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Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)

Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)

Titel: Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)
Autoren: Arnold Retzer
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politisches Buch gelesen werden.
    Niemand kann aber auch davon abgehalten werden, es als Ratgeberbuch zu lesen – auch wenn dies nicht die Absicht des Autors ist. Aber Absicht und Wirkung eines Buches müssen nicht notwendig zusammenfallen.

Was Helden wollen
    Was macht aber eigentlich den Helden aus? Was macht ihn so anziehend?
    Den Helden unterscheidet das nicht Alltägliche und das Ungewöhnliche vom Normalverbraucher, vom unheroischen anderen. Der Held will sich nicht nur besondere Aufmerksamkeit sichern, sondern auch ein besonderes Bild vor den Augen der anderen entstehen lassen: ein Image. Das Image des Hoffnungsträgers, des Motivators, des Vorbildes und der Opferbereitschaft für eine höhere Sache.
    Der Held verfügt aber nicht nur über ein besonderes Image, sondern hat auch einen außergewöhnlichen Lebensstil und macht ungewöhnliche Erfahrungen. Der Held stellt sich ohne zu zögern der Gefahr, dem Schwierigen und dem Riskanten, ja sogar dem Unmöglichen. Er lässt sich nicht ablenken, weder durch abwägendes Bedenken, noch durch nachdenkliche Rationalität. Er besitzt stattdessen eine besondere Handlungskompetenz. Er erscheint instinktgesteuert. Er handelt wortkarg, bisweilen stumm. Er handelt ohne Zögern und Zaudern, selbst im Augenblick sicheren Scheiterns. Oft genug begegnet er dem Tod und der ultimativen Niederlage, um beides heroisch zu überwinden. [7]   Der Held negiert die Aussichtslosigkeit seines Tuns und vergisst dabei sich selbst. Selbstüberwindung ist sein Markenzeichen.
    Zwiespältige oder gemischte Gefühlslagen wie Zweifel, Verzweiflung, Mitleid, Reue, vage Schuldgefühle und Angst sind ihm fremd. Das sichert ihm sein Alleinstellungsmerkmal. Er legt allgemein menschliche Eigenschaften ab, auch wenn er es nicht schafft, dafür göttliche Eigenschaften einzutauschen. Denn er wird bestenfalls zum Halbgott, d.h. er bleibt sterblich, seine menschlichen Reste gefährden ihn. Die Achillesferse und die durch das Lindenblatt verletzliche Stelle zwischen den Schultern Siegfrieds bleiben. Auch der Held entgeht der Verletzlichkeit und Gefährdung nicht. Er ist sogar besonders gefährdet, weil er von der menschlichen Angst, dem unheroischen Zweifel und dem Zaudern, die ihn schützen könnten, als Held natürlich keinen Gebrauch machen darf.
    Die Geschichte von Achill zeigt uns den romantischen Helden. Der tragische Held stirbt.
    Die Bereitschaft, sein Leben zu opfern, ist dem Helden Beweis seiner heroischen Freiheit – Freiheit oder Tod bzw. Tod als Freiheit. Viva la muerte! [8]  
    Was der Held aber am meisten verabscheut, ist die Resignation. Das Aufgeben. Darin lägen nicht nur Feigheit und die Preisgabe seiner Freiheit, sondern auch die Zerstörung seines Heldentums. Seit der Antike läuft es daher konsequent auf das blutige Ende hinaus, wenn heroische Halbgötter und menschliche Wirklichkeiten aufeinandertreffen.

Berghelden
    Am Sonntag, dem 14. Juli 2008 um 9.00 Uhr, starten im österreichischen Ehrwald 550 Freizeitsportler zum Extrem-Berglauf auf der Zugspitze. Der Veranstalter verspricht: Gerade aufgrund dieser unvergleichlichen Besonderheit des Laufes in einer traumhaften Bergwelt wird jeder, der eines der Ziele erreicht, ein Sieger sein! Die Distanz des Berglaufs auf den höchsten Gipfel der Nation beträgt 16,1 Kilometer bei 2100 Meter Höhenunterschied. Der Streckenrekord liegt bei zwei Stunden und drei Minuten. Der Normalbergsteiger braucht für diese Strecke etwa neun Stunden.
    Für die meisten der Läufer wird dieser Tag in der traumhaften Bergwelt zum Albtraum. Für sie werden die Anstrengungen zu groß. Sie brechen erschöpft zusammen. Streckenposten sprechen unterkühlte und erschöpfte Läufer an und versuchen sie zum Abbruch zu überreden, meist ohne Erfolg. Die Läufer befinden sich wie im Rausch. Sie haben nur das Ziel vor Augen und sehen sonst nichts mehr. Am Ende müssen Bergwacht und Rotes Kreuz die unterkühlten Gipfelstürmer von der Strecke auflesen und zu Rettungsstationen schleppen. Dreißig Läufer werden in Alu-Decken verpackt in Krankenhäuser transportiert. Sechs Läufer kommen mit schweren Unterkühlungen auf die Intensivstation des Krankenhauses Garmisch-Partenkirchen, ihre Körpertemperatur liegt bereits bei unter 32 Grad Celsius. Knapp unter dem Gipfel in 2051 Metern Höhe werden zwei Läufer vergeblich reanimiert. Sie sterben an Erschöpfung und Unterkühlung auf der Rennstrecke. Eine Läuferin, selbst Notärztin, hält so lange durch, bis sie
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