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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt
Autoren: Rebecca Lim
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los und wühlt in ihrem chaotischen Haarknoten, während wir auf den Gehsteig vor dem Green Lantern treten. „Ich bin Justine Hennessy. Aber die meisten Leute nennen mich nur Juz. Oder Jugs“, fügt sie hinzu und verdreht die Augen.
    „Ich bin Lela Neill“, stelle ich mich vor. „Und ich komme zu spät. Der Kaffee geht heute auf mich. Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann.“
    Bevor wir unter der zerfransten grünen Markise des Green Lantern hindurchgehen, blicke ich mich rasch in meiner neuen Umgebung um. Der Coffeeshop nimmt das gesamte Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes aus den späten Neunzigerjahren ei n – ein hässlicher, zweckdienlicher Betonblock. Die großen Fenster mit dem stumpfgrün gestrichenen und bereits abblätternden Rahmen sind fliegenverklebt und schmutzig. Am Eingang hängt ein Vorhang aus bunten, klebrigen Plastikbändern. Innen an der Fensterfront steht eine lange Theke mit Barhockern davor. Zwei hemdsärmlige Männer sitzen sich gegenüber, die Köpfe über ihre Zeitungen gebeugt, sodass die Passanten auf ihre kahlen Stellen blicken können. Weiter hinten im Café erkenne ich einige Tische und Stühle, alle besetzt. Neben der Tür hängt eine protzige Wagenlaterne, ebenfalls in Grün, an der mehrere Glasscheiben fehlen.
    Okay , denke ich. So weit, so gut. Aus dem Gully vor dem Café riecht es schwach nach menschlichen Exkrementen und verfaulten Lebensmitteln, und in der engen Gasse, die den Laden von dem ebenso hässlichen Nebengebäude trennt, stehen ein paar rostige, überquellende Mülltonnen. Kein Wunder, dass Lela manchmal in Selbstmitleid badet. Ein sensibler Mensch, der etwas vom Leben erwartet, muss sich hier wie lebendig begraben fühlen. Das Green Lantern ist eine schmuddelige Klitsche mit schlecht gelaunten Kunden, die sich in mindestens drei Reihen vor der Theke drängeln, so eng, dass sie sich kaum rühren können. Kein Platz für Ellbogen oder große Hoffnungen.
    Justine ist bereits durch den klebrigen Plastikvorhang verschwunden, als mein Blick an etwas hängen bleibt. Ein leuchtender Fleck, wie ein wandernder Sonnenkringel, der unstet zwischen den Bäumen in der Straßenmitte herumflirrt. Ich sehe genauer hin, aber plötzlich ist da nichts mehr. Vielleicht war es wirklich nur ein Sonnenfleck.
    Nein, halt. Ich kann zwar nichts mehr sehen, aber ich spüre etwas. Und es kommt näher, strahlt eine Energie ab, die ich von Weitem wahrnehme, heiß und kalt zugleich, ein Sirren, das mir die Haare sträubt, das wie Essig in meinen Knochen prickelt.
    Benommen will ich mich wieder in den Verkehr stürzen, um der Sache nachzugehen, aber da steckt Justine ihren Kopf durch den Plastikvorhang und sagt: „Also, was ist jetzt mit dir? Kommst du, oder was?“
    Ich nicke entschuldigend, und mit dieser Bewegung erlischt auch das seltsame Gefühl und die Sonnenflecken, die durch die Bäume fallen, sind eben nur ein Spiel von Licht und Schatten, mehr nicht.
    Hinter der vorderen Theke des Green Lantern regiert eine große Frau mit hochgestecktem blondiertem Haar und teilt verbissen Kaffeebecher und Papiertüten aus. Als sie meinen Blick durch die Glasscheibe auffängt, formt ihr grellrot geschminkter Mund die Worte: „Komm jetzt sofort rein, Lela Neill, sonst kannst du was erlebe n …“
    Ich quetsche mich hinter Justine durch den Plastikvorhang. Diesmal packe ich sie am T-Shirt und dirigiere sie zur Kaffeemaschine, vorbei an den Schlange stehenden Kunden, die sich vor der dampfenden Heißtheke drängen.
    „Und wie läufst du überhaupt rum?“, zischt die große Blonde, sobald ich in Hörweite bin. „Du bist eine ganze Stunde zu spät dran. Geh sofort an die Arbeit und gib die Frühstücks-Specials aus, sonst sag ich’s Dimowski. Kannst froh sein, dass er nicht da ist, Mann. Er ist bei so ’nem orthodoxen Dingsda, weiß nicht mehr genau, was es wa r – wo er doch nie ’ne Morgenschicht versäumt. Er sagt, er kommt erst nachmittags rein, aber freu dich nicht zu früh. Ich kann’s trotzdem so hindrehen, dass du auf den Arsch fällst, klar? Du brauchst doch das Geld, dachte ich. Also, los jetzt, oder ich singe!“
    Singen? Ich starre sie verwirrt an, als sie mir eine schwarze Schürze reicht. Lelas zierliche Gestalt in dem knalligen Verkehrsampel-Outfit, das ich ihr heute verpasst habe, ertrinkt hoffnungslos darin.
    Das ganze Persona l – von dem asiatischen Barmädchen mit den traurigen Augen bis zu dem riesigen dunkelhäutigen Koch, der in der offenen Küche steh t
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