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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition)
Autoren: Chris Beckett
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Ersatzorgane erfüllen ihre Aufgaben einwandfrei. Insbesondere die kybernetisch-neurologische Schnittstelle ist absolut stabil und macht uns nicht die geringsten Probleme, seien sie nun immunologischer oder neurologischer Natur. Sie haben es hier mit einem Körper zu tun, in dem noch zehn, zwanzig, vielleicht sogar dreißig Jahre Leben stecken.«
    »Haben Sie mal versucht, im SenSpace zu leben?«
    »Nun, nein, aber ich habe mich natürlich schon oft im SenSpace aufgehalten.«
    »Tja, ich bin es leid.«
    »Aber der Sinn des SenSpace besteht doch wohl darin, dass er einem Wahlmöglichkeiten anbietet. Wenn Ihnen das, was Sie dort vorfinden, nicht gefällt, dann können Sie sich jederzeit für etwas anderes entscheiden.«
    »Nun, ich übe meine Entscheidungsgewalt in diesem Moment aus.«
    »Ich verstehe.«
    Der Arzt schaute kurz zu mir, als fragte er sich, ob es sich lohnen würde, sich stattdessen an mich zu wenden. Offenbar wirkte ich unnachgiebig, denn er wandte sich wieder Ruth zu.
    »Eine Sache noch, Miss Simling. Ich weiß nicht genau, was Sie erwarten, aber Ihr Körper ist nicht mehr in dem Zustand, in dem Sie ihn hinterlassen haben. Natürlich funktioniert er noch, aber …«

    Als der Deckel sich hob, gab Ruths Mietkörper einen leisen Schrei von sich. Das Ding darunter hatte weder Arme noch Beine, keinen Darm, kein Becken und auch keinen Unterbauch. Sein Gesicht war eine augenlose Maske. Drähte gingen in die Augenhöhlen, wo halbrunde Bildschirme anstelle der Netzhäute implantiert waren. Auch der Mund stand offen, um ein Bündel von Drähten und Schläuchen einzulassen. Der Einfachheit halber hatte man ihr die Zähne entfernt, und statt Haaren durchstachen Tausende dünner Drähte die Kopfhaut und den Schädel.
    Der Rumpf des Etwas war in ein durchsichtiges Gehäuse aus Hartplastik eingeschlossen, aus dessen einem Ende der Kopf herausragte, der seinerseits mit einer durchsichtigen Plastikhaut überzogen war. Außen an dem Gehäuse befanden sich ein Funksender und eine elektrische Pumpe. Aus den Lungen ragte ein gelbes Plastikventil, durch das das Etwas laut atmete, wofür Hals und Kehle überhaupt nicht mehr benötigt wurden. Die obere Seite der Körperhöhlung war von nichts als der harten Plastikhülle bedeckt, wies keine Haut, keine Knochen und keine Muskeln auf, so dass man direkt auf die darunterliegenden Organe schauen konnte: die dunkle Leber, das pulsierende Herz, die Lungen, die rhythmisch anschwollen und sich wieder zusammenzogen – wie eine leere Chipstüte, die von einem Kind aufgeblasen wurde.
    Herz und Lungen waren das Einzige an ihr, das sich bewegte.
    »Wie gesagt«, meinte Dr. Hammer mit einer gewissen grimmigen Befriedigung, »es ist leider kein hübscher Anblick.«
    Ruth beachtete seine Worte nicht. Sie starrte bloß in die Kiste, in der das Ding lag.
    »Ist das wirklich das Herz, das mich am Leben hält?«
    »So ist es«, erwiderte Dr. Hammer. »Aber wenn wir jemals feststellen sollten, dass Ihr Herz oder Ihre Lungen verfallen, könnten wir beide sofort durch eine CIRC-Einheit ersetzen, die genauso gute Dienste leisten würde.«
    Er hielt inne, und seine Miene wurde leicht verkniffen.
    »Doch da es Ihrem Herzen und Ihren Lungen bestens geht«, erklärte er, »haben wir sie an Ort und Stelle belassen. Wir bemühen uns, keine unnötigen Eingriffe vorzunehmen.«
    »Und ist es wirklich dieser Kopf«, fragte Ruth weiter, »in dem sich alle meine Gedanken abspielen?«
    »Absolut. Sehen Sie, diese Drähte hier sind entweder an die Hauptsinnesorgane oder direkt an die Wahrnehmungszentren und die motorischen Zentren Ihres Gehirns angeschlossen. Und sie sind wiederum über diesen Sender hier an das SenSpace-Netz angeschlossen, das natürlich derzeit mit dem Mietkörper verbunden ist, in dem Sie sich befinden …«
    Der Arzt verstummte. Offensichtlich hörte Ruth ihm gar nicht zu.
    »Wie gesagt«, setzte er erneut an, »mir ist klar, dass all das auf den ersten Blick etwas grausig aussieht. Aber es ist nur eine Frage der …«
    Ruth – Ruths Mietkörper – wandte sich ihm plötzlich mit einem strahlenden Lächeln zu.
    »Es ist wunderschön!«, sagte sie. »Es ist das Schönste, was ich je gesehen habe!«

Kapitel 73
    A ls wir die Anlage verließen, trug Ruth ihr eigenes, echtes Selbst in einem Plastikgehäuse. Sie hatte es in eine Decke gewickelt und trug es wie ein kleines Kind. Wir stiegen ins Auto, und ich fuhr an die Küste zu der kleinen Bucht von Agios Konstantinos.
    Wir ließen das
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