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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne
Autoren: Arnaldur Indridason
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Erlendur und Sigurður Óli am Tor vorfuhren, war dort niemand zu sehen. Sigurður Óli stieg aus und versuchte, es zu öffnen, was nicht gelang. Erlendur drückte auf die Hupe, aber nichts geschah. Sie hatten die ganze Zeit, bis der Verkehr wieder in Gang kam, schweigend im Auto gesessen. Zwischen ihnen war noch nichts bereinigt.
    »Müssen wir wirklich da rüberklettern?«, rief Erlendur, der die Scheibe heruntergelassen hatte.
    »Hier kommt niemand rüber«, antwortete Sigurður Óli. Das Tor war so konstruiert, dass es keine Möglichkeit gab, es zu überwinden. Ebenso machten die hohen Mauern das Haus zu einer uneinnehmbaren Festung.
    »Wir brauchen Verstärkung«, sagte Erlendur und griff zu seinem Handy. Sie hatten sich nicht bei Sævar Kreutz angemeldet, weil sie ihn überraschen wollten. Im gleichen Augenblick, als Erlendur die Nummer gewählt hatte, hörten sie Motorengeräusche auf der anderen Seite des Tors, das sich auf einmal wie von unsichtbarer Hand gesteuert öffnete. Autoscheinwerfer rasten auf sie zu und an ihnen vorbei zum Tor hinaus. Es war ein großer Jeep, der keine Probleme mit den Schneemassen hatte, er fuhr einfach neben der Straße, um an Erlendurs Auto vorbeizukommen. Durch das Schneetreiben glaubte Erlendur an dem blauen Hemd zu erkennen, dass der Fahrer ein Mann von einem Sicherheitsdienst war. Außer ihm schien sich ein Passagier auf dem Rücksitz des Jeeps zu befinden, der aber nur undeutlich zu sehen war. Er erschrak, als kurz ein kleines, leichenblasses Gesicht an der Scheibe auftauchte und ihn in stummer Verwunderung anstarrte, bis der Wagen in Schnee und Dunkelheit verschwunden war. Erlendur hatte das Gefühl, er hätte dieses Gesicht schon einmal gesehen. Statt umzudrehen und hinterherzufahren, tippte er jetzt eine andere Nummer ein und gab Anweisungen, dass sämtliche Zufahrtsstraßen zum Flughafen gesperrt und kontrolliert werden sollten und dass ein Mann namens Sævar Kreutz festzunehmen sei, falls er versuchen würde, das Land zu verlassen. Das Gleiche galt für Erik Faxell. Erlendur hatte nicht die geringste Chance, bei diesen Straßenverhältnissen eine Verfolgungsjagd mit dem Jeep aufzunehmen. Er ließ auch die Verkehrspolizei einschalten, um nach einem dunkelgrünen Pajero-Jeep zu fahnden, und gab die Zulassungsnummer durch.
    Sigurður Óli setzte sich wieder ins Auto, und sie fuhren vor dem Gebäude vor.
    »Glaubst du, dass er das war?«, fragte Sigurður, als die sich dem Haus näherten.
    »Das konnte ich nicht erkennen.«
    Sie parkten das Auto beim Haupteingang, der halb offen stand. Wer auch immer an ihnen vorbeigerast war, er hatte auf jeden Fall offenbar das Haus in aller Hast verlassen müssen. Vor dem Haus stand ein schwarzer amerikanischer Dodge Ram – ein Jeep der teuersten Ausführung. Sie betraten das Haus, das völlig menschenleer zu sein schien, und kamen zunächst in den riesengroßen Festsaal. Sigurður Óli wies Erlendur darauf hin, dass da offensichtlich ein Gemälde an der Wand fehlte.
    »Falls du irgendwo einen Aufzug siehst, damit kommen wir in den Keller«, sagte Erlendur.
    Sie durchquerten den Saal und stießen am anderen Ende des Saals auf einen breiten, hell erleuchteten Gang, der ein Kreisrund zu bilden schien und leicht abschüssig war. Sie waren auf der Hut und gingen vorsichtig den Gang entlang. Auf einmal hörten sie eine menschliche Unterhaltung und Schritte. Sie konnten nicht verstehen, was gesagt wurde, deswegen blieben sie stehen und lauschten. Vier Asiaten kamen ihnen entgegen. Obwohl sie sich augenscheinlich beeilten, kamen sie nicht schnell vorwärts, denn einer von ihnen war sehr alt. Er war in irgendeine asiatische Nationaltracht gekleidet, die anderen sahen nach Leibwächtern aus. Sie hielten inne, als sie Erlendur und Sigurður Óli sahen, und warfen einander Blicke zu, als würden sie darauf warten, was die anderen zu unternehmen gedächten. Erlendur sah Sigurður Óli an.
    »Wer ist das denn?«
    »Keine Ahnung, aber die sprechen bestimmt kein Isländisch.«
    »Red du mit ihnen, sag ihnen, wer wir sind, und bitte sie, nicht sofort zu gehen«, sagte Erlendur.
    »We are from the Icelandic police. We will have to ask you to stay in the house. One of us will stay with you. We are not armed and we will be grateful for your cooperation.« Kaum hatte er das ausgesprochen, zog einer der Koreaner einen kleinen Revolver hervor und richtete ihn auf Erlendur und Sigurður Óli. Die Asiaten schienen sich an ihnen vorbeidrängen zu wollen und
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