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Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)

Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)

Titel: Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
Autoren: Günter Krieger
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sah zu mir empor.“ Seine Mundwinkel formten sich zu einem Lächeln. „Er hatte glühende Augen. Schon damals wusste ich, dass ich ihn dereinst für meine Sache würde begeistern können. Als er fünf Lenze zählte, kannte er bereits die wahren Begebenheiten jener verfluchten Nacht. Habe ich dir jemals davon erzählt?“
Bodo unterdrückte ein Seufzen. „Ja, Herr. Das habt Ihr. Schon viele Male.“
Der Alte schien die Worte seines Besuchers zu überhören, denn unbeirrt fuhr er fort: „Wir standen vor dem Ponttor. Winrich von Stolberg war der Erste, der fiel. Noch heute sehe ich ihn vor mir. Seine ungläubigen Augen ... In seinem Hals steckten zwei Bolzen ...“
„Woraufhin Ihr, Herr, den Befehl zum Angriff gabt!“
„Ja, das tat ich.“ Auf seinem bleichen Antlitz glühten plötzlich rote Wangen. „Wir erstürmten die Wehrgänge. Mit Stolz kann ich behaupten, dass Männer selten so tapfer kämpften wie wir. Denn es war ein aussichtsloses Unterfangen, die Übermacht der Gegner einfach zu groß. Doch was blieb uns übrig? Hätten wir uns ergeben und der Willkür dieser hochmütigen Städter aussetzen sollen? Nein, wir kämpften und schickten noch so manchen von den ehrlosen Kerlen in die Hölle. Und ich ...“ Sein Kinn bebte. „Ich überlebte das Massaker, weil ich ...“ Er verstummte.
„Weil Ihr im Kampf von der Mauer stürztet. Ihr wart ohne Bewusstsein, als Euch Jülicher Söldner im Morgengrauen vor den Toren der Stadt fanden.“
„Es muss Gottes Wille gewesen sein, dass ich in jener Nacht nicht starb, so wie die meisten meiner Kameraden. Gott muss gewollt haben, dass ich die Aachener für ihre Überheblichkeit strafe. Jetzt, nach zweiundsiebzig Jahren, ist es endlich vollbracht. Wer Augen hat zum Sehen und Ohren zum Hören, der wird nun verstehen. Nie wieder soll man Heldenlieder singen auf die Taten Ehrloser. Die ganze Welt soll die Wahrheit erfahren. Wir Jülicher haben die Stadt nicht überfallen, wie man es heute den Kindern erzählt. Nein, in Wahrheit waren es die Städter, die uns heimtückisch in die Falle lockten und abschlachteten wie Vieh.“ Er hatte sich in Rage geredet und begann nun hämisch zu lachen. „Vier tote Aachener! Einen für jede Generation, die seit jener Nacht das Licht dieser ungerechten Welt erblickte. Pah! Wehrhafter Schmied ! Gebt acht auf Eure Köpfe, Aachener!“
Bodo legte beruhigend eine Hand auf den Arm des Alten. „Ihr dürft Euch nicht aufregen!“
„Recht hast du“, erwiderte der Alte nun beherrscht. „Lass uns lieber das letzte Opfer dieser unheilvollen Nacht betrauern. Weißt du eigentlich, dass ich Hartmann, als er noch ein Knabe war, einen heiligen Eid schwören ließ?“
Bodo horchte auf. Nein, diese Geschichte hatte er noch nie zu hören bekommen. „Ein Eid?“
„Ich ließ ihn schwören, niemals der Freund der Aachener zu sein. Ihnen zu schaden, wo es in seiner Macht stand. Heiliger Eifer erfüllte ihn. Und er hat ihn sich bewahrt bis zuletzt. Obwohl es nur der Eid eines Kindes war!“
„Er fühlte sich Euch schon immer verpflichtet, Herr.“
„Mit Recht. Ich habe ihn gefördert, wo ich ihn fördern konnte. Als seine Eltern starben, habe ich mich – obgleich selbst schon recht betagt – seiner angenommen. Ich habe dafür gesorgt, dass er lesen und schreiben lernte. Sein Amt am Hof des Grafen verdankte er mir. Er war meine Kreatur. Gott hat ihn mir geschickt. Gott hat mich alt werden lassen, damit Hartmann mein Werkzeug sein konnte. Ich lehrte ihn Treue, und er übte sie aus bis zum Schluss. Endlich kann auch ich nun sterben.“ Sinnierend starrte der fast Blinde auf den roten Feuerball, der im Osten über die Hügel stieg. Hähne krähten in der Stadt. „Er starb ehrenvoll, nicht wahr?“, fragte er nach einer Weile.
Bodo antwortete nicht, sondern schaute betreten zu Boden. Der Alte stutzte.
„Warum sprichst du nicht?“
„Beinahe schien es mir, als ob Hartmann ...“
„Was? Sprich!“
„Als ob er sein Tun bereut hätte, bevor er sich selbst erdolchte.“
Der Alte nickte nachdenklich. „Als Christenmensch plagte ihn sein Gewissen. Er hat die Gertrudisnacht eben nicht selbst erlebt. Trotzdem blieb er mir treu. Gott wird ihm seine Sünden verzeihen, denn in Wahrheit war es gerechte Mission, die er für mich erfüllte. Sein Eid und seine Ergebenheit waren über jeden Zweifel erhaben.“
„Dennoch: Bevor er starb“, Bodo rang nervös seine Hände, „vertraute er diesem Heinrich das Geheimnis an.“
Der Kopf des Alten fuhr herum. „Welches
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