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Mika, Bascha

Mika, Bascha

Titel: Mika, Bascha
Autoren: Die Feigheit der Frauen
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der Unterordnung eingerichtet, läuft alles wie geschmiert.
Zumal, wenn wir es weder vor uns selbst noch nach außen zugeben. Wir
inszenieren ein riesiges Betrugsmanöver und argumentieren in alle Richtungen,
warum wir uns freiwillig einfügen in eine Beziehung aus Dominanz und
Unterwerfung.
     
    Nehmen wir
Jana und Simone. Zwei Frauen aus dem Berliner Bezirk Prenzlauer Berg, mehr
Öko-Chic und Szenecafés als dort geht nicht. Jana ist Mitte dreißig mit zwei,
Simone Mitte vierzig mit drei Kindern. Die eine Journalistin, die andere Anwältin.
Beide leben von ihren Männern getrennt. Einer Reporterin erzählen sie:
    Jana: »Ich
bin total naiv in diese postfeministische Falle getappt. Ich habe auf Karriere
verzichtet, mich mit einem Job fürs Zubrot zufriedengegeben — weil Männer nun
mal nicht stillen können.«
    Simone:
»Und plötzlich bleibt alles an Mutti hängen, nicht nur die Kinder, auch die
wirtschaftliche Versorgung und das, obwohl Mutti vor Jahren zu Gunsten der
Familie aufgehört hat, auf Karriere zu setzen.«
    Jana: »Wie
konnten wir uns selbst nur so täuschen.«
    Simone:
»In Watte gebettete Weicheier sind wir, dass wir das nicht bedacht haben.« 20
     
    Alles
Vernunft, oder? Alles ganz rationale Lösungen, individuell getroffene
Entscheidungen, die wir mit unserem Liebsten partnerschaftlich ausgehandelt und
auf unsere jeweilige Situation zugeschnitten haben. Wo soll denn da das Muster
sein? Was hat denn das mit Rollenverhalten zu tun?
    Wie kommt
es dann nur, dass sich diese individuellen Entscheidungen bei Frauen
wiederholen, als würden sie alle die gleiche Schallplatte auflegen. Dass sich
Frauen in ihren Paarbeziehungen schablonenartig im Kleinen und Großen anpassen
und unterordnen? Als wären sie Aufziehpuppen, bei denen man nur bestimmte
Knöpfe drücken muss.
     
    Die
Analytikerin Eva Jaeggi kennt die Mechanismen der Unterwerfung und weiß, wie
sehr Frauen in einer Liebesbeziehung zur Selbstverleugnung neigen. Aus ihrem
eigenen Leben. Wenn sie heute davon erzählt, ist sie entspannt und kann nur
noch den Kopf schütteln. Sie versteht sich selbst nicht mehr.
    »Ich war
hochschwanger mit meinem ersten Kind und lag auf dem Diwan. Es ging mir gar
nicht gut. Mein Mann war auch im Zimmer und sagte: >Ich hätte gern eine
Banane.< Das hieß, ich musste aufstehen, denn das Obst stand in der Küche.
Und was machte ich? Statt ihm zu sagen, er solle sich seine Banane gefälligst
selbst holen, rappelte ich mich mühsam auf, watschelte mit meinen geschwollenen
Beinen und mit dickem Bauch in die Küche und brachte sie ihm. Eigentlich
komisch, dachte ich damals, und hab noch darüber gelacht — so gefangen war
ich. Ich hab mir viele Dinge nicht klargemacht. Und dabei hat mein Mann immer
gesagt - vor allem öffentlich -, wie wichtig es ihm sei, dass eine Frau
selbstständig ist und ein eigenständiges Leben hat. Ich hätte natürlich vorher
wissen können, dass er keineswegs partnerschaftlich leben will.« 21
    Eva Jaeggi
hat das Muster irgendwann begriffen, manche Frauen kapieren es nie. Sie leugnen
und verdrängen, vor allem, wenn sie ein modernes Selbstbild haben. Dann ist es
nicht einfach, zu sagen: Okay, ich finde es klasse, dass mein Mann bestimmt
und ich folge. Unterwürfigkeit passt nicht ins Bild.
     
    »Da sitzen
Frauen vor mir«, erregt sich Anwältin Peschel-Gutzeit, »und zwar durchaus auch
junge Frauen, denen ich klarmachen muss, dass sie nicht nur die gleichen
Rechte haben wie ihr Mann, sondern sogar die verdammte Pflicht, sie wahrzunehmen.
Ein Kind zum Beispiel hat ein Recht darauf, dass beide Eltern entscheiden, was
mit ihm geschieht. Und manche Frauen lassen alles ihren Mann unterschreiben und
hoffen, damit hat es sich für sie erledigt. Sie sind richtig verblüfft, wenn
das nicht reicht. Das könnten sie jetzt gar nicht verstehen, sagen sie dann.« 22
    Der
Selbstbetrug hat viele Facetten, und seine Auswirkungen reichen weit über das
Private hinaus. Der Betrug lässt Frauen die Illusion, dass sie sich behaupten:
So müssen sie sich nicht der Verantwortung für ein eigenständiges Leben
stellen. Der Betrug leugnet die Rollenfallen: So lässt sich jede Entscheidung
als individuell und damit als angemessen erklären.
    Doch was
auf der persönlichen Ebene als Rollenmuster negiert wird, kann in seiner
kollektiven Dimension nicht erkannt und hinterfragt werden. So hilft die
permanente Anpassung an die Weiblichkeitsrolle im Privaten, die Verhältnisse im
Politischen zu stabilisieren und zu erhalten.
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