibt. Sie ist schon
da, lange vor der ersten Partnerwahl. Sie redet mit, wenn es um unser Bild von
der weiblichen Rolle geht, in die wir hineinwachsen sollen. Befeuert durch die
idealisierte Liebe, steuert sie unser Verhalten gegenüber dem Mann, den wir
haben wollen. Sie drängt uns, das aufkeimende Ungleichgewicht in einer
Beziehung zu akzeptieren und zu dulden, dass es sich dauerhaft festsetzt. Lässt
uns die männliche Dominanz schlucken und unsere eigene Ohnmacht als Preis
ansehen, den wir zu zahlen haben. Damit wir nicht allein gelassen sind.
     
    Die
unaufhörliche Suche nach Liebe — und die damit einhergehende Angst, sie nicht
zu bekommen oder wieder zu verlieren — kann ein Mittel sein, unsere
Lebensangst zu beschwichtigen. Diese tiefenpsychologische Deutung vertritt
Karen Horney, eine deutsch-amerikanische Analytikerin, die zu den bekanntesten
Frauen ihrer Zunft gehörte und in den USA ein eigenes psychoanalytisches
Institut gründete. Karen Horney hat sich nicht nur ausführlich mit der
Psychologie der Frau beschäftigt, sondern vor allem auch mit dem Phänomen der
Angst.
    Lebensangst,
stellt die Analytikerin fest, ist eine allgemein menschliche Erscheinung. In
ihrer übersteigerten Form wird sie als Hilflosigkeit gegenüber einer
feindlichen und übermächtigen Umwelt erlebt und kann unzählige Formen
annehmen, sich zu äußern. Besonders interessant ist, welche Wege kulturell entwickelt
wurden, um sich vor Lebensangst zu schützen. Als eines der Schutzschilder führt
Karen Horney ein übersteigertes Liebesbedürfnis an. Dessen Motto: Wenn du mich
liebst, wirst du mir nichts Böses antun. Als nächster Schutzschild fungiert die
Unterwürfigkeit. Motto: Wenn ich nachgebe und tue, was man von mir verlangt,
wenn ich mich nicht zur Wehr setze, wird man mir auch nichts antun. 1
    Übersteigertes
Liebesbedürfnis und Unterwürfigkeit — wenn wir sie idealisierte Liebe und
freiwillige Unterwerfung nennen, klingt die Sache merkwürdig vertraut. Beide
sind Teil des Gefühlskanons, ohne den die traditionelle Frauenrolle nicht funktionieren
würde. Beide sollen uns vor der Angst schützen - vor der Lebensangst, die sich
auch als Verlustangst äußern kann. Aus Sicht der klassischen Psychoanalyse,
darauf weist Karen Horney hin, prägt sich die Angst vor Liebesverlust in der
weiblichen Seele besonders stark aus.
     
    An jeder
Schnittstelle unseres Lebens winkt die Verlustangst mit dem weiblichen Muster
der Unterwerfung, die uns vor dem Schmerz schützen soll. Die Verlustangst ist
eine starke Kraft, die uns an den biographischen Sollbruchstellen in die alten
Rollen treibt und herüberzieht. Wenn wir brav sind und uns unterordnen, werden
wir geliebt und nicht verlassen!
    Doch wir
müssen dieser Angst nicht nachgeben. Sie droht ja nur. Auch hier geht es um
eine Mutprobe. Warum bleiben wir nicht stolz und vertrauen darauf, dass wir
liebenswürdig
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