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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel
Autoren: Thomas A. Barron
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Reh, den Samen in die Blume. Der Zauber, der verspricht . . .« Sie hielt inne und streichelte
     einen zusammengerollten Farn, der neben ihr am Ufer wuchs. »Dass jede Wiese, die den ganzen Winter unterm Schnee begraben
     war, wieder lebendig werden wird.«
    Ich nickte, während ich auf das Plätschern und Rauschen des Bachs horchte. Eine dünne grüne Schlange kam aus dem Schilfgewirr
     zu meinen Füßen und schlüpfte ins Wasser. »Manchmal spüre ich diese äußeren Kräfte – kosmische Kräfte – so stark, dass mir
     scheint, sie benutzen
mich,
handhaben mich wie ihr eigenes kleines Werkzeug.Oder schreiben mich wie eine Geschichte – eine Geschichte, deren Ende ich in keiner Weise verändern kann.«
    Hallia rückte näher und rieb ihre Schulter an meiner. »Das kommt von diesem Gerede, nicht wahr? Oh ja, junger Falke, ich habe
     es gehört, sogar von einigen aus meinem eigenen Clan, die es besser wissen sollten. Alles über deine Zukunft, deine Bestimmung
     als Zauberer.«
    »Und nicht nur irgendein Zauberer«, setzte ich hinzu, »sondern der größte aller Zeiten! Sogar noch größer als mein Großvater
     Tuatha, sagen sie – und er war der weiseste und mächtigste Zauberer, den es je gab. Es ist . . . nun, eine schwere Last, die
     ich mit mir herumtragen muss. So schwer, dass ich manchmal nichts außer ihr spüre. Als ob meine eigene Wahl, meine eigenen
     Entscheidungen eigentlich gar nicht die meinen sind.«
    »Oh doch, das sind sie sicher! Sie bestimmen . . . wer
du
bist. Deshalb wollte ich dir sagen . . .« Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Was ich dir sagen wollte.«
    »Sagst du es mir jetzt?«
    »Nein.« Sie war entschlossen beim Thema zu bleiben. »Hör mir jetzt zu. Glaubst du wirklich, dass du nicht mehr Mitspracherecht
     über deine Zukunft hast als die Eichel, die dazu bestimmt ist, ein Eichbaum zu werden? Die unmöglich eine Esche oder ein Ahorn
     werden könnte, wie sehr sie sich auch anstrengt?«
    Bedrückt scharrte ich mit dem Stiefelabsatz im lehmigen Boden. »So sieht es aus.«
    »Aber du hast auch deine eigene Magie! Was ich über die äußeren Kräfte gesagt habe, stimmt – aber wir könnten sie nicht nutzen,
     wenn wir nicht unsere eigenen Kräfte, unsere eigene Magie in uns hätten. Und du, junger Falke,hast eine erstaunliche Fähigkeit, dir die größere Magie zu erschließen. Sie zu empfangen, zu sammeln und sie deinem Willen
     gefügig zu machen. Ich sehe das die ganze Zeit bei dir so klar wie ein Gesicht in einem spiegelnden Teich.«
    »Vielleicht siehst du dein Spiegelbild, nicht meines.«
    Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr kastanienbrauner Zopf über ihre Schulter flog und mein Ohr streifte. »Ohne deine
     innere Magie hättest du den Ballymag so nicht heilen können.«
    »Aber habe ich wirklich meine eigene Magie genutzt, meine eigenen Entscheidungen getroffen, um ihn zu heilen? Oder bin ich
     lediglich meiner Bestimmung gefolgt und habe eine Episode in einer Geschichte hinter mich gebracht, die jemand anders vor
     langer Zeit geschrieben hat?« Ich trommelte wieder auf das silberne Heft der Waffe an meiner Seite. »Sogar dieses Schwert
     ist Teil meiner Bestimmung. Das hat mir der große Geist Dagda selbst gesagt. Er befahl mir gut darauf zu achten, denn eines
     Tages werde ich es einem großen, aber tragischen König geben – einem König, der so stark ist, dass er es aus einer Steinscheide
     ziehen wird.« Ich versuchte mich zu erinnern, wie Dagda ihn beschrieben hatte.
Ein König, dessen Regierungszeit noch in den Herzen leben wird, wenn sie im Lande längst vergangen ist.
    Hallia zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Eine vorausgesagte Bestimmung muss keine gelebte Bestimmung sein.«
    »Gehört das zu den alten Sprichwörtern deines Volkes?«
    »Hmm, nicht ganz so alt. Mein Vater war es, der das zuerstgesagt hat. Er dachte viel über solche Dinge nach.« Sie versetzte mir einen so kräftigen Rippenstoß, dass ich mit der Schulter
     gegen einen Ast prallte und ein paar Blätter herunterschüttelte. »Wie noch jemand.«
    Ich grinste und schaute auf meinen Stock, der an einem runden Stein am Bachrand lehnte. Wasser schlug gegen den Schaft und
     befeuchtete die sieben Symbole, die der Länge nach darin eingraviert waren, so dass sie dunkel schimmerten. »Je mehr ich über
     diese Dinge nachdenke – Bestimmung oder irgendetwas anderes – umso weniger weiß ich wirklich.«
    Plötzlich lachte Hallia. »Mein Vater sagte das Gleiche! Öfter als ich zählen
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