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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne
Autoren: Arnaldur Indridason
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Leben nach dem Tod macht. Das ist in nuce genau das, was wir ihm bieten können, ein Leben nach dem Tod. Er hat alles hervorragend vorbereitet und genaue Anweisungen gegeben, was für eine Erziehung der geklonte Junge bekommen soll, wann er die Firma übernehmen soll, wer seine Eltern sein sollen, was für eine Ausbildung geplant ist und dergleichen mehr. Er hat auch Forderungen gestellt in Bezug auf die Reinheit der Erbmasse, denn er will Fehler ausmerzen und etwas perfekter werden. Das ist alles machbar. Der alte Mann hat nur noch ein paar Monate zu leben, und ich frage: Was ist falsch daran, ihm zu helfen?«
    »Ihr habt hier ein Versuchslabor errichtet, weil Island so abgeschieden ist, und außerdem gibt es hier keine Gesetze, die das verbieten«, warf Pálmi ein.
    »Das Versuchslabor, wie du es zu nennen beliebst, befindet sich keineswegs hier in Island, sondern in Europa«, erwiderte Sævar Kreutz. »Ich verrate nicht, wo. Es besteht seit Anfang der achtziger Jahre, und ich möchte behaupten, dass niemand mehr Erfolge damit gehabt hat als der Kreutz-Konzern. Dort ist man jetzt willens und bereit, voll einzusteigen und Menschen zu klonen, man betrachtet das als eine Serviceleistung wie jede andere. Es gibt praktisch nirgendwo richtige Gesetze dagegen, und am allerwenigsten hier in Island. Beim Kreutz-Konzern weiß man, dass Island ein idealer Standort für alle Art von internationaler Wirksamkeit ist. Das Land liegt zwar weitab vom Schuss, ist aber trotzdem von überallher leicht erreichbar. Es ist kein Zufall, dass das amerikanische Militär hier während des Kalten Kriegs besonders rührig war. Geografisch gesehen ist Island ein ideales Verbindungsglied zwischen Ost und West – früher im militärischen Sinn, heute im wirtschaftlichen. Ausländer drängeln sich darum, hier Aluminiumhütten und dergleichen zu errichten und exportieren von hier ihre Produktion in die ganze Welt. Der Fisch kommt in Asien auf den Markt. Hier gibt’s ein internationales Milliardenunternehmen, das Isländische Genforschungszentrum. Das Land hat nur wenige Einwohner und einen friedlichen Ruf, weil die paar Seelen, die hier leben, keine Zeit haben, sich mit anderen Dingen zu befassen, als zu schuften und Schulden zu machen. Island wird auf diese Möglichkeiten überprüft. Zunächst müssen wir aber erreichen, dass die Reproduktion von Menschen als natürliche Entwicklungsstufe anerkannt wird. Die Menschen haben Angst vor dem Klonen, aber da gibt’s nichts zu befürchten. Gar nichts.«
    »Watson und Crick«, sagte Pálmi. »Ich habe ein altes Interview mit dir gelesen, in dem du über Watson und Crick gesprochen hast. Ich habe mich ein wenig damit beschäftigt. Sie haben als Allererste die DNA-Struktur herausgefunden. Also hast du wahrscheinlich schon von 1970 an in diesen Dimensionen gedacht.«
    »Das war die bemerkenswerteste wissenschaftliche Entdeckung des 20. Jahrhunderts«, erklärte Sævar Kreutz. »Sogar ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich begriff, was sie da in Wirklichkeit herausgefunden hatten. Was für Möglichkeiten sich eröffneten. Sie fanden den Weg zum ewigen Leben. Daraufhin habe ich jegliches Interesse an der Pharmaherstellung verloren, Arzneimittelchemie war für mich auf einmal eine veraltete Wissenschaft. Die Zukunft liegt in der Gentechnologie. Nicht nur wegen des Klonens, das ist nur ein Teil dieser Wissenschaft. Wir können die Genmasse des Menschen kontrollieren, wir können Erbkrankheiten liquidieren und Fehler im Erbgut.«
    »Wie denn, du verdammter Schwätzer«, unterbrach Kiddi Kolke ihn. »Wie hast du den Aggi zustande gekriegt?«
    »Ich habe die Blutproben meiner Schwester Rannveig verwendet. Die Frage dreht sich nicht mehr darum, wie wir das anfangen. Jedes Kind weiß inzwischen, wie Klonen vor sich geht. Jetzt ist die Frage nur noch: Warum nicht? Der Kreutz-Konzern ist nicht das einzige Unternehmen, das Versuche mit Klonen anstellt, wir sind bloß am weitesten gekommen. Sämtliche großen Pharmazieunternehmen beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit diesem Forschungszweig, und das Wettrennen um die Lösung ist in vollem Gange. Aber niemand ist so weit wie wir«, sagte Sævar Kreutz und vermochte kaum, seinen Triumph zu verhehlen. »Die Firmen arbeiten im Wettlauf mit der Zeit. Wahrscheinlich wird die globale Gemeinschaft unkontrolliertes Klonen verbieten, das heißt dann diesem Koreaner beispielsweise verbieten, dass er sein eigenes Ich von uns kaufen kann. Es wird aber nicht zu verhindern sein,
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