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Michel muss mehr Männchen machen

Michel muss mehr Männchen machen

Titel: Michel muss mehr Männchen machen
Autoren: Astrid Lindgren
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werden«, sagte er, »damit sie nicht traurig wird.« Alfred dachte lange darüber nach, wie er es anstellen sollte Lina beizubringen, dass er sie nicht heiraten wollte, aber er hatte keine gute Idee.
    Nun lag die Herbstdunkelheit schwer über Katthult.
    Schon nachmittags gegen drei Uhr musste man in der
     

     

     
    Küche die Petroleumlampe anzünden, und dann saßen sie alle dort, und jeder war für sich beschäftigt. Michels Mama ließ das Spinnrad laufen und spann feines weißes Garn – daraus sollten für Michel und Ida Strümpfe werden. Lina kämmte Wolle, und das tat Krösa-Maja auch, wenn sie da war. Michels Papa flickte Schuhe und sparte damit eine Menge Geld, das sonst der Dorfschuster eingesteckt hätte. Alfred war nicht weniger tüchtig, er stopfte sich seine Strümpfe selbst. Sie hatten an den Zehen und Fersen immer große Löcher, aber die zog Alfred schnell zusammen.
    Lina wollte ihm gern helfen, aber Alfred erlaubte es nicht.
    »Nee, siehst du, denn dann säße ich in der Falle«, erklärte er Michel. »Und nachher hilft es nichts mehr, wie schonend man es ihr auch beibringt.«
    Michel und Ida saßen oft unter dem Tisch und spielten mit der Katze. Einmal versuchte Michel Ida einzureden, dass die Katze eigentlich ein Wolf sei, und als sie es nicht glauben wollte, stimmte er ein Wolfsgeheul an, dass alle in der Küche zusammenfuhren. Seine Mama wollte wissen, was das Geheul bedeute, und da sagte Michel:
    »Wir haben hier unterm Tisch einen Wolf.« Sofort begann Krösa-Maja von Wölfen zu erzählen und da krochen Michel und Ida fröhlich unterm Tisch hervor, um zuzuhören. Jetzt würde es etwas Gruseliges geben, das wussten sie, denn es waren immer nur Gruselgeschichten, die Krösa-Maja erzählte. Wenn es nicht um Mörder oder Einbrecher oder Geister ging, dann ging es um schreckliche Enthauptungen und fürchterliche Feuersbrünste und schreckliches Unglück und tödliche Krankheiten oder gefährliche Tiere. Wie zum Beispiel Wölfe.
     

     
    »Als ich klein war«, begann Krösa-Maja, »da gab es hier in Småland viele Wölfe.«
    »Aber dann kam König Karl XII. und schoss sie ab – zum Glück«, sagte Lina.
    Da wurde Krösa-Maja böse. Alt war sie ja, aber nicht so alt, wie Lina glaubte.
    »Du redest doch nur, wie du es verstehst«, sagte Krösa-Maja und wollte nichts mehr erzählen. Michel aber schmeichelte und drängte und schließlich fing sie wieder an und erzählte sehr viel Schauriges von Wölfen und davon, wie man früher, als sie noch klein war, Wolfsgruben machte und Wölfe darin fing.
    »Also da brauchte Karl XII. dann nicht mehr zu kommen …«, fing Lina von neuem an, hörte aber schnell auf, denn Krösa-Maja wurde wieder böse, und das war auch kein Wunder. Karl XII. war ein König, der vor Hunderten von Jahren gelebt hatte, musst du wissen, und so alt oder uralt war Krösa-Maja ja nicht.
    Aber Michel kriegte sie wieder herum. Und da erzählte Krösa-Maja von Werwölfen, die die fürchterlichsten aller Wölfe wären und die nur im Mondschein umherschlichen. Die Werwölfe könnten sprechen, sagte Krösa-Maja, denn sie wären keine gewöhnlichen Wölfe, sie wären so etwas zwischen Wolf und Mensch und die schrecklichsten Ungeheuer. Träfe man einen Werwolf im Mondschein, dann könnte man der Welt getrost gute Nacht sagen, denn schlimmere Raubtiere gäbe es nicht. Und deshalb sollten die Menschen nachts drinnen bleiben, wenn Mondschein wäre, sagte Krösa-Maja und starrte Lina böse an.
    »Obwohl Karl XII ….«, begann Lina. Da schleuderte Krösa-Maja die Wollkämme von sich und sagte, dass sie nun nach Hause gehen müsse, denn jetzt fühle sie sich wirklich alt und müde.
    Aber am Abend, als Michel und Ida in ihren Betten in der Kammer lagen, redeten sie wieder von den Wölfen.
    »Es ist gut, dass es jetzt keine mehr gibt«, sagte Ida.
    »Keine mehr gibt?«, antwortete Michel. »Woher weißt du das, wenn du keine Wolfsgrube hast, um sie darin zu fangen?«
    Lange lag er wach und dachte darüber nach und je länger er nachdachte, desto sicherer war er, dass er nur eine Wolfsgrube brauchte; dann würde er schon einen Wolf darin fangen. Flink wie er war, begann er gleich am nächsten Morgen, sich zwischen dem Tischlerschuppen und der Vorratskammer eine Wolfsgrube zu graben. Es war die Stelle, wo im Sommer die vielen Brennnesseln wuchsen, die aber jetzt schwarz und verwelkt am Boden lagen.
    Es dauert eine ganze Zeit, bis eine Wolfsgrube gegraben ist. Tief musste sie sein, wenn der Wolf nicht
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