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Michel muss mehr Männchen machen

Michel muss mehr Männchen machen

Titel: Michel muss mehr Männchen machen
Autoren: Astrid Lindgren
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anderswo, aber trotzdem war es schrecklich genug dort zu landen, wenn man alt geworden war und sich nicht mehr selbst helfen konnte.
    »Armer Großvater«, pflegte Alfred zu sagen, »schöne Tage hat er nicht. Es ginge ja noch, wenn dort nur nicht die herrschsüchtige, zänkische Maduskan kommandieren würde.«
    Dieser Drache von Weib hatte im Armenhaus zu bestimmen. Sicher, sie war auch nur eine Armenhäuslerin, aber sie war die größte und stärkste und boshafteste, und deshalb war sie es, die dort kommandierte, was niemals geschehen wäre, wenn Michel es geschafft hätte, schneller zu wachsen und Gemeinderatspräsident zu werden. Aber jetzt war er leider noch ein kleiner Junge und konnte gegen diese Maduskan nichts ausrichten. Alfreds Großvater hatte Angst vor ihr und Angst vor ihr hatten auch die anderen im Armenhaus.
    »Seht, sie geht wie ein reißender Löwe durch die Schafherde«, sagte Stolle-Jocke immer. Er war etwas wunderlich, der Jocke, und sprach, als lese er aus der Bibel vor, aber er war gutmütig und Alfred mochte seinen alten Großvater sehr.
    Sie, die im Armenhaus lebten, konnten sich fast nie richtig satt essen, und das war eine Not, fand Michels Mama.
    »Die Ärmsten, sie müssen doch auch was haben, wenn Weihnachten ist«, sagte sie. Und deshalb sah man 
     
         
     

     
    einige Tage vor Weihnachten Michel und Ida mit einem großen Korb zwischen sich den verschneiten Weg hinauf zum Armenhaus wandern. In den Korb hatte Michels Mama allerlei gute Sachen gepackt. Da gab es Kostproben von allen Würsten und von der Fleischsülze und dem Schinken und Klößen und Weißbrot und Pfefferkuchen und Safranstollen und Kerzen und auch eine kleine Dose mit Schnupftabak für Stolle-Jocke.
    Nur jemand, der selbst lange hat hungern müssen, kann sich vorstellen, wie froh sie im Armenhaus waren, als Michel und Ida zu ihnen kamen. Am liebsten hätten sie alle sofort angefangen zu essen: Stolle-Jocke und Kalle-Karo und Johann-Ein-Öre und Trödel-Niklas und Lumpen-Fia und Unken-Ulla,
     

     
    und die Vibergsche und Salia Amalia und wie sie alle hießen. Aber die Maduskan bestimmte:
    »Nicht vor Heiligabend – damit ihr’s wisst!« Und dagegen wagte keiner etwas zu sagen.
    Michel und Ida gingen nach Hause und dann wurde es Heiligabend. Es war schön in Katthult an diesem Tag und am Tag danach auch. Da fuhren sie alle zur Christmette in die Kirche von Lönneberga und Michel war richtig glücklich, wie er so im Korbschlitten dahinfuhr, denn Markus und Lukas liefen, dass der Schnee um ihre Hufe wirbelte und sie alle anderen Schlitten weit hinter sich ließen.
    Während der ganzen Christmette saß Michel brav und still auf seinem Platz, ja, er benahm sich so gut, dass seine Mama darüber in ihr blaues Schreibheft schrieb: »Dieser Junge ist eigentlich fromm; in der Kirche macht er nicht den geringsten Unfug.« Den ganzen ersten Weihnachtstag war Michel genauso friedlich. Er und Ida spielten artig mit ihren Weihnachtsgeschenken und über Katthult lag der herrlichste Frieden.
    Aber dann kam der zweite Weihnachtstag und Michels Papa und Michels Mama sollten zum Weihnachtsschmaus nach Skorphult fahren. Skorphult war ein Hof am anderen Ende der Gemeinde. Alle in Lönneberga kannten ja Michel, und deshalb waren die Kinder nicht eingeladen worden.
    »Ach, mir macht es nichts«, sagte Michel. »Bloß die Skorphulter können einem Leid tun. Die armen Menschen, so lernen sie mich ja nie kennen!«
    »Nein, und mich auch nicht«, sagte Klein-Ida.
    Nun war natürlich beabsichtigt, dass Lina zu Hause bleiben sollte, um auf die Kinder aufzupassen, aber schon früh am Morgen fing sie an zu heulen und wollte unbedingt ihre Mutter besuchen, die in einer Kate nah bei Skorphult wohnte. Lina hatte sich wohl vorgestellt, wie gut es wäre, im Schlitten mitfahren zu können, wenn er doch sowieso in die Richtung fuhr.
    »Ach, ich kann auch auf die Kinder aufpassen«, sagte Alfred. »Zu essen ist ja da und ich werd schon aufpassen, dass sie keine Streichhölzer oder sonst was anrühren.«
    »Sicher, aber du weißt doch, wie es mit Michel ist«, sagte Michels Papa und starrte düster vor sich hin.
    Aber da sagte Michels Mama:
    »Michel ist ein netter kleiner Junge. Er macht keinen Unfug – jedenfalls nicht, wenn Weihnachten ist. Heul nicht, Lina, du darfst mit!«
    Und so kam es.
    Alfred, Michel und Ida standen am Küchenfenster und sahen den Schlitten den Abhang hinunterfahren und als er nicht mehr zu sehen war, machte Michel einen
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