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Menschen minus X

Menschen minus X

Titel: Menschen minus X
Autoren: Raymond Z. Gallun
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mich genauso. Ich habe ja auch einen Gedächtnisvater. Er ist gut zu mir, und meistens mag ich ihn recht gern. Aber manchmal fühle ich mich in seiner Nähe beklommen und weiß nicht, weshalb.“
    Von nun an hatte Ed Anlaß, häufig über seinen Vater nachzugrübeln. Gelegentlich erlebte er zum Beispiel, daß sein Vater auf der Straße gewissen Personen begegnete, die er eigentlich hätte kennen müssen; denn diese Personen waren Bekannte von früher. Aber er erkannte sie nicht und pflegte sich in solchen Fällen auf die ihm eigene freundliche Art zu entschuldigen: „Tut mir schrecklich leid, mein Lieber. Aber offenbar hat man aus irgendeinem unbegreiflichen Grund vergessen, ausgerechnet Ihr Erinnerungsbild in mein Gedächtnis zu pflanzen.“
    Es gab noch weitere Anzeichen, die Ed irritierten und ihm zu denken gaben, doch waren sie alle verhältnismäßig unbedeutender Art. Hingegen unterschied sich Les Paytens Vater viel krasser von seinem Original, was sogar in seinem Gesicht, seiner Haltung, seinem ganzen Auftreten, an seiner Figur und an seiner Stimme zu erkennen war. Der einst dickliche, gutmütige, zerstreute Mann war zu einem kraftstrotzenden Athleten mit beinah brutal entschlossenem Gesichtsausdruck geworden, der zwar nicht gerade brüllte, aber mit jedem Wort, jeder Geste, jedem Schritt enorme Energien und einen gewaltigen Machtwillen offenbarte.
    Eileen Dukas äußerte sich, als sie mit ihrem Mann hierüber sprach, mit folgenden Worten zu diesem Phänomen: „Anscheinend decken sich bei gewissen Personen die Erinnerungen nicht immer mit den Tatsachen, sondern werden durch eigene Wünsche und Sehnsüchte umgewandelt. Mrs. Payten jedenfalls hat sich offenbar eingeredet, ihr sanfter Ronald wäre eine Art forscher Draufgänger gewesen. Ein komischer Wunschtraum, nicht wahr? Aber sie hat diesen Wunschtraum auch Guido Schaeffers Psychotestapparaten eingeredet. Und siehe da – ihr Ronald ist als forscher Draufgänger zurückgekehrt!“
     
    In der nun folgenden Zeit kamen von jenem namenlosen Planetoiden regelmäßige Nachrichten über die Fortschritte vom Bau des ersten Transgalaktischen Raumschiffes herüber. Und daheim tauchten, nach und nach, immer mehr alte Bekannte wieder auf. Oder – waren es nur ihre täuschend gelungenen Duplikate? Jedenfalls war schließlich die überwiegende Mehrzahl der damals Umgekommenen wieder zum Leben erweckt, ausgenommen natürlich gewisse Techniker und Wissenschaftler, denen nicht verziehen werden konnte, daß sie mitschuldig gewesen waren.
    Ein bewundernswerter Erfolg!
    Aber ganz im stillen hatte sich unter die restaurierte menschliche Gesellschaft ein neuer Bevölkerungstyp gemischt. Über seine Menschlichkeit – im ursprünglichen Sinne dieses Begriffs – ließ sich debattieren …
    Sein erstes gelegentliches und meistens noch recht unauffälliges Erscheinen rief kaum mehr als Achselzucken oder Kopfschütteln hervor – man hatte im Lauf der Zeit die Gewohnheit angenommen, sich mit unzähligen Neuerungen abzufinden. Doch dauerte es gar nicht lange, bis sich Bedenken und Zweifel mehrten und warnende Voraussagen wurden.
    Tatsächlich war, wie es hieß, nach und nach mehr als ein Drittel der damals Umgekommenen nicht aus natürlichem Fleisch wiederhergestellt worden, sondern aus dem billigeren und widerstandsfähigeren Vitalplasma!
    Doch damit nicht genug, der Verwendung dieses Materials wurden alsbald noch weitere Möglichkeiten erschlossen!
    Zunächst waren es einige sensationshungrige und auf alles Neue wahllos versessene Leute, die ihre altgewohnte Körperlichkeit willkürlich gegen eine solche neuer Struktur auswechseln ließen. Dann verfiel man, verführt durch die Anpreisungen gewissenloser Manager, auf die Idee, längst verstorbene, aber angeblich unvergessene Angehörige wiederherstellen zu lassen – Eltern, Großeltern, Urgroßeltern und so weiter. Schließlich sogar versuchte man sich aus törichtem Aberwitz in der Neuschöpfung historischer Persönlichkeiten und Genies; die erste Historische Serie bestand aus Napoleon, Beethoven, Leonardo da Vinci, Lucretia Borgia, Kleopatra, Hannibal und Sokrates.
    Äußerlich gelang dies alles vollkommen und führte durch wiedererstandene Eltern und andere liebe Verwandte zu manchem lautgepriesenen Familienglück, daß einige dieser Fälle weniger glücklich verliefen, wurde begreiflicherweise verschwiegen. Was aber die historischen Persönlichkeiten betraf, so durften sie sich in der ersten Zeit zwar ungeheurer
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