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Metropolis brennt

Metropolis brennt

Titel: Metropolis brennt
Autoren: H. J. Alpers
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mußte seiner Frau recht geben. Die Stadtregierung achtete genauestens darauf, daß das Nachrichtenangebot von allen Angehörigen der City-Gemeinschaft auch wahrgenommen wurde. Ab und an stand dann eine Streife der Nachrichtenkontrolle vor der Wohnungstür und veranstaltete hochnotpeinliche Verhöre, um herauszubekommen, ob die Bewohner die Nachrichtensendung – wie vorgeschrieben – aufmerksam verfolgt hatten.
    Wer bei einer solchen Befragung durch Unwissen auffiel, der mußte mit strengen Strafen rechnen. Einem Nachbarn der Hellmanns war vor gar nicht allzu langer Zeit die Lebensmittelration für die vierköpfige Familie um ein volles Drittel gekürzt worden – und das einen ganzen Monat lang.
    „Die Nachrichten beginnen!“ rief Luise. Hellmann schrak aus seinen Gedanken auf und konzentrierte sich auf den Schirm. „Guten Abend, meine Damen und Herren! Hier sind Ihre Nachrichten vom Tage.“
    Der Nachrichtensprecher trug sein übliches Lächeln zur Schau. Das bereits etwas schüttere Haar war perfekt gelegt, so daß nur eine leichte Stirnglatze zu bemerken war. Und wie immer war er tadellos gekleidet. Daumen und Zeigefinger der linken Hand hielten einen Schreibstift, spielten kaum merklich damit, als könnte der Stift Halt und Sicherheit verleihen.
    „Unsere herausragenden Meldungen heute abend: Im Ostteil der City wurde heute nachmittag ein neuer, fünfstrahliger Springbrunnen eingeweiht; der bereits seit Jahrzehnten zu beobachtende Fallout hat sich, das beweisen neueste Analysen außerhalb der City, intensiviert; Bürgermeister Zwitsche betonte bei einer Festveranstaltung der …“
     
2
     
    Die Automatik wurde aufmerksam, als der Nachrichtensprecher unmittelbar nach Beginn der Abendsendung kurz – fast unmerklich, von den Menschen, die vor den Sichtschirmen saßen, sicherlich nicht wahrnehmbar – stockte, dann aber flüssig weitersprach.
    Ein erster Voralarm wurde ausgelöst, freilich sah es noch nach keinem Notfall aus, doch die Programmierung wollte Beachtung auch der kleinsten Unregelmäßigkeiten.
    Doch dann stockte der Sprecher wieder, schien verwirrt, als er vortrug, was sich bei der Einweihung des neuen Springbrunnens durch das Bürgerkomitee der Oststadt an feierlichem Gepränge zugetragen hatte.
    Jetzt stand fest, daß sich irgendwo ein Fehler eingeschlichen hatte. Möglicherweise arbeitete ein Relais nicht mehr korrekt oder wurde die Zufuhr an Energie durch einen Wackelkontakt nur unzureichend gewährleistet. Über Zusatzleitungen wurde eine neue Strecke gebaut, um das Energiedefizit abzubauen.
    Der Fehler mußte gefunden werden.
    Die abendliche Nachrichtensendung war das alles und alle verbindende Element der Gemeinschaft. Da durfte nichts schiefgehen. Die Gesamtprogrammierung enthielt strikte Weisungen, die nun in Kraft traten.
    Von der zentralen Leitstellte wurden Impulse losgeschickt, die Wartungstrupps in Marsch setzten, winzige Reparatureinheiten, die durch die engsten Rohrverbindungen schlüpfen konnten. Innerhalb kürzester Zeit herrschte im gesamten Funkhaus hektisches Treiben.
    Die Automatik handelte nach genau festgelegtem Plan. Systematisch mußte jeder Kontakt, jede Nahtstelle, jeder geschweißte Punkt überprüft werden; eine Arbeit in Sekundenschnelle, die unvorstellbare Energien kostete. Darüber hinaus mußte die Zufuhr von Zusatzenergie ins Sendestudio aufrechterhalten bleiben, damit die Ausstrahlung nicht gefährdet wurde.
    Eher durfte die Versorgung der gesamten City zusammenbrechen, als daß die Nachrichten vom Tage nicht über die Bühne gingen.
     
3
     
    Im Grunde interessierten ihn die Abendnachrichten überhaupt nicht. Das wiederholte sich alles, schien immer aus ähnlichen Elementen zu bestehen. Man hätte wahrscheinlich spielend eine Sendung gegen die andere austauschen können, ohne daß dies einem einzigen aufgefallen wäre.
    Lothar Hellmann wußte, daß dies ketzerische Gedanken waren, doch er ärgerte sich, daß die Nachrichtensendung seine Lektüre des gefundenen Buches unterbrochen hatte.
    Luise hing wie gebannt an den Lippen des Nachrichtensprechers, dessen Name gerade wieder geinsertet wurde:
     
    HENRY BOOG
    Ihr Nachrichtensprecher
     
    Ein irgendwie aalglatter Kerl, dieser Henry Boog, Hellmann fand ihn unsympathisch, und ihm war absolut unverständlich, daß die Frauen – Luise allen voran – ihn anhimmelten.
    Dann horchte er auf:
    „… haben neueste Messungen unserer Spürtrupps ergeben, daß der radioaktive Fallout in der näheren und weiteren
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