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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt
Autoren: Rebecca Lim
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– ist von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Lange Ärmel, lange Hosen. Muss wohl die Haus-Uniform sein. Mist.
    Justine Hennessy murmelt neben mir: „He, ist schon gut, ich kann den Kaffee auch mal auslassen, wenn ihr so viel zu tun habt.“
    „He, warte!“, sage ich zu der unverschämten Blonden und zeige auf Justine. „Sie hier kriegt ’nen Kaffee, hat mir ’nen Gefallen getan.“
    Die Blonde bellt: „Keine Gratisgetränke!“, dann dreht sie sich um und schnauzt einen Kunden an: „Also was jetzt? Butter oder Tomatensoße? Entscheiden Sie sich, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“ Was sie allerdings nicht daran hindert, weiter wie am Fließband Kaffee auszugeben und frittiertes Essen in Papiertüten zu schaufeln, auch wenn ihr Service nicht gerade zuvorkommend ist.
    Justine will sich von mir losreißen, doch das freundliche Barmädchen sagt in ihrem melodischen, akzentuierten Englisch: „Wie trinken Sie ihn?“, ohne von den drei Pappbechern aufzublicken, die sie mit Kaffee aus ihrer silbrigen Kanne auffüllt.
    „Milchkaffee, ein Zucker“, sagt Justine zögernd, „aber lassen Sie nur, ich kann warten. Und ich bezahle auch, kein Problem.“
    Das Mädchen lächelt ihr flüchtig zu, nimmt einen bereits eingeschenkten Kaffee und reicht ihn Justine, zusammen mit einem Päckchen Zucker und einem Plastiklöffel. „Pst, nicht weitersagen“, zischt sie aus dem Mundwinkel und macht eine abwehrende Handbewegung.
    „He!“, ruft einer der beiden Männer an der Vordertheke. „Wir sind schon länger da. Seit wann werden Huren zuerst bedient?“
    Justine hat plötzlich hektische rote Flecken im Gesicht. Sie starrt den Mann hochmütig an, bis er verlegen wegschaut. Es ist ein kleiner Fettwanst mit rotem Kopf und einer tödlichen Kombination von Kinnbart, Schnauzer, Stirnglatze und strähnigem rotem Haar, das an den Ohren zu lang ist. Er trägt einen maßgeschneiderten Anzug, okay, und seine teuren italienischen Schuhe sind auf Hochglanz poliert, aber trotzdem. Er ist wirklich der Letzte, der es sich leisten kann, auf andere herabzusehen.
    „Sie sollten sich schämen“, sage ich milde.
    Der Mann wird noch röter im Gesicht. Er kann mir nicht in die Augen sehen.
    Die Blonde zieht bei meinen Worten ihre überzupften Augenbrauen zusammen und faucht „Geh an die Arbeit!“ in meine Richtung, dann funkelt sie sicherheitshalber auch noch das Barmädchen an.
    Das freundliche Lächeln des Mädchens erlischt, und sie wendet sich wieder ihrer Arbeit zu, gießt die nächsten drei Espresso-Shots in die Pappbecher, die säuberlich aufgereiht vor ihr stehen.
    „Sie da!“, sagt die Blonde verächtlich zu Justine. „Jetzt haben Sie Ihren Gratiskaffee, also raus mit Ihnen!“
    Justine tänzelt vorwärts, als wollte sie der Frau hinter der Theke einen Schwinger verpassen, aber ich zerre sie schnell zur Tür. „Danke noch mal“, sage ich, ohne mich um die giftigen Blicke der Blonden zu kümmern. „Du hast mir wirklich geholfen. Ich vergesse immer so viel. Manchmal mehr, manchmal weniger. Heute ist sogar ein relativ guter Tag, auch wenn es nicht danach aussieht.“
    Justines Wangen sind immer noch hochrot, aber sie schenkt mir ein gequältes Lächeln und murmelt: „Gern geschehen. Du hast mir ja schließlich auch schon geholfen.“
    Dann geht sie hinaus, ihre kurvenreiche Gestalt mit den breiten Schultern und Hüften verschwindet in der Menge, bevor ich fragen kann, was sie damit meint. Geholfen, ich? Erneut trennt uns die schmierige alte Glastür mit dem widerlichen Plastikvorhang von der Außenwelt.
    Ich gehe langsam zur Kaffeemaschine zurück, da packt mich die blonde Drag Queen von hinten an der Schürze und reißt mich brutal in die Wirklichkeit zurück.
    „Du bist dran mit Ausgeben, verdammt noch mal!“, bellt sie mich an, während sie ihre Schürze abnimmt und über einen Wischmopp wirft, der in der Ecke lehnt. Dann stolziert sie auf den engen Flur zu, der hinter der langen, schmalen Küche verläuft und zu den Toiletten führt. „Ziggi-Pause!“, ruft sie genüsslich und reckt die Finger zu dem Siegeszeichen hoch, das alle Raucher auf der ganzen Welt verstehen. „Und zwar eine lange. Also halt die Stellung. Falls du dazu in der Lage bist.“
    Der Imbiss-Koch blickt auf und schaut uns einen Augenblick beide an.
    „Was gaffst du mich so an, verdammter Islamist!“, faucht die Blonde, als sie an der Durchreiche vorbeigeht. „Hast du noch nie ’ne richtige Frau gesehen?“
    Der Koch senkt gleichmütig den Blick
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