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Menschen und Maschinen

Menschen und Maschinen

Titel: Menschen und Maschinen
Autoren: Robert Silverberg
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hatte, sonst hätte er es nicht betreten können. Also mußte etwas mit dem Krankenhauspersonal geschehen sein, das man zu Mrs. Fellowes geschickt hatte. Doch das klang unwahrscheinlich; trotz der Dringlichkeit des Falles und der offensichtlich dicht bevorstehenden Entbindung war es eine Routineangelegenheit, die das Personal ohne weiteres meistern konnte.
    Darüber hinaus blieb die Zelle unbenutzt, und die Anzeigelampe signalisierte, daß hereinkommende Fälle den Vorrang hatten. Als die Minuten verstrichen, wuchs das Unbehagen der Schwester. Denn nun war alles noch verwickelter geworden: Wenn das Krankenhauspersonal Schwierigkeiten hatte, blieb Joe Fellowes wahrscheinlich mit den Leuten und seiner Frau – und dem Baby – daheim. Andererseits hätten sie das Krankenhaus von einem Notfall verständigen müssen. Und wenn drittens jemand einen Fehler begangen und das Krankenhauspersonal an der falschen Adresse abgeliefert hatte, dann dauerte es nur eine Sekunde, um alles in Ordnung zu bringen.
    Schwester Wilkins starrte die Tür an, die trotz Joe Fellowes’ Feststellung einen Arzt, einen Assistenten, eine Schwester, eine Bahre und einen Angestellten der Teleportransit verschlungen hatte. Und sie fragte sich besorgt, ob durch die Tür am anderen Ende nicht eine gebärende Frau untergetaucht war.
     
    *
     
    Es gibt im allgemeinen drei Sorten von Pendlern. Die einen haben ein unerschöpfliches Repertoire an Ausreden zur Verfügung, um noch vor Büroschluß gehen zu können. Die anderen machen grundsätzlich Überstunden, entweder weil die Arbeit sie fesselt oder weil sie eine Beförderung anstreben – oder aus beiden Gründen. Dazwischen liegen die Millionen, die kurz vor Arbeitsbeginn erscheinen und um Punkt fünf verschwinden. Kommt ein Vertreter der letzten Kategorie zu früh daheim an, überrascht er seine Familie – manchmal bei Tätigkeiten, die ihn befremden. Kommt er zu spät, dann überlegen die Angehörigen, ob sie die Polizei, die Krankenhäuser anrufen oder Hutnadeln in ein Wachsbild des Chefs stechen sollen. Wenn er dann auftaucht, schnuppert man an seinem Atem und untersucht sein Taschentuch nach Spuren eines fremden Lippenstifts. Die Teleportransit Co. änderte nichts an den Gewohnheiten der Pendler. Um fünf Uhr reihten sich lange Menschenschlangen vor den Teleport-Zellen auf, die überall errichtet waren – auf den ehemaligen Bahnsteigen der U-Bahn, in den Kellern aller größeren Häuser und in besonderen Gebäuden, wenn die Gebiete schwächer besiedelt waren. Um den Pendlern Arbeit und Zeit zu ersparen, hatte die Teleportransit einen Pendler-Schlüssel herausgegeben, der nur die Daten des Wohnortes und des Arbeitsplatzes enthielt. Wollte man an einen anderen Ort, so mußte man die Adresse Bit für Bit eingeben.
    Das Ergebnis dieses Pendlerschlüssels war ein superschneller Transit. Zelle betreten, Schlüssel in den Schlitz stecken, herumdrehen, fertig. Wie schnell kann sich ein Mensch bewegen? Mit modernen Computern bewältigt eine Teleport-Zelle alle drei Sekunden einen Kunden. Zwölfhundert in der Stunde. Die Times-Square-Station besitzt dreihundert Zellen, die von der 54. Straße zweihundertfünfzig. Dazu kommen noch ein paar hundert Stationen in Megapolis und eine kleinere Anzahl von Zellen in den Kellergeschossen der Firmengebäude. Im Endeffekt stellt sich heraus, daß die Teleportransit täglich vier Millionen Pendler durchschleust.
    Die Stoßzeit setzte ein, und die Transits-pro-Minute-Skala zeigte nur noch in den Tausender-Bereichen an.
    Und an den Endstationen von Scarsdale, Mountainside, Freehold und Seabright sammelten sich die Ehefrauen mit ihren Kombiwagen, um ihre Ernäherer abzuholen. Sie warteten. Dann sahen sie auf ihre Uhren. Einige schalteten die Radios ein, um die Zeit zu vergleichen. Nicht wenige begannen sich zu sorgen, und die Blicke der anderen wandelten sich von lässiger Toleranz zu drohender Anklage. Nur eines war ganz offenkundig: Entweder war das Teleport-System zusammengebrochen, oder alle Ehemänner wandelten zugleich auf den Pfaden der Untugend.
    Da man im Zweifelsfall den armen Teufeln noch eine Chance zubilligen mußte, entschlossen sich einige, der Sache auf den Grund zu gehen. Und so …
     
    *
     
    »Tele-por-TRAN-sit«, sagte Trudy melodisch. Sie erwartete Johnnys Anruf.
    »Hallo«, erwiderte eine weibliche Stimme. »Ist etwas los?«
    »Etwas los?« wiederholte Trudy.
    »Ja. Mein Mann ist noch nicht heimgekommen.«
    »Also, ich habe ihn nicht – ich meine,
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