Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Michel muss mehr Männchen machen

Michel muss mehr Männchen machen

Titel: Michel muss mehr Männchen machen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
Michel sich richtig ausgerechnet. Er und Alfred und Klein-Ida lauerten hinter einem Holzstapel und sahen die Maduskan herauskommen, in ihr dickstes Umschlagtuch gehüllt und mit dem Bettelsack unter dem Arm: Jetzt wollte sie nach Skorphult. Aber – kann man sich so eine Hexe vorstellen? – sie schloss die Tür ab und steckte den Schlüssel ein! Das hatte sie sich fein ausgedacht! Nun waren die armen Wesen eingesperrt wie in einem Gefängnis. Und das war der Maduskan wohl nur recht. Jetzt sollte Stolle-Jocke nur 
     

     
    versuchen wieder auszureißen, er würde schon sehen, wer hier die Macht hatte und mit wem nicht zu spaßen war!Und so schnell ihre dicken Beine sie trugen, trabte die Maduskan davon nach Skorphult.
    Michel ging hin und rüttelte an der Tür und merkte, wie gründlich abgeschlossen sie war. Das taten auch Alfred und Klein-Ida – ja, sie war abgeschlossen, da gab es nichts zu rütteln.
    Hinter den Fenstern drängten sich alle Armenhäusler und starrten erschrocken auf die drei, die draußen standen und hineinwollten. Michel aber rief: »Ihr sollt zum Festessen nach Katthult kommen! Wenn wir euch bloß rausholen könnten!« Im Armenhaus begann es zu summen wie in einem Bienenkorb. Das war einzigartig und wunderbar, zugleich aber war es ein Elend zum Verzweifeln, denn sie waren eingeschlossen und wussten sich keinen Rat, wie sie herauskommen sollten.
    Nun sagst du vielleicht: Warum öffneten sie nicht ein Fenster und kletterten hinaus, das konnte doch nicht schwer sein? Man merkt, du hast nie etwas von Innenfenstern gehört. Im Winter konnte man im Armenhaus kein einziges Fenster öffnen – der Innenfenster wegen. Die waren ordentlich festgenagelt und an den Rahmen außerdem mit Papierstreifen verklebt, damit kein Wind durch die Ritzen pfeifen konnte. Aber wie lüftete man dann, fragst du vielleicht? Liebes Kind, wie kannst du so dumm fragen! Wer hat denn gesagt, dass man im Armenhaus lüftete? An solchen Verrücktheiten war niemand interessiert, denn keiner begehrte mehr frische Luft als das bisschen, das durch den Rauchfang oder durch Ritzen in undichten Wänden oder Fußbodendielen eindrang.
    Nein, durch die Fenster konnten die Ärmsten nicht heraus! Ein Fenster, das man öffnen konnte, gab es allerdings, aber das war oben bei der Maduskan im Bodenzimmer und kein noch so hungriger Armenhäusler machte einen Sprung aus vier Meter Höhe, um zu einem Festessen zu kommen – das wäre ein Sprung geradewegs ins Himmelreich, das war ja klar.
    Doch Michel gab wegen solcher Kleinigkeiten nicht auf. Er fand tatsächlich eine Leiter unter dem Holzschuppen versteckt und die stellte er an das Fenster des Bodenzimmers, das Unken-Ulla schon freudig geöffnet hatte. Alfred kletterte die Leiter hinauf. Er war groß und stark und konnte kleine schmächtige Armenhäusler tragen wie nichts. Zwar schrien sie ach und oh und jammerten, aber herunter kamen sie alle.
    Nur Salia Amalia nicht. Sie traute sich nicht und wollte nicht. Die Vibergsche versprach aber, ihr so viel vom Festessen mitzubringen, wie sie nur tragen konnte, und damit war Salia Amalia zufrieden.
    Wenn nun jemand an diesem Weihnachtstag, gerade als es anfing zu dämmern, den Katthult-Weg entlanggefahren wäre, er hätte sicher geglaubt, eine Reihe grauer Spukgestalten zu sehen, die sich dort hinkend und keuchend den Hügel hinauf nach Katthult bewegten. Sie sahen aber auch wirklich gespenstisch aus in ihren Lumpen, diese armen Alten, aber fröhlich wie Lerchen und munter wie Kinder waren sie. Ach, ach, ach. Es war ja schon so lange her, dass sie auf einem Weihnachtsschmaus gewesen waren! Sie freuten sich, wenn sie an die Maduskan dachten, die bald zurückkommen und ein leeres Armenhaus vorfinden würde, in dem nur ein einziges kümmerliches Wesen war: Salia Amalia.
    »Hihi, das geschieht ihr recht«, sagte Johann-EinÖre, »hihi, da steht sie dann ohne uns! Soll sie doch merken, wie das ist!«
    Darüber lachten alle zufrieden. Als sie aber nachher in die weihnachtliche Küche von Katthult kamen und Michel fünf große Kerzen anzündete, deren Schein sich in den frisch gescheuerten Kupferkesseln an den Wänden spiegelte, sodass alles schimmerte und glänzte, da waren sie zuerst ganz still und Stolle-Jocke glaubte, er sei schon im Himmel.
    »Seht, da sind Lichter und Seligkeiten ohne Grenzen …«, sagte er und weinte, denn weinen, das tat Stolle-Jocke immer, ganz gleich, ob er nun glücklich war oder traurig.
    Aber da sagte Michel: »Jetzt wird hier
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher