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Mika, Bascha

Mika, Bascha

Titel: Mika, Bascha
Autoren: Die Feigheit der Frauen
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ihre
Hochzeits-Website eingerichtet. Alles muss stimmen: Vom Kleid bis zum
Brautstrauß, von der alten Kirche für die Trauung bis zum kleinen Palais für
das Fest. Zwar wird sich das Paar verschulden, aber Glück hat eben seinen
Preis. Es muss unglaublich romantisch werden, alle sollen sie beneiden, sollen
sehen, wie wahnsinnig verliebt sie ist. Nach dem Kleid fahndete Nicole
verzweifelte vier Monate. Allein das Motiv für die Hochzeitstorte auszusuchen,
kostete sie zwei Tage. Herz oder Kleeblatt? Ist sie nicht irrsinnig glücklich?
     
    Nicole ist
jung und hat ihren ersten Mann. Kein Wunder, dass sie überdreht und aus ihrer
Liebe und Heirat alles an Gefühl rausquetscht, was das Ereignis hergibt.
Stimmt, so könnte man diese Geschichte verstehen. Aber gerade hier, bei einer
so jungen Frau, zeigt sich, wie stark das Muster wirkt, dem auch ältere
erliegen. Wie Nicole stürzen sich Frauen mit einer hysterischen Begeisterung auf
ihre Beziehung, täglich und tausendfach, als gäbe es nichts anderes im Leben.
    »Das
Konzept vieler Frauen gegen die Bedrohung der Globalisierung ist die
Liebesbeziehung«, stellt die Berliner Therapeutin Rosemarie Leinemann fest,
die versucht, weibliches Verhalten auch unter gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen zu verstehen. Es gehe um »das kleine Nest inmitten der bösen
großen Welt. Das ist erstaunlicherweise auch den jungen ganz wichtig«. Sie
beobachtet, »dass es sehr viele Frauen gibt, die sich ohne Mann unvollständig
fühlen. Natürlich wissen sie, dass die Scheidungsraten hoch sind, aber sie
gehen immer davon aus: Mir passiert das nicht. Und dann romantisieren und
idealisieren sie die Beziehung. Deshalb sind sie bereit, vieles von sich
aufzugeben, wenn sie glauben, den Richtigen gefunden zu haben« 13 .
    Wer die
Paarbeziehung verklärt, wird alles daransetzen, sie zu erhalten. Zu vieles geht
sonst zu Bruch. Frauen reden von Hingabe und meinen eigentlich den Wunsch, sich
in der Zweisamkeit aufzulösen wie ein nasses Brötchen. Ihr nach außen
getragenes Selbstbewusstsein ist häufig nur eine Farce: eine hübsche
zeitgeistige Tünche auf einem zur Ergebenheit bereiten Klein-Mädchen-Gemüt.
Diesen Frauen geht es nicht um die eigene Stärke, es geht ihnen um die starke Schulter.
Zum Anlehnen.
     
    Männer
haben das Entscheidungsrecht, Frauen die Folgepflicht. Dieses Gesetz galt in
der Bundesrepublik bis 1977. Es verlangte von Frauen, sich ihrem Mann
unterzuordnen. Zwischen damals und heute liegen über dreißig Jahre, in denen
sich die deutsche Gesellschaft stark verändert hat. Gefühlt sind es mindestens
hundertfünfzig Jahre. Doch sieht man sich an, was eine Liebesbeziehung oder die
Sehnsucht danach mit Frauen macht, darf man getrost bezweifeln, dass sie die
Veränderung begriffen haben. Dass sie wissen, dass sie selbstbestimmt und frei
sind - eigentlich. Früher brauchte es immerhin noch Gesetze, um Frauen in
Unterordnung zu halten - heute begeben sie sich von selbst hinein.
    »Es ist
schon erstaunlich, was Frauen alles in Männer hineinprojizieren«, stellt Eva
Jaeggi fest. »Und was sie bereit sind, für den Mann zu tun und aufzugeben.
Seine Bedürfnisse stehen für sie ganz klar im Vordergrund. Und plötzlich
finden auch eigentlich starke Frauen nichts mehr dabei, sich nach ihm zu richten,
nach seiner Karriere, nach dem, was ihm wichtig ist. Sie sind wie verwandelt.« 14
    Wir alle
sind von der Sehnsucht nach dem überlegenen Mann infiziert. Der Wunsch, »sich
fallen zu lassen«, ist ein verräterisches Indiz, das sich nicht nur bei Anne, Katja,
Beate und Linda findet. Zu oft hoffen wir heimlich auf den, der für uns denkt
und handelt. Der so stark ist, dass es uns leicht fällt, schwach zu werden. Der
uns nicht so sehr braucht, wie wir ihn brauchen. Warum an sich selber
festhalten, wenn man sich ergeben kann? Das ist ja so viel einfacher.
    Es ist
eine Entscheidung zwischen Selbstbehauptung und Vermausung. Ein Konflikt
zwischen unserer Außen- und unserer Innenwelt: Nach außen tragen wir unsere
Selbstbestimmung vor uns her, nach innen betreiben wir unsere Selbstaufgabe.
Als hätten wir alle den berühmten Satz aus dem Filmklassiker Casablanca gefressen, in dem die verzweifelte Ilsa Lund ihrem
geliebten Rick zuflüstert: »Du musst jetzt für uns beide denken.«
    Von da ist
es nur noch ein kleiner Schritt bis zur freiwilligen Unterwerfung unter den
Willen des anderen.
     
    Die Fesseln der Liebe
    Die New
Yorker Psychoanalytikerin Jessica Benjamin hat dem Phänomen der
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